Sommersemester 2002

Flugblätter
 

Inhalt:
 
 
02-04-01 Semesteranfangszeitung der Liste LINKS
02-04-02 Verwertungsdiktat pur. Letter of Intent - der "Zukunftspakt"
02-04-03 Bescheidenheit ist keine Zier oder Ein gebeugter Rücken kann wenig entzücken.
02-04-04   Hochschulen zum Diktat! Der sogenannte Zukunftspakt. (Letter of Intent und Antrag an den Akademischen Senat).
02-04-05   Ein gelungener kämpferischer Auftakt! Die Universität legt sich mit dem Rechtssenat an. (Gemeinsames Flugblatt von Liste LINKS und juso-hochschulgruppe).
02-05-01   Wehret den Anfängen! Rechts bleibt Rechts.
02-05-02 Wieviel ist ein (rechter) Senator wert?
02-05-03   Sie nennen's "grenzenlose Gerechtigkeit", wir nennen's Krieg!
02-05-04   "Geschichtsgefühl". Martin Walser und der 8. Mai.
02-06-01 Der Mensch - ein vernunftbegabtes Wesen!? Der Wissenschaftssenator kommt an die Uni.
02-06-02 Der geistige Verfall eines Autors. Martin Walser schreibt weiter.
02-06-03   Erkenne die Verwertung - verwerte die Erkenntnis! (Gemeinsame Publikation von juso-hochschulgruppe und Liste LINKS)
02-06-04 Keuschheit und Demut? Zu (grüner) "Realpolitik".
02-07-01 Freiheit oder Sozialismus? Ein Filmabend mit Diskussion - "Der Kandidat" (1980)
02-07-02   Der späte Kapitalismus
02-07-03   Die Dreistigkeit der Verwerter oder Lügen haben falsche Töne
02-07-04 Der Kandidat Stoiber und das Lernen
02-07-05 Von der Weltherrschaft (zum Hiroshima-Tag)
02-08-01   Der Krieg gegen den Irak - hier gibt es keinen Kompromiß
02-08-02   Der Streit um die Kriegsbeteiligung 
02-08-03   Krieg als Kompetenz? 
02-08-04   Noch einmal: Gegen den Krieg! 
02-09-01   Der Kandidat kommt nach Hamburg. 
02-09-02 Freiheit ist auch die Freiheit von Militarismus
02-09-03 Die Hoffnung steigt mit dem eigenen Engagement. Eine Woche vor der Wahl .
02-09-03 Die Erde dreht sich weiter. Zur Bundestagswahl.

 




Semesteranfangszeitung der Liste LINKS
Standort, Standort über alles!

"Ich möchte den Wissenschaftsstandort Hamburg stärken und wettbewerbsfähig machen. Dazu müssen wir in Hamburg wissenschaftliche Exzellenzbereiche schaffen, die finanziell angemessen ausgestattet sind. Ich bin sowohl gegen das Gießkannen-, als auch gegen das Rasenmäherprinzip bei der Mittelverteilung."
(J. Dräger, Presseerklärung vom 7.2.2002)

 


Jörg Dräger, "Manager" der Wissenschaft im Schill-Senat, will sich als Gärtner betätigen. Weder Gießkanne noch Rasenmäher scheinen ihm angemessen, er greift lieber gleich zum Beton: Die Hamburger Hochschulen müßten sich einer einschneidenden "Neustrukturierung" unterziehen, um das hochschulische Angebot auf konkurrenzfähige "Exzellenzbereiche" zurechtzustutzen. Das Gesetz von Angebot und Nachfrage soll regeln, welche profitablen "Geschäftsfelder" (!) zu erhalten seien - was sich nicht rechnet, wird plattgemacht.

Geplant ist eine externe Begutachtung, in der die Hochschulen von Wirtschaftsvertretern auf "Herz und Nieren", also auf die jeweiligen "Standortfaktoren" überprüft werden. In einer hochschulübergreifenden Strukturkommission sollen anschließend die Hochschulen selber entscheiden, wo sie die vom Senat vorgegebenen strukturellen Einsparungen (also Streichungen von Einrichtungen, Fachrichtungen, Studiengängen u. ä.) vornehmen. In einem "letter of intent" (Ziel- und Leistungsvereinbarung) sollen die Hochschulen für die Strukturkappungen dann von der Behörde mit dem "guten Vorsatz" ("intent"!) keiner weiteren Einsparungen abgespeist werden.

So können sich die Hochschulen untereinander um die letzten Krümel bekriegen. Verwertbarkeit ist oberstes Gebot. Angekündigt ist bereits, auf die gewerkschaftlich orientierte Hochschule für Wirtschaft und Politik (HWP) angesichts des universitären Angebots gänzlich verzichten zu wollen. E-Learning

Win or loose. Eliminatorische Konkurrenz für die unmittelbare Profitsteigerung - das ist rechtes Dogma.

Bildung und Wissenschaft als gesellschaftliche Aufgaben, demokratisch legitimiert, staatlich organisiert und öffentlich finanziert für die umfassende Qualifikation aller Menschen zur Lösung globaler Probleme (Krieg!) müssen hierfür aus dem Weg geräumt werden, denn sie sind vor allem eins - nicht zu vermarkten.

Deshalb sollen Studierende mit der Androhung von Studiengebühren in Höhe von mindestens 500 EUR gefügig gemacht werden; deshalb sollen private Geldgeber entscheidenden Einfluß auf die Hochschulen gewinnen und staatliche Einrichtungen in Stiftungen und GmbHs umgewandelt werden; deshalb sollen die Hochschulen auf ihre unmittelbar bare Münze bringenden Bestandteile zurechtgekürzt werden; deshalb sollen sich Hochschulen, Fachbereiche, Lehrende, Angestellte und Studierende im "autonomen" Umgang mit den destruktiven Folgen politisch forcierter Sparpolitik gegenseitig zerfleischen; deshalb sollen die Hochschulen - Bertelsmann weist bereits den Weg - gleich ganz zugunsten von Internetangeboten (E-Learning) abgeschafft werden; deshalb sollen alle unter Anleitung von 'Dräger dem Großen' den wachsenden Gewinnen huldigen...

Auf Beton wächst gar nichts mehr.

Die angestrebte allumfassende Profitorientierung von Forschung, Lehre und Bildung ist zerstörerisch und steht der Notwendigkeit allgemeiner Nützlichkeit von wissenschaftlicher Qualifikation und Erkenntnis diametral entgegen.

Deshalb sind die Hochschulen und ihre Mitglieder gegen diesen Wahnwitz herausgefordert, die hohe positive Bedeutung problemlösungsorientierter Wissenschaft und demokratisch-qualifizierender Bildung für die vernunftgeleitete, kooperative Entfaltung aller Menschen als humanistische Gesellschaftsentwicklung solidarisch zu entwickeln und zu erstreiten.

Der neue Rechts-Senat bedarf vehementer Opposition. Wer vernünftige Verhältnisse will, muß gegen die Unvernunft vorgehen.


Der Krieg geht weiter
"Mit harter Faust" (Dr. F. Pflüger, CDU-Bundesvorstand)


Während im Konflikt zwischen Israel und Palästina durch die erneute Besetzung Ramallahs und die Zerstörung des präsidialen Sitzes Arafats eine weitere Stufe der militärischen Eskalation erreicht wurde, bereitet die NATO unbeirrt die weitere Ausdehnung des "Kampfes gegen den Terrorismus" vor. Eine weitere Destabilisierung des nahen und mittleren Ostens wird damit billigend in Kauf genommen.

Das Damokles-Schwert der militärisch durchgesetzten "Grenzenlosen Gerechtigkeit" schwebt über dem Irak und Sadam Hussein als dem "wahrscheinlich brutalsten Diktator der Welt", so das Kriegsgetrommel von Dr. F. Pflüger (CDU). In Kuwait, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Irak, finden aktuell Manöver der US-Truppen und der NATO-Verbündeten statt, beteiligt auch die Bundeswehr mit etwa 250 Soldaten. Lediglich die ablehnende Haltung der arabischen Staaten aufgrund der Befürchtung einer weiteren militärischen Eskalation und damit einhergehender Destabilisierung der Region konnte die USA bislang davon abhalten, den Irak zu bombardieren. Vor der Küste Somalias sind angriffsbereite Kriegsschiffe stationiert, auch hier ist die Marine der Bundeswehr mit drei Fregatten und Begleitschiffen sowie 1800 Soldaten beteiligt.

An der unverminderten Bereitschaft, nach Jugoslawien und Afghanistan auch in anderen Ländern "Freiheit und Gerechtigkeit" herbeizubomben, läßt US-Kriegspräsident Bush keinen Zweifel: "Diese Menschen hassen Amerika. Sie hassen unsere Freiheit. (...) Und aus diesem Grund haben wir keine andere Wahl, als sie einem nach dem anderen zur Strecke zu bringen". "High noon" weltweit?

Die nach dem ersten Krieg gegen den Irak 1991 durch Bush senior ausgerufene "Neue Weltordnung", die mehr und mehr mit militärischen Interventionen und Operationen durchgesetzt werden soll, wird weiter brutalisiert und tritt in eine neue Phase der Eskalation ein. Ökonomische Interessen und daraus folgende geostrategische Anliegen sowie politisch-hegemoniale Ziele werden direkt auf militärischem Wege realisiert. Dies richtet sich vorrangig gegen die Länder der sogenannten Dritten Welt, ehemalige sozialistische Staaten bzw. gegen nicht voll folgsame Regierungen von Staaten, die im globalen Kalkül für die USA respektive die NATO-Staaten relevant sind. Die vermeintliche "Terrorbekämpfung", die proklamierte Verhinderung von Angriffen auf die "zivilisierte" Welt - auch mit der Androhung eines atomaren "Mini-Erstschlages" - wird gegen jene geführt, die nun den Interessen der USA im Wege stehen.

Der internationale Raubzug für die umfassende Absicherung von Ausbeutung, Unterdrückung und maximaler Profitmaxmimierung wird als "Kreuzzug" für "Freiheit und Gerechtigkeit" ausgegeben.

Gegen diese erweiterte Globalisierung des Krieges hilft wesentlich das vehemente Engagement für die Beendigung der militärischen Interventionen, für Abrüstung, für Zivilisierung der internationalen Beziehungen!

Weltweiter sozialer Fortschritt, gesellschaftlich sinnvolle Arbeit und humanistische Bildung sowie Kultur für alle Menschen sollten Anliegen und Ziel fortschrittlicher Bewegungen sein - und mehr und mehr Menschen bewegen.

Zivilisation oder Barbarei - diese Alternative ist aktuell!


Vertreibung?
oder
Geschichtsschreibung für die neue "Normalität".


"Herr K. betrachtete ein Gemälde, das einigen Gegenständen eine sehr eigenwillige Form verlieh. Er sagte: 'Einigen Künstlern geht es, wenn sie die Welt betrachten, wie vielen Philosophen. Bei der Bemühung um die Form geht der Stoff verloren.'"
Bertolt Brecht, "Form und Stoff", "Geschichten vom Herrn Keuner".


Günter Grass, der Nobelpreisbutt unter den deutschen Schriftstellern, hat ein neues Buch geschrieben. Hatte er in den 60er Jahren seinen Leserinnen und Lesern wenigstens noch erklärt, daß der soziale Fortschritt sehr langsam und beschwerlich sei ("Aus dem Tagebuch einer Schnecke"), so tritt er durch die Novelle "Im Krebsgang" mit 216 Seiten für 18 Euro als melancholischer Literat und frustrierter Antifaschist hervor.

Die meisten sozialistischen Staaten sind zerbröselt. Die sogenannte Deutsche Einheit ist hergestellt. Die Bundesrepublik führt Krieg. Der Sozialstaat wird abgebaut. Die Rechtsextremen erstarken. Das grämt einen alten Sozen. Und führt ihn zu falschen Schlußfolgerungen: "Daß ich über die deutsche Vertreibung geschwiegen habe, das ist meine große Schuld".

Grass erzählt seine Geschichte herum um die besondere Begebenheit des "Kraft-durch-Freude"-Kreuzfahrtschiffes der NSDAP "Wilhelm Gustloff", das nach einem ermordeten Nazi benannt und von einem sowjetischen U-Boot versenkt worden ist.

Weil der Enkel einer der Überlebenden des Untergangs der "Wilhelm Gustloff" zum Rechtsextremen und zum Mörder geworden ist, geht sein Vater der "Gustloff"-Geschichte nach.

Die Verdrängung dieser Geschichte und der "Vertreibungen" sei die Ursache für den Neo-Nazismus.

Nicht Massenerwerbslosigkeit, soziale Bedrängung, Perspektivarmut; nicht rechte Rattenfänger, neoliberale Trommlerei oder die Verschärfung der Konkurrenz und rassistische Ideologien.

Während Grass nur nicht weiter weiß, legt der "SPIEGEL" noch eins drauf. Er widmet der Vertreibung eine ganze wortreiche Serie: "Die Flucht. SPIEGEL-Serie über die Vertreibung der Deutschen aus dem Osten." Die Grundthese steckt im Titel: Die Vertreibung der Deutschen. Zerrieben zwischen Hitler und Stalin hätten die Deutschen zu leiden gehabt. Dieses verdrängte Leiden müsse nun geschildert werden. Lediglich im nachfolgenden Interview mit Historiker Wehler weist dieser auf die Ursächlichkeit des Hitler-Faschismus hin.

Gewiß, auch die mittelbaren und reaktiven Folgen des deutschen Faschismus sind brutal gewesen, und nicht alle grausamen Handlungen der sowjetischen Armeen waren zwangsläufig und alternativlos. Vermeidbares ist deshalb zu kritisieren und abzulehnen. In jedem Fall.

Aber die weitgehend einseitige Hervorhebung dieser Folgen zum Ende des Zweiten Weltkrieges ohne die Darlegung von Entwicklung, Vorgeschichte und Ursachen der beabsichtigten 'Welteroberung' durch das faschistische Regime relativiert die gesellschaftlichen Bedingungen und Grundkonstellationen, aus denen alle folgenden Brutalitäten und Grausamkeiten wesentlich wie ursächlich hervorgingen.

Krieg ist grausam. "Totaler Krieg" ist grausamer. Deshalb ist Krieg und Faschismus zu widerstehen. Von Beginn an. Immer und überall.

Und mag der soziale Fortschritt zuweilen eine langsame Angelegenheit sein - der Einsatz dafür ist stets richtig und auf Dauer lohnend.


Wir über uns


"Um sich gut zu wehren, muß man viel wissen. Man erobert auch keine Gesellschaft, bevor man sie kennt."
Heinrich Mann, Die Macht des Wortes, 1936


Wer die Gesellschaft kennt, kann sie erobern.

Wissenschaftliche Erkenntnisse finden immer direkter Anwendung in der gesellschaftlichen Entwicklung, die Bedeutung der wissenschaftlichen Institutionen wächst.

Im Widerspruch zur Kommerzialisierung der Hochschulen steht die Möglichkeit massenhafter wissenschaftlicher Qualifikation als wesentlichem Bestandteil demokratischer Entwicklung. Die kooperative Einsicht in Ursachen, Widersprüche, Wirkungszusammenhänge und Prozesse gesellschaftlicher Verhältnisse zur humanistischen Gesellschaftsveränderung steht den Gewinnen durch internationale Konkurrenz unversöhnlich gegenüber.

Für eine fortschrittliche Wissenschafts- und Gesellschaftsentwicklung haben wir uns im Dezember 1993 als Liste LINKS aus der Linken Liste, der Offenen AusländerInnenliste und Fachschaftsaktiven konstituiert. Wir engagieren uns für egalitäre soziale Bedingungen, in denen Qualifikation, Verfügung und solidarische Kooperation Grundlage und Inhalt menschlicher Vergesellschaftung sind.

Wir arbeiten zusammen mit anderen fortschrittlichen Gruppierungen in der studentischen Interessenvertretung, in den Gremien der akademischen Selbstverwaltung und in den außerparlamentarischen Bewegungen. In Fachschaftsräten, im AStA in Fachschaftsrätekonferenz und AusländerInnenreferat (auch gegen die Entlassung der ReferentInnen und die Auflösung dieser teilautonomen Referate durch den grünen AStA-Vorstand), im Studierendenparlament, in Konzil, Akademischem Senat und seinen Ausschüssen sowie im Hamburger Forum für Völkerverständigung und weltweite Abrüstung und im Hamburger Bündnis gegen Rechts wirken wir gegen die Zurichtung öffentlicher Institutionen und ihrer Subjekte auf kapitalkonforme Servilität für den aufklärerischen und gesellschaftskritischen Einfluß der Mehrheit der Menschen zur Überwindung von Ausbeutung, Entfremdung und Konkurrenz, um die gleiche und freie Entfaltung Aller als Grundbedingung allgemeiner Entwicklung zu erreichen.

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Verwertungsdiktat pur.
Letter of Intent - der "Zukunftspakt"


"Grundlage des Zukunftspakts ist die Begutachtung der Hamburger Wissenslandschaft durch eine externe Expertenkommission. Deren Empfehlungen bilden die Basis für die zukünftige Ausrichtung der Geschäftsfelder und Strukturen der Hochschulen in Hamburg. So werden die Hochschulen optimal auf die Herausforderungen des nationalen und internationalen Bildungswettbewerbs vorbereitet und die kulturellen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Perspektiven der wachsenden Stadt in ihrer Metropolfunktion berücksichtigt."
(Alle Zitate aus dem Senatsvorschlag für den "Zukunftspakt 'Qualität und Innovation'")

 

Der Rechtssenat schaltet nun auch bei der Umstrukturierung des Hochschulwesens den Turbo ein: In einem sog. "Zukunftspakt 'Qualität und Innovation'" sollen sich die staatlichen Hamburger Hochschulen verpflichten, an den neoliberalen Umstrukturierungsplänen des Wissenschaftssenators Dräger mitzuwirken. Bis Ende April sollen die Präsidenten der Hochschulen gezwungen werden, einen "Letter of intent" (LOI) zu unterzeichnen, in dem sie qua Freifahrtschein der Wissenschaftsbehörde zusichern, sämtliche Empfehlungen einer noch einzurichtenden externen Expertenkommission umzusetzen. Wird dem gefolgt, wird von der Behörde zugesichert, die Unterfinanzierung der Hochschulen in den Jahren 2003 bis 2005 auf gegebenem Niveau beizubehalten und nicht weiter zu verschärfen - mehr Geld gibt es nicht.

Wesentlicher Inhalt der angestrebten 'Vereinbarung' ist die weitgehende Umwälzung der demokratischen Massenuniversität hin auf eine betriebswirtschaftlich organisierte gewinnbringende 'Wissens'fabrik. Dafür ist jedes ideologische Getrommel recht.

So sollen sich die Hamburger Hochschulen in direkte Konkurrenz begeben; einschneidende Strukturveränderungen, von Fachbereichszusammenlegungen und -streichungen, bis hin zur Zerschlagung ganzer Hochschulen realisiert, die Studienkapazitäten sowie die Breite des Studienangebotes zugunsten von "Exellenzförderung" drastisch minimiert, die alleinige Ausrichtung auf Bachelorabschlüsse für die schnell verwertbare, arbeitsmarktorientierte Masse und Masterabschlüsse für eine standortsichernde, wettbewerbsorientierte Elite durchgesetzt und die (teil-)demokratischen Gremien zugunsten von "effizienten Leitungsstrukturen" weitgehend reduziert werden. Zu 100% umgesetzt würden diese Maßnahmen die Hochschulen selbst hinter die Ordinarienherrlichkeit zurückführen.

Propagiert wird die Stärkung der Autonomie durch die Übertragung von Liegenschaften (Grundstücke und Gebäude) in Hochschuleigentum, die Änderung der Rechtsform der Hochschulen (Stiftungen, GmbH) und die Dienstherrenschaft der Hochschulpräsidenten, damit die Hochschulen "in die Lage versetzt werden, selbst marktorientiert zu handeln". Restriktiv abgesichert werden soll diese Orientierung durch das Prinzip von Belohnen und Bestrafen: "Daneben wird die Finanzierung der Hochschulen im Sinn der belastungs-, leistungs- und innovations- bzw. profilorientierten Mittelzuweisung weiter entwickelt. Das Instrument der Ziel- und Leistungsvereinbarungen wird zum Zweck der ergebnisorientierten Steuerung und der Leistungskontrolle verbessert". Wer sich nicht anpaßt, kann also ganz autonom empfindlich benachteiligt werden.

Geschichte, Aufklärung, Vernunft, Wissen; Kritisieren, Entwickeln, Erörtern, Diskutieren, Erarbeiten, Verwerfen, Widerlegen, Bestimmen, Gestalten; Lernen, Lehren, Forschen; Demokratie und Kooperation; Alle humanistischen Einsichten, Ansichten und Eigenarten sollen damit den Bildungsinstitutionen ausgetrieben werden. Das ist die Kampfansage des Rechtssenats, der im Dienste des Kapitals alle gesellschaftlichen Bereiche und jegliche menschliche Praxis auf die reine, profitable Verwertbarkeit zurichten will. Hierfür wird eliminatorische Konkurrenz geschürt.

Statt sich an ihrer eigenen Abwicklung zu beteiligen, sollten die Hochschulen und ihre Interessenvertretungen diese Kampfansage annehmen und als Teil gesellschaftlicher Opposition den Rechtssenat hart bedrängen.

Hierfür ist die solidarische Kooperation und der politische Kampf aller Hochschulmitglieder im gesellschaftlichen Bündnis mit sozialen Initiativen, politischen Organisationen, Parteien und Gewerkschaften notwendig. Für die Prämisse humanistischer Nützlichkeit in Bildung und Wissenschaft als gesellschaftlicher Aufgabe, für Demokratie und soziale Gleichheit, für gesellschaftliche Reformen und Entwicklung im Interesse der Mehrheit der Menschen.

Einzig das ist vernünftig, der Wissenschaft förderlich und somit "zukunftsfähig".


 

Demonstrationsaufruf von ver.di und Sozialpolitische Opposition:

Der Senat soll einpacken!

Demonstration gegen Sozialkürzungen - für eine solidarische Sozialpolitik


Dienstag, 16. April 2002
Auftakt: 16:30 Uhr, Moorweide / Abschluß: ca. 18 Uhr, Großneumarkt

 


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Bescheidenheit ist keine Zier
oder
Ein gebeugter Rücken kann wenig entzücken

Abendblatt: "Die IG Metall verlangt 6,5 Prozent mehr Einkommen, die Arbeitgeber bieten zwei Prozent. Wo trifft man sich?
Rogowski: "Eine genaue Zahl kann ich nicht nennen. Ich stehe aber auf dem Standpunkt, dass die von den Metall-Arbeitgebern gebotenen zwei Prozent für den Anfang zu viel waren. Damit wurden bei den Beschäftigten zu hohe Erwartungen geweckt. Am Ende wird das Ergebnis zu hoch ausfallen und zu mehr Arbeitslosigkeit führen."
Michael Rogowski, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), im Interview mit dem "Hamburger Abendblatt", 5.4.'02.

"Daß der Arbeiter für seine Arbeit auch einen Lohn haben muß, ist eine Theorie, die heute allgemein fallengelassen worden ist."
Kurt Tucholsky (Peter Panter), "Kurzer Abriß der Nationalökonomie", 1931.

Die Gewänder sind mehr oder minder neu, die Konflikte sind alt: Sind steigende Unternehmensgewinne Voraussetzung und Garant für allgemeine Wohlfahrt oder sind's steigende Lohneinkommen, die massenhaft wenigstens die jeweils persönlichen Wiederherstellungskosten tragen?

Die alte Mär erzählt davon, daß Löhne Einkommen, Einkommen Nachfrage, Nachfrage Konjunkturtreibstoff ist...

Daß der Unternehmer eine Steuer zahlt, ist ebenfalls eine Theorie, die nur noch von böswilligen Leuten vertreten wird.
Genauso dumm ist zu meinen, daß der Inhalt hinreichend bezahlter Arbeit auch gesellschaftlich sinnvoll sein kann; daß mehrheitlich kluge Menschen eine Gesellschaft lebenswerter machen; daß patientengerechte Krankenhäuser gesund machen können; daß bequemer und preiswerter öffentlicher Nah- und Fernverkehr besser ist als verstopfte Straßen; daß Kultur erfreulicher sein kann und mehr ist als Harald Schmidt und Verona Feldbusch; daß Demokratie etwas gänzlich anderes ist als Marktvertrauen... und und und.

Für Herrn Rogowski geht Sozialismus so:

"Ein Arbeitnehmer in Deutschland muss heute fast die Hälfte seines Einkommens an den Staat bezahlen. Das hat mit Marktwirtschaft nichts mehr zu tun. Das ist Staatswirtschaft, um nicht zu sagen Sozialismus." (a.a.O.)

Er irrt ein wenig:

Sozialismus ist, wenn der Unternehmer im Völkerkundemuseum steht.

Und:

Die beste Linie ist ein grader Rücken!

 


 

Demonstrationsaufruf von ver.di und Sozialpolitische Opposition:

Der Senat soll einpacken!

Demonstration gegen Sozialkürzungen - für eine solidarische Sozialpolitik


Dienstag, 16. April 2002
Auftakt: 16:30 Uhr, Moorweide / Abschluß: ca. 18 Uhr, Großneumarkt

 

 

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Hochschulen zum Diktat!
Der sogenannte Zukunftspakt


"Ja, renn nur nach dem Glück
Doch renne nicht zu sehr!
Denn alle rennen nach dem Glück
Das Glück rennt hinterher.
Denn für dieses Leben
Ist der Mensch nicht anspruchslos genug
Drum ist all ein Streben
Nur ein Selbstbetrug."

(Bertolt Brecht, Das Lied von der Unzulänglichkeit menschlichen Strebens, Dreigroschenoper, 1928)

 

Erpressung gehört zum natürlichen Repertoire des rechten Senats.

Der Wissenschaftssenator Dräger legt den Hochschulpräsidenten den "Zukunftspakt Qualität und Innovation", auch "letter of intent" genannt, zur zwangsweisen Unterschrift vor. Bis zum 25. April soll er hinter den Kulissen unterzeichnet werden.

Dieser Kapitulationsvertrag sieht folgende Maßnahmen vor: Streichung von Studiengängen und Fachbereichen und möglicherweise auch von Hochschulen; besondere Eliteförderung, die hierarchische Zweiteilung des Studium in Master- und Bachelorabschlüsse; die Marginalisierung der Gremien durch sogenannte effektive Leitungsstrukturen; und die Umwandlung der Hochschulen in Stiftungen (marktgerechte Großbetriebe).

Dieser Vorgang, der geheimgehalten werden sollte, hätte große negative Reichweite. Bildung für Alle, demokratische Partizipation, bedarfsgerechte Finanzierung der Hochschulen, soziale Absicherung der Studierenden, kritische Wissenschaftsinhalte und tarifliche Rechte der Beschäftigten, wesentlich durch die positive Umwandlung der Hochschulen in den 70er Jahren zu großen Teilen realisiert, sollen nun "freiwillig" bis auf ein lächerliches Minimum abgewickelt werden. Stattdessen gelte nun business as usual. Der Markt nimmt alles - dem Markt sei alles gegeben.

Diese martialische Grundabsicht ist schon insofern durchkreuzt, als daß das Prinzip der Geheimhaltung durchbrochen ist und die öffentliche Diskussion um die Ferkeleien des Herrn Senators begonnen hat. Das ist der Ausgangspunkt für erfolgreichen Widerstand. Wer Inhalt und Bedeutung bestimmter Vorhaben kennt und einzuschätzen weiß, kann dagegen auch etwas unternehmen.

Der "letter of intent (LOI)" sollte eigentlich "letter under intent (LUI, King)" genannt werden.

 


"Who is afraid of Mr. Draeger?"

 

 

Dokumentation: Letter of intent


Antrag der juso-hochschulgruppe und der Liste LINKS an den Akademischen Senat der Universität Hamburg

 

Der Akademische Senat der Universität Hamburg möge in einem eigenständigen Tagesordnungspunkt beraten und beschließen:

Ein Diktat ist keine gegenseitige Absichtserklärung
Zum "letter of intent"


Die Freiheit des demokratisch selbstverwalteten wissenschaftlichen Erkenntnisprozesses, unbedrängt von kurzfristigen Verwertungsanforderungen, ist notwendige Voraussetzung für allgemein nützliche Entwicklung in Forschung und Lehre.

Der gestiegenen Bedeutung von Bildung und Wissenschaft für das Erkennen, Gestalten, Regulieren und Mitbestimmen von gesellschaftlichen Prozessen so wie für die individuelle Handlungsfähigkeit kann nur so angemessen Rechnung getragen werden.

Bildung und Wissenschaft müssen daher als gesellschaftliche Aufgaben demokratisch legitimiert und öffentlich realisiert werden. Den Mitgliedern der Universität kommt dabei die Verantwortung für die gesellschaftliche Relevanz ihres Tuns zu. Daher haben sie im Rahmen der institutionellen Autonomie der Hochschulen wesentliche Bedeutung für die demokratische Bestimmung und Entscheidung über Ziel, Inhalt und Methode von Lehre, Lernen und Forschung.

Die Erfüllung dieser Aufgaben zu ermöglichen, ist gemeinsame Aufgabe der Wissenschaftsbehörde und der Hamburger Hochschulen. Dieser Anforderung widerspricht das Ansinnen des Senates, mit den Hochschulpräsidenten eine Übereinkunft über die finanziellen Rahmenbedingungen und zum Teil sehr detaillierte politische Vorgaben der weiteren Hochschulentwicklung zu erzielen, die für die Hochschulen verbindlich seien soll. All dies geschieht unter Ausschluß der Öffentlichkeit und der Universitätsgremien. Insgesamt widerspricht dieses Vorgehen dem Anspruch, den Hochschulen weitreichende Autonomie in der Organisation und inhaltlichen Gestaltung des Wissenschaftsprozesses zukommen zu lassen.

Deshalb fordert der Akademische Senat den Präsidenten auf, die mit dem "Letter of Intent" angestrebte Vereinbarung zwischen Universitätspräsident und der FHH nicht zu unterzeichnen.

Insbesondere wendet sich der Akademische Senat gegen

· die Festlegung der Universität auf die Umsetzung von einschneidenden Umstrukturierungen, die schädlich für die weitere Entwicklung der Hochschulen sind, und

· die Selbstverpflichtung der Universität, sich über einen Zeitraum von zwei Jahren mit den schon bisher unzureichenden öffentlichen Mitteln zufrieden zu geben.

Der Akademische Senat stellt fest, daß Entscheidungen von dieser Tragweite für die Weiterentwicklung der gesamten Universität sowie der Fachwissenschaften im Einzelnen der Befassung der Zentralen Universitätsgremien und der Organe der ggf. betroffenen dezentralen Selbstverwaltungseinheiten bedürfen. Einschließlich der Möglichkeit ihrer eindeutigen Ablehnung.

Entsprechend sind vor weiteren Verhandlungen mit der Behörde die Gremien über genauen Gegenstand und Verlauf der Verhandlung zu informieren. Ihre Stellungnahme muß Grundlage der Interessenwahrnehmung für die Universität durch den Präsidenten gegenüber der Behörde sein.


 

Öffentliche Sitzung des Akademischen Senats
Donnerstag, 25. April 2002, 14 Uhr
AS-Sitzungssaal, Uni-Hauptgebäude, Edmund-Siemers-Allee 1
(3. Stock, hinten die Treppe hoch)

 


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Gemeinsames Flugblatt von Liste LINKS und juso-hochschulgruppe

Ein gelungener kämpferischer Auftakt!
Die Universität legt sich mit dem Rechtssenat an.


Am Donnerstag, den 25.04. konstituierte sich der Akademische Senat, das zentrale Arbeitsgremium der Universität - und die Senatoren' waren nicht allein: Über 650 engagierte Studierende sowie Universitätsmitglieder aus den anderen Statusgruppen kamen, um ihre Kritik am geplanten "Letter of Intent" (LOI) zum Ausdruck zu bringen. Besonders wandten sie sich vehement gegen die Orientierung der Wissenschaftsinhalte an marktwirtschaftlicher Verwertbarkeit und somit gegen die weitere Unterfinanzierung der Hochschulen, die geplanten Streichungen von Studien- und Forschungsbereichen, den Abbau demokratischer Mitbestimmungsmöglichkeiten sowie Elite-Bildung.

Fachschaftsrätekonferenz, Fachschaftsräte und Hochschulgruppen haben vorher trotz Geheimhaltung durch Wissenschaftssenator Dräger und Hochschulleitungen den Inhalt des sog. Zukunftspaktes "Qualität und Innovation" an die Öffentlichkeit gebracht. Der Akademische Senat faßte einstimmig einen Beschluß, der sich gegen die Vorhaben des Hamburger CDU/Schill/FDP-Senates zur "Umstrukturierung" der Hochschulen richtet. Die Unterzeichnung der ersten Version des LOI ist damit vereitelt worden. Universitätspräsident Lüthje mußte zugestehen, daß bei weiteren Verhandlungen "die Stellungnahmen der Gremien [...] Grundlage der Interessenwahrnehmung der Universität durch den Präsidenten gegenüber der Behörde sein [müssen]". ( Vollständiger Beschluß )

Die Kritik an der totalen Ökonomisierung von Bildung und Wissenschaft sowie der geplanten Entdemokratisierung der Hochschulen beantwortet der Rechtssenat mit einer weiteren Zuspitzung: Unbehelligt von politischem Feingefühl will der ambitionierte Wissenschaftssenator Dräger noch in dieser Woche einen Entwurf zur Änderung des Hamburgischen Hochschulgesetzes (HmbHG) vorstellen. Absicht ist, die Gremien der Hochschulen, in denen alle Statusgruppen über Ziele, Inhalt und Methoden in Lehre und Forschung bestimmen können, durch managementorientierte Leitungshierarchie zu entmachten. Eingesetzt werden soll ein "Hochschulrat", in dem hochschulexterne Vertreter v. a. aus der Wirtschaft über Finanzen, Lehre, Forschung und die Auswahl der Präsidiumsmitglieder entscheiden mögen. Weitere Gesetzesänderungen zur Privatisierung und Kommerzialisierung (Umwandlung der Hochschulen in Stiftungen/GmbHs, Studiengebühren, Dienstrecht/Leistungssystem) sind bereits angekündigt.

Nicht überraschend liegt Dräger damit voll auf der Linie der Hamburger Handelskammer. Die hatte schon 1997 formuliert: "Die Hamburger Hochschulen insgesamt sind ein wesentlicher Standortfaktor für das erfolgreiche Arbeiten der Wirtschaft in dieser Region" und forderte "Wettbewerb unter Hochschulen ermöglichen, hochschuleigene Aufnahmeverfahren zulassen, Studiengebühren mit sozialer Komponente [sic!] einführen, Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Wirtschaft fördern."

Den Vertretern der Wirtschaft dienstbar zu sein, ist jedoch nicht nur für die Hochschulpolitik die Leitlinie des neuen Senats. Mit der Öffnung des Gesundheitswesens und der öffentlichen Verwaltung für Marktkonkurrenz, Schließung von Schulen, der Zerschlagung öffentlich geförderter Sozialeinrichtungen und Kappung der Kulturförderung etc. sollen überall wirtschaftliche Interessen die gesellschaftliche Nützlichkeit als Leitmotiv vollends ersetzen. Um dies durchzusetzen, bedient sich der Senat eines Höchstmaßes an Restriktion und Konkurrenzdruck.

Dagegen wird zunehmend Kritik und Widerstand entwickelt, nicht nur an den Hochschulen. Wesentlich geht es um die allgemeine Nützlichkeit gesellschaftlicher Entwicklung durch soziale Reformen, Demokratisierung und die umfassende Qualifizierung aller für die Bestimmung und Wahrnehmung gemeinsamer Interessen in den sozialen Grundauseinandersetzungen. Solidarische Kooperation ist hierfür notwendige Voraussetzung.

Die Verfaßte Studierendenschaft (VS) muß deshalb als Teil gesellschaftlicher Opposition gemeinsam mit Gewerkschaften, Bündnissen gegen Rechts, Friedensbewegung, sozialen Initiativen, linken Parteien und Organisationen sowie anderen fortschrittlichen Kräften gegen Konkurrenz und die Ökonomisierung aller gesellschaftlichen Bereiche dem Rechtssenat Einhalt gebieten.

Für Solidarität, soziale, demokratische und friedliche Entwicklung weltweit - eine andere Welt ist nötig!


 

Uniweite Vollversammlung (VV)
"Zukunft der Hochschulen - Vermarktung der Bildung?"

Diskussion und Beschlußfassung zu
studentischen Aktionen gegen den "Letter of Intent"
Mittwoch, den 15. Mai 2002, 14 Uhr
AUDIMAX I

 

 

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Wehret den Anfängen!
Rechts bleibt Rechts.


"
Stoiber: Konservativ bedeutet für mich auch, die Wirklichkeit als Wirklichkeit anzuerkennen. Wir müssen bereit sein, die Menschen so zu nehmen, wie sie sind und müssen aufhören, sie verformen zu wollen." (...) "Das sozialistische Modell ist gescheitert. Alle praktischen Versuche haben nicht zu dem von seinen Anhängern erwarteten Ergebnis geführt. Es hat damit seine geistige Faszination verloren."
"
Le Pen: Weil Le Pen ein Teufel ist, hält man die Idee im Kopf nicht aus, dass er den Sieg davontragen könnte. Das Volk aber denkt anders. Die Arbeiter streiken nicht, sie fühlen sich bei mir gut aufgehoben, und die Vorstädte bleiben ruhig."
Zitate aus Spiegel-Interviews, Nr. 18/2002.

 

Abgesehen davon, wieviel geistige Faszination von Edmund Stoiber ausgehen mag, wird, trotz all seines Kreideverzehrs, deutlich, daß der Kapitalismus (= "Wirklichkeit") absolut zu akzeptieren sei.

Krieg, Ausbeutung, Entfremdung, umfassende alltägliche Konkurrenz aller gegen alle - die Profitgesellschaft in ihrer häßlichen Ausprägung ist den Rechten (einschließlich Haider, Berlusconi und Le Pen) noch nicht häßlich genug.

In vehement brutalisierender Fortführung der modifiziert neoliberal agierenden sozial-liberalen Regierungen (Rot-Grün) wollen sie noch mehr militärische Interventionen, Aufrüstung, Schleifen des Sozialstaates auf ein geringfügiges Minimum, härtere innenpolitische Repressionen, einschließlich einer scharfen Prise Nationalismus und Rassismus.

Und bei Le Pen streikt der Arbeiter nicht.

Der rechte Senat in Hamburg macht unzweideutig deutlich, daß die Bevölkerung nichts zu lachen hat, wenn sie sich gefallen läßt, mit welcher Zerstörungswut die Regionalverwaltung verwertungsfromm agiert.

Bei einer Stoiber-Regierung auf zentraler Ebene wäre bundesweit fast dieselbe Politik zu erwarten.

Der begründete Widerstand dagegen wird zunehmend entwickelt. Mehr progressive Perspektive ist dabei und dafür erforderlich. Dies ist geistige Tätigkeit in politischer Praxis. Alle sind gefordert.

Wehret den Anfängen!

"... uns aus dem Elend zu erlösen, können wir nur selber tun..."


 

Veranstaltung
zum 8. Mai, Tag der Befreiung vom Faschismus
Gespräch:
F. Bringmann (Amicale Internationale de Neuengamme), P. Badekow (VVN-BdA)
Lesung: Rolf Becker; Musik: G. Pitsch (voc.), G. Folkerts (p.)

Mittwoch, den 8. Mai 2002, 19.30 Uhr, Großer Hörsaal der HWP, VMP 9

 

 


 

 

Uniweite Vollversammlung (VV)
"Zukunft der Hochschulen - Vermarktung der Bildung?"

Diskussion und Beschlußfassung zu studentischen Aktivitäten
gegen den "Letter of Intent" und die geplante HmbHG-Novellierung

Mittwoch, den 15. Mai 2002, 14 Uhr, AUDIMAX I

 

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Wieviel ist ein (rechter) Senator wert?


"Die Pointe liegt vielmehr darin, daß das Privatinteresse selbst schon ein gesellschaftlich bestimmtes Interesse ist und nur innerhalb der von der Gesellschaft gesetzten Bedingungen und mit den von ihr gegebnen Mitteln erreicht werden kann, also an die Reproduktion dieser Bedingungen und Mittel gebunden ist."
Karl Marx, "Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie", 1858, Marx-Engels-Werke (MEW) 42, S. 90.

Geld gilt als das Maß aller Werte. Der gesellschaftliche Reichtum wird von (fast) allen erarbeitet und von wenigen in hoher Konzentration privat angeeignet. Die einen kaufen die Ware Arbeitskraft, die anderen müssen sich selbst verkaufen - am besten willig, billig und fleißig.Wert ist wesentlich, was einen hohen, abstrakten Tauschwert erzielt, der alle Individualität schnöde negiert. Das nennt man "Marktwirtschaft". Kriege, Hunger, Massenerwerbslosigkeit, Naturzerstörung und Ga-Ga-isierung sind hier alle inklusive.

Das findet Senator Dräger schon ok so. Was ihn lediglich stört, ist, daß die "Metropolregion Hamburg" nicht wettbewerbsfähig genug ist, weshalb die Hochschulen mehr für die ökonomische Konkurrenz tun und dafür zugerichtet werden sollen.

Schnick-Schnack für ihn sind: Geschichtsbewußtsein, demokratische Massenuniversität, kritische Wissenschaften, mündige Individualitätsentwicklung, soziale Absicherung, bedarfsgerechte Ausstattung öffentlicher Institutionen, die Lösung zentraler sozialer und kultureller Probleme; und wurscht ist ihm auch, ob man Elend - gleich, welcher Art - beseitigt oder vermehrt.

Deshalb soll der Knebelpakt "Letter of intent" (LOI) unterschrieben und ein sogenanntes Hochschulmodernisierungsgesetz durchgepeitscht werden.

Bella hopp!

Ökonomisierung der Bildungsentwicklung, Kommerzialisierung aller Menschen, Entdemokratisierung der Entscheidungsprozesse, Verflachung der Bildungsinhalte, Steigerung der Hierarchien, ordnungspolitische Maßnahmen gegen Verstöße wider das Bravheitsgebot sind denn auch Inhalt, Mittel und Ziel der angestrebten Horrormaßnahmen.

All dies fügt sich auf wundersame Weise passend in die allgemeine brutale Destruktionspolitik des Hamburger Rechtssenates. Die Verschlechterung der Lebensbedingungen für die Mehrheit der Bevölkerung ist sein konsequentes Programm.

Deshalb ist auch der Wissenschaftssenator wenig "wert", höchstens wert, daß man ihn jage. In irgendeiner Unternehmensberatung mag er fürderhin sein Einkommen finden.

Resolution und Beschluß der studentischen Vollversammlung am 15.05.02.


 

Uniweite Vollversammlung (VV)
"Zukunft der Hochschulen - Vermarktung der Bildung?"

Diskussion und Beschlußfassung zu studentischen Aktivitäten
gegen den "Letter of Intent" und die geplante HmbHG-Novellierung

Mittwoch, den 15. Mai 2002, 14 Uhr, AUDIMAX I

 

 

Sitzung des Akademischen Senats
mit den Tagesordnungspunkten
Hochschulmodernisierungsgesetz,
"letter of intent 2"

Donnerstag, 16. Mai 2002, 14 Uhr,
AS-Sitzungssaal, Uni-Hauptgebäude,
ESA 1, 2. Stock

 

 


 

 

Sitzung des Studierendenparlaments
mit den Tagesordnungspunkten
AStA-Wahl, Hochschulmodernisierungsgesetz

Donnerstag, 16. Mai 2002,
18 Uhr c.t., Phil D

 

 

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Sie nennen's "grenzenlose Gerechtigkeit", wir nennen's Krieg!

"Als der Krieg aus war, kam der Soldat nach Haus. Aber er hatte kein Brot. Da sah er einen, der hatte Brot. Den schlug er tot.
Du darfst doch keinen totschlagen, sagte der Richter.
Warum nicht, fragte der Soldat."
Wolfgang Borchert, "Lesebuchgeschichten".

Der US-amerikanische Kriegspräsident besucht Berlin, um die BRD und andere NATO-Staaten auf die Eskalation seiner militaristischen Politik einzustimmen. Eine Propagandareise also.

Der sogenannte Anti-Terror-Krieg soll auf den Irak ausgeweitet, die "Achse des Bösen" um Kuba, Libyen und Syrien verlängert werden. Da reichen die Bundeswehreinsätze in Afghanistan, Kuwait und am Horn von Afrika bei weitem nicht aus.

Die "Präventive Eliminierung" (angeblicher) feindlicher Lager- und Produktionsstätten von chemischen oder biologischen Waffen hält als Begründung her für den potentiellen Einsatz von taktischen Atomwaffen.

Der US-Rüstungsetat soll 2003 um 48 Mrd. auf 294 Mrd. Dollar erhöht werden, in fünf Jahren soll er auf 465 Mrd. Dollar steigen.

Diese profitable Macht des Stärkeren und Stärksten dient der Okkupation von Märkten und der militärischen Sicherung des Kapitalismus.

In den fünf Nachbarstaaten des Kaspischen Meeres sind Milliarden Tonnen sofort förderbarer Erdölvorkommen vorhanden, die ausgebeutet werden können müssen.

Entsprechende Militärstützpunkte in Zentralasien sollen verhindern, daß diese Ressourcen unter den "ungerechfertigten Einfluß regionaler Mächte" (US-Energieminister Robert Gee) gelangen. Im Zweifel also jede Menge Blut für Öl.

Die Brutalisierung der Geschäfte führt zur ausgeweiteten Militarisierung der Politik, die wiederum die Verrohung aller Sitten steigert.

Die einzig vernünftige Alternative ist die Beendigung der Kriege, Abrüstung, die Umwandlung der Militärproduktion, sozialer und kultureller Fortschritt, die Ausweitung demokratischer Partizipation, internationaler Schuldenerlaß, die Erhöhung der Kapitalsteuern, die Steigerung ziviler öffentlicher Ausgaben und der Widerstand gegen Machtpolitik jeglicher Art.

Niemand soll den anderen für Brot erschlagen wollen!

Dafür muß die Friedensbewegung kämpfen.


 

"Wir wollen Ihre Kriege nicht, Herr Präsident - wir wollen überhaupt keinen Krieg!"
Demonstration anläßlich des Bush-Besuches

 

 

in Hamburg am 22. Mai, 17.00 Uhr, "Kriegsklotz" (Dammtor-Bahnhof)
in Berlin am 21. Mai, 16.00 Uhr, Unter den Linden/Neue Wache

 

 

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"Gechichtsgefühl"
Martin Walser und der 8. Mai


"So kommt es - wenigstens bei mir - zu einem Geschichtsgefühl."
Martin Walser in seiner Rede "Nation, Patriotismus und demokratische Kultur" am 8.5.'02 im Willy-Brandt-Haus.

"Worüber sich die einen freuen, darüber trauern die andern, wenn nicht, so haben sie es zu bereuen. Und obgleich dies und noch viel dazu alle immer wieder erlebt haben, hält sich doch immer noch der Aberglaube an die echten und ewig gleichbleibenden Gefühle."
Bert Brecht, "Me-ti. Buch der Wendungen".

Während Kanzler Schröder Currywurst und deutsche Fußball-Nationalmannschaft fühlt, ist's bei Martin Walser tiefer, dunkler und inniger.

Am 8. Mai, dem Tag der Befreiung vom Faschismus, breitete der Autor, der schon 1998 in der Debatte um Daniel Goldhagens Buch "Hitlers willige Vollstrecker" unangenehm aufgefallen ist (man solle "wegschauen" und den Antifaschismus nicht "zu gegenwärtigen Zwecken mißbrauchen"), unter Berufung auf Nietzsche, seine Nationalgefühle aus.

Große Pläne vollziehen sich hinter dem Rücken oder über den Köpfen der Menschen: "Naturnahe Metaphern bieten sich an, weil Geschichte wie Natur eine Prozeß ist, der der Zeit unterworfen ist."

Zeit mache nur vor dem Teufel halt, denn der werde niemals alt, die Hölle werde nicht kalt, wie schon in einem deutschen Schlager berichtet wird.

Die Menschen machen also nicht ihre Geschichte, niemand ist für irgend etwas verantwortlich; keine unterschiedlichen gesellschaftlichen Interessen sind erheblich für den Gang der allgemeinen Entwicklung; unterschiedliche politische oder kulturelle Konzeptionen spielen keine Rolle; nicht Oben oder Unten, nicht Arm oder Reich, nicht Links oder Rechts sind relevant oder gar vorhanden - die Zeit waltet, der Rest ist "Gefühl" oder "Wegschauen".

Deshalb wird auch die reaktionäre Lüge von Versailles (der Friedensvertrag von Versailles 1918 steht für die Reparationsforderungen gegenüber dem Deutschen Reich nach dem Ersten Weltkrieg, die, entgegen der Propaganda, zu größten Teilen doch nicht erfüllt werden mußten), die von der deutschnationalen Hugenbergpresse schon während der Weimarer Republik vertreten wurde, gefühlvoll neu aufgebrüht: "Das wichtigste Glied in der historischen Kette bleibt: ohne Versailles kein Hitler."

Womit wird dieser Kokolores begründet?

"Jeder kann, wenn er will, auf Nation für immer verzichten. Ich kann das nicht."

Die Legitimation ist also das Ich als solches. Ich bin nationalistisch, na und?

Wohin führt das Ganze?

Zur sogenannten Wiedervereinigung von 1989 (9. November), "der glücklichste Moment in der deutschen Geschichte".

Da wird denn auch gleich der 9. November zum Schicksalsmythos erklärt: "Und der 9. November müßte der Tag der Deutschen sein."

Die Ausrufung der Republik durch Philip Scheidemann 1918, Hitlers "Marsch auf die Feldherrenhalle" in München 1923, die Reichpogromnacht 1938, "die Mauer fällt" 1989 werden ohne Unterscheidung von Walser in eine Reihe gestellt.

Auf und ab, hin und her, kreuz und quer - alles in allem fatalistisch, sehr national und hochgefühlig.

Geschichte ist nicht zwangsläufig und alternativlos, und: die Sozialdemokraten sollten sich klügere Leute einladen!

 

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Der Mensch - ein vernunftbegabtes Wesen!?
Der Wissenschaftssenator kommt an die Uni


"Wissenschaft macht einen Standort, also 'makes a market'."
Wissenschaftssenator Jörg Dräger, auf einer Diskussionsveranstaltung der FDP, 10.04.2002.

"Die wichtigste Aufgabe der Wissenschaft ist es, die Wirklichkeit zu akzeptieren."
Universitätspräsident Dr. Jürgen Lüthje, auf einer Veranstaltung der Reformgruppe Hamburger Hochschullehrer, 29.05.2002.

"Notwendig ist die Ausrichtung der Hochschulen an der Entfaltung der Einzelnen als gesellschaftliche Subjekte und somit an der Verantwortung zur Lösung gesellschaftlicher Probleme beizutragen."
Resolution der studentischen Vollversammlung an der Universität Hamburg, 15.05.2002

Mit der Vorlage des sogenannten Hochschulmodernisierungsgesetzes durch den "Wissenschafts"senator Dräger wird deutlich, wie umfassend die demokratische Massenuniversität dem Rechtssenat ein Dorn im Auge ist. Wider die demokratische Verallgemeinerung von qualifizierender Bildung und gegen alle (potentiellen) humanistischen Erkenntnisse sollen die Wissenschaftsinstitutionen zu reinen Profitbetrieben zurechtgestutzt werden. Der Mensch soll sich selbst verneinen, indem er sich vollends der ökonomischen Verwertung unterwirft.

Ausbeutung, Konkurrenzkampf und Entfremdung sollen als tägliches Geschäft von der entpersönlichten Masse und einer funktionalen Elite anerkannt und gewinnbringend umgesetzt werden. Der Mensch sei profitabler Marktfaktor.

Der Universitätspräsident Lüthje gibt dem Druck des brachial agierenden Rechtssenates nach. Zwar geht ihm die Festlegung der Universität auf die reine "Wertschöpfung" für den "Wirtschaftsstandort" Hamburg zu weit, doch durch den Knebelvertrag mit der Behörde (LOI) in die Konkurrenz gezwungen, propagiert er die Akzeptanz der Verhältnisse. Wer sich nicht fügt, dem wird es schlecht ergehen - der Sachzwang läßt grüßen. Wissen soll heißen: Fraglos anerkennen, was ist.

Doch ist Verfügungslosigkeit nicht alternativlos. Gerade Bildung und Wissenschaft, demokratische Institutionen, gesellschaftskritische Inhalte, erkenntnisgeleitetes Forschen und qualifizierende Lehre können dazu beitragen, daß alle Menschen Bestehendes in Frage stellen und kooperativ zur Verbesserung der eigenen Lebensbedingungen gesellschaftliche Prozesse verändern, entwickeln und bestimmen können. Die Ausrichtung der Hochschulen an der Entfaltung der Einzelnen als kritische gesellschaftliche Subjekte und ihre Verantwortung für die Lösung sozialer Widersprüche ist auf Höhe der Zeit notwendig und möglich.

Geschichte, Aufklärung und Vernunft müssen und können handlungsleitend für alle Menschen zur Befreiung aus der abgeforderten Unmündigkeit sein.

Entsprechend begründete Kritik und Widerstand wird in den Hochschulen zunehmend entwickelt. Die zentralen Gremien der studentischen Interessenvertretung (Vollversammlung und Studierendenparlament) und der akademischen Selbstverwaltung (Akademischer Senat) haben sich vehement und deutlich gegen die angestrebten Umstrukturierungen ausgesprochen (s. u.).

Der karriereservile Senator Dräger erwartet allerdings die Befürwortung seines reaktionären Programms: "Ich rechne mit überwiegender Zustimmung der Hochschulen, denn Studenten, Professoren und Mitarbeiter haben ein Interesse an einer leistungsfähigen qualifizierten Hochschule." (Welt am Sonntag, 28.04.2002)

Die solidarische Entwicklung progressiver Einsicht und Praxis sowie Kooperation als menschliche Entfaltung stehen dieser größenwahnsinnigen und wirklichkeitsfremden Anmaßung entgegen.

So sind alle gefordert, ihre Opposition zum neoliberalen Turbo des Rechtssenates zum Ausdruck zu bringen.


DOKUMENTIERT

Der Akademische Senat beschließt einstimmig folgende erste Stellungnahme zum Referentenentwurf zur Novellierung des Hamburgischen Hochschulgesetzes:

Der Gesetzentwurf ist in erheblichen Teilen völlig unakzeptabel. Er enthält nicht zu rechtfertigende Brüche mit Grundsätzen der akademischen Selbstverwaltung und gefährdet dadurch die Grundlagen der Wissenschafts- und Hochschulautonomie.

Im gegenwärtigen Entwurf wird der gesellschaftliche Nutzen der Hochschulen allein an den Wertschöpfungsbeiträgen für einen Wirtschaftsstandort gemessen.

Dem gegenüber betont der Akademische Senat die Orientierung der Universität Hamburg an kulturellen, sozialen und wissenschaftlichen Verpflichtungen.

Die Universität Hamburg lehnt daher den Entwurf in der vorliegenden Fassung ab, insbesondere aus folgenden Gründen:

- Der vorgesehene Hochschulrat ist ein Beispiel für die Intention der Zerstörung der Mitbestimmungs- und Gestaltungsmöglichkeiten der Mitglieder der Universität Hamburg an ihrer Leitung. Die Verlagerung zahlreicher Entscheidungskompetenzen an Externe ignoriert zudem die Sach- und Fachkompetenz der Mitglieder der Universität Hamburg.

- Der vorliegende Entwurf konterkariert die vom politischen Senat bekundeten Absichten der Stärkung der Autonomie der Hochschulen.

- Der vorliegende Entwurf enthält massive Unausgewogenheiten hinsichtlich des Rechtsstatus der Studierenden. Ferner sind mit akademischen Selbstverständnis nicht vereinbare Einschränkungen der Gestaltungsmöglichkeiten von Lehre und Studium enthalten. Hierneben ist eine massive Verschlechterung der sozialen Lage von Studierenden und eine weitere Benachteiligung von sozial schlechter gestellten Studierenden absehbar.

Das Vorgehen des Senators dokumentiert im übrigen seine Missachtung des laufenden Reformprozesses in der Universität Hamburg und die Mitbestimmung der universitären Gremien.

Der Akademische Senat protestiert gegen diese Verfahrensweise.

Hamburg, 16.05.2002

 


 

Zukunft der Hochschulen - Vermarktung von Bildung?
Diskussionsveranstaltung
zur geplanten Neufassung des Hamburgischen Hochschulgesetzes und zum "letter of intent"

 

 

Jörg Dräger - Wissenschaftssenator
Jürgen Lüthje - Präsident der Universität Hamburg
Till Petersen - Mitglied der Fachschaftsrätekonferenz
N. N. - AStA der Universität Hamburg

 

 

Dienstag, 4. Juni 2002, um 18.30 Uhr,
Edmund-Siemers-Allee 1, Hörsaal ESA A

Veranstalter:
Präsidium des Studierendenparlaments der Universität Hamburg
Präsidium der Universität Hamburg

 

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Der geistige Verfall eines Autors
Martin Walser schreibt weiter


"Hat der alte Hexenmeister
Sich doch einmal fortbegeben!
Und nun sollen seine Geister
Auch nach meinem Willen leben,
Seine Wort' und Werke
Merkt' ich, und den Brauch,
Und mit Geistesstärke
Tu' ich Wunder auch."
J. W. v. Goethe, "Der Zauberlehrling".


Ein starker Strom geht in Europa nach rechts - neoliberal, polizeistaatlich, populistisch.

Viele sozialdemokratische oder sozialliberale Regierungen wurden wegen fortgesetzten Sozialabbaus abgewählt bzw. wegen Bravheit gegenüber dem Kapital nicht mehr gewählt. An ihre Stelle treten rechte Regierungen.

Gesteigerte Konkurrenz, soziale Bedrängungen werden von rechter politischer Seite propagandistisch zur brutalen Verschärfung der Ausbeutungsverhältnisse genutzt. So werden auch "Sündenböcke" aller Art für die allgemeine Misere verantwortlich gemacht, um von den eigentlichen Ursachen respektive Verursachern abzulenken.

Ein fatales Ideologem dieser Art ist auch und besonders in der deutschen Geschichte "der Jude" als "Untermensch" und "Weltverschwörer".

Altes bricht in Krisen wieder neu hervor, wenn die Ursachen (Ausbeutung und ihre Mystifkation) des Übels nicht überwunden worden sind.

Hier kommt der Walser - mit einem neuen Buch. "Tod eines Kritikers". Dieses Werk ist der Fehde mit Marcel Reich-Ranicki gewidmet.

Nun mag man von den literaturkritischen Urteilen des bürgerlichen Fernsehkaspers halten, was man will, Walser sieht das leider und bekämpfenswert so: "Ich habe das Jude-Sein (!) nur an einer einzigen Stelle im Roman thematisiert. Ich lasse einen jüdischen Intellektuellen in einem Magazin schrieben, es wäre weniger schlimm in Deutschland, einen Nicht-Juden zu töten als einen Juden. Das ist doch Satire." (Interview im "Hamburger Abendblatt" vom 31.5.'02.)

Satire ist links, gesellschaftskritisch, aufklärerisch, demokratisch und auch gegen den main-stream. Walser ist dies alles nicht. Er raunt im rechten Gewaber. Hier ist Wegschauen und Verharmlosen unangemessen. Hier reicht auch kein Krebsgang.

"In die Ecke,
Besen! Besen!
Seid's gewesen."

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Gemeinsame Publikation von juso-hochschulgruppe und Liste LINKS

Erkenne die Verwertung - verwerte die Erkenntnis!


"Es ist nun einmal nicht zu vermeiden, daß alles, was einen Menschen bewegt, den Durchgang durch seinen Kopf machen muß - sogar Essen und Trinken, das infolge von vermittelst des Kopfs empfundenem Hunger und Durst begonnen und infolge von ebenfalls vermittelst des Kopfs empfundenen Sättigung beendet wird."
Friedrich Engels, "Ludwig Feuerbach und der Ausgang der klassischen deutschen Philosophie", 1886, MEW 21, S. 281 f.


Auch in den studentischen Köpfen der Gegenwart soll das aufdringliche Diktat handlungsleitend sowie ichformend hängenbleiben, daß die ökonomische Verwertung von allem und jedem ebenso die höchste individuelle Beglückung aller sei.

Krieg ist Frieden, Massenerwerbslosigkeit ist Schicksal oder einzelnes Versagen, Talkshows sind geistvoll, Ausbeutung ist demokratisch, große Männer machen Geschichte, Möllemann hetzt nicht antisemitisch, Martin Walser ist ein humanistischer Schriftsteller, Nuts hat's, Wissenschaftssenator Dräger will für uns nur das Beste... - die Verdrehungen der Wahrheit sind Legion.

Dabei sollte die Wissenschaft doch...

Ja, die Ergründung von Ursachen und Widersprüchen; die adäquate Rekonstruktion von Prozessen in Gesellschaft, Natur und im Denken sowie ihre nachvollziehbare Beschreibung; die Entwicklung von Handlungsmöglichkeiten respektive -alternativen, der demokratische und kritische Praxisbezug - das alles wären allgemein nützliche und förderliche Aufgaben der Wissenschaften und ihrer Subjekte.

Die Realität ist bekanntlich eine andere. Krieg sowie alle anderen Formen gesellschaftlicher Konkurrenz, die Verschleierung der Ursachen der Destruktion und die Legitimierung der Ungleichheit finden auch ihre Unterstützung durch die Wissenschaften.

Ist Krieg unvermeidlich?

Entspringt der private Besitz an gesellschaftlichem Reichtum der "Natur des Menschen"?

Garantieren einzig Konkurrenz und Wettbewerb die Handlungsmotivationen der Subjekte?

Hat der Mensch ein Gehorsamkeitsgen?

Läßt sich Politik auf die Strukturlehre von Institutionen begrenzen?

Dies - und mehr - sind konkrete Fragen allgemeiner Natur, mit denen sich die Wissenschaften zunehmend beschäftigen sollten.

Dazu bedarf es mündiger Menschen, bedarfsgerechter Ausstattungen, sozialer Absicherung, der Gremien der Interessenvertretung und der Selbstverwaltung sowie einer Universität, die sich einmischt in die öffentlichen Belange.

Ein repressives Hochschulgesetz ist hier von Übel.

Ein rechter Senat ist entschiedener Gegner wissenschaftlicher Erkenntnis und selbstbewußten Handelns.

Kritische Vernunft ist notwendigerweise politisches Handeln.



Feixende Brutalität? - Aufrechter Gang!


"Der Leidensdruck ist so groß geworden, daß die Hochschulpräsidenten dann auch unterschreiben, daß sie bereit sind, an einem solchen Strukturprozeß mitzuwirken, die Ergebnisse einer externen, einzusetzenden Expertenkommission umzusetzen, obwohl es teilweise für sie selber als Hochschulpräsidenten einschneidende Veränderungen bedeuten kann."
Wissenschaftssenator Jörg Dräger, auf einer Diskussionsveranstaltung der FDP, 10.04.2002.


Frei von der Leber weg offenbart Wissenschaftssenator Dräger die Machtpolitik des Hamburger Rechtssenats: Durch Druck werden Menschen und sozialstaatliche Institutionen gefügig gemacht. Ökonomische Verwertung wird aufwendig ideologisiert, damit die Unmenschlichkeit der uneingeschränkten marktwirtschaftlichen Ausbeutung der Menschen, der wissenschaftlichen Institutionen und der Umwelt durchgesetzt werden kann.

"Mit Mut und Weitsicht politische Handlungsfähigkeit geschaffen!" belobhudelte die Senatskanzlei die Ergebnisse der Klausurtagung des Senats Anfang Mai. Beschlossen wurden dort einschneidende Unterfinanzierung und weitreichende Privatisierung des Bildungsbereichs, das Verscherbeln der Berufsschulen an die Handelskammer, die weitgehende Einschränkung der staatlichen Jugendhilfe, Mehrarbeit für Beamte und für die wissenschaftlichen Mitarbeiter an den Hochschulen, Privatisierung medizinischer Dienste und des Strahlenschutzes und vieles mehr. Kurz: Privatisierung und Ökonomisierung von Aufgaben mit hoher gesellschaftlicher Bedeutung.

Wer hat also "politische Handlungsfähigkeit" gewonnen? Einzig der Hamburger Wirtschaft ist durch diese Maßnahmen Tor und Tür geöffnet, bisher öffentlich finanzierte und selbstverwaltete Bereiche zu okkupieren, um sie marktförmig zuzurichten und so für die Verwertung fit zu machen.

Konsequenzen der extremen Politik des Rechtssenates sind: Mehr Armut, mehr Arbeitslosigkeit, mehr niedrigqualifizierte Arbeit, mehr soziale Unsicherheit, Aushöhlung des Solidarprinzips, Zurichtung der Bildungsinstitutionen auf die Anforderungen von Industrie und Handel und damit die Unterwerfung des Menschen unter das Profitinteresse. Es ist die feixende Brutalität und Verunsicherung im Alltag und die weltweite Zerstörungskraft des Wirtschaftens unter den Bedingungen von Ausbeutung und Konkurrenz, die Gegenwehr notwendig macht. Weder präsidiale Repressionsmaßnahmen, smartgrinsende Senatoren, kreidefressende Kanzlerkandidaten noch die Erhöhung des sozialen Drucks sollten da zögerlich machen.

Mittel zur umfassenden Durchsetzung der Verwertungsorientierung ist die Zerschlagung sozialstaatlicher Errungenschaften. Für die Hochschulen bedeutet dies, die Ergebnisse grundlegender Reformen, die durch Studierende und Gewerkschaften in der außerparlamentarischen Bewegung der 60er und 70er Jahre erkämpft wurden, zu beseitigen. Diese Reformen zielten auf die Durchsetzung der demokratischen Massenuniversität. Kennzeichen dieser ist die soziale Öffnung der Hochschulen und die gleichberechtigte Beteiligung aller Hochschulmitglieder an den Entscheidungen über Ziel, Inhalt und Methode von Lehre und Forschung. Durch diese wesentlichen Maßnahmen und durch die Kritik der weitgehend ungebrochenen Wissenschaftstradition nach dem Faschismus sollte die Orientierung wissenschaftlicher Praxis an der Lösung drängender gesellschaftlicher Probleme erreicht werden. All dies war ein entscheidender Schritt zu "Mehr Demokratie" für die ganze Gesellschaft. Gebührenfreiheit, BAföG, kritische Wissenschaftsinhalte und wissenschaftliche Lehrerbildung sind nur einige der Errungenschaften, die heute als alltäglich gelten. An diese muß die studentische Bewegung heute anknüpfen.

Soziale Reformen, Verfügung der Menschen über Ziel, Inhalt und Methoden von Arbeit und Bildung, kritische und handlungsrelevante Aneignung der menschlichen Lebensbedingungen vermittels Kultur und Wissenschaft sind gegen die Politik der Rechten notwendig durchzusetzen.

Mit aufklärerischen Aktivitäten, Demonstrationen und Streiks kämpfen Gewerkschaften, Friedensbewegung, Studierende, Schüler und weitere Organisationen, Initiativen und Einrichtungen für eine reale, weltweite Verbesserung menschlicher Lebensbedingungen. Jeder Fortschritt ist nur so zu erreichen. Zu Frieden, Arbeit, Bildung und Kultur für alle Menschen gibt es auch heute keine lebenswerte Alternative.

Jagen wir den Rechtssenat aus dem Amt.


Stellungnahme des Akademischen Senats
der Universität Hamburg zum Referentenentwurf zur Novellierung des Hamburgischen Hochschulgesetzes
(589. Sitzung des Akademischen Senats vom 13. Juni 2002)

s. Anträge und Resolutionen


Beschlußverfahren für das "Hochschulmodernisierungsgesetz"

Das offizielle Gesetzgebungsverfahren beginnt mit einer Behördenabstimmung, in der alle betroffenen Behörden (z. B. Schul-, Finanz- und Justizbehörde) Stellungnahmen zum vorgelegten Referentenentwurf erarbeiten. In diesem Rahmen haben auch die Hochschulen ihre Stellungnahmen abgegeben (s. o.)

Der eventuell überarbeitete Entwurf wir dann dem Senat zugeleitet, der den Entwurf für die Neuordnung des Hochschulwesens befaßt und die offizielle Senatsvorlage beschließt.

Der Wissenschaftsausschuß der Bürgerschaft und die Deputationen beraten regelmäßig. Die einzelnen Fraktionen der Bürgerschaft geben Stellungnahmen zu den Entwürfen ab.

Zu der Senatsvorlage finden Anhörungen von Gewerkschaften und Verbänden und von den Hochschulen statt. Es werden erneut Stellungnahmen zu der Senatsvorlage verfaßt und der Bürgerschaft mit dem Senatsentwurf vorgelegt.

Abschließend muß die Bürgerschaft den Gesetzesentwurf beraten und gegebenenfalls beschließen.

Der Zeitplan für das offizielle Gesetzgebungsverfahren steht noch nicht fest. Der Wissenschaftssenator plant die Behördenabstimmung im Sommer zu realisieren, das Gesamtgesetz möchte er Anfang 2003 beschließen lassen.


 

Tag des Warnstreiks
Infostände und Aktionen von FSRs, ASten, FSRK, Tarif-Ini u. a.
Mittwoch, den 26.06.2002
12-18 Uhr, Mönckebergstraße

 

 


 

 

Vollversammlung
Wie weiter mit den studentischen Aktivitäten?
Donnerstag, den 27.06.2002

12 Uhr, Audimax

 

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Keuschheit und Demut?
Zu (grüner) "Realpolitik"


" Sager: Hinter der Einstellung, man müsse für seine Positionen keine demokratischen Mehrheiten gewinnen, steckt eine unglaubliche Überheblichkeit. Thomas (Ebermann) stellt sich als Humanist mit schönen urkommunistischen Idealen dar. Ich bin froh, dass sich die Grünen von der Gesellschaftsfeindlichkeit ihres Anfangs zu einer Partei entwickelt haben, die um Mehrheiten wirbt. Dazu gehört etwas mehr Demut, als die Grünen dies in den frühen Jahren hatten."
Krista Sager (GAL) im Streitgespräch mit Thomas Ebermann, "Hamburger Abendblatt", 21.6.'02.


Durch Demut mit 6 % (derzeitiges Umfrageergebnis) in den Bundestag?

Die sogenannte Gesellschaftsfeindlichkeit der "Grünen" bestand zu Beginn der 80er Jahre da-rin, unter anderem aus gesell-schaftlichen Bewegungen entstanden zu sein, die erkannt und zu ihrer Politik gemacht hatten, daß Krieg und Umweltzerstörung aus den Geschäften kommt, die sich daraus machen lassen, und daß demzufolge eine enge Verbindung zwischen staatlichen Strukturen sowie Entscheidungen und der Mehrung solcher Geschäfte besteht.

Das Ringen um gesellschaftliche Mehrheiten war verknüpft mit der zentralen Frage "Wem nützt es?".

Die Erkenntnis, daß man sich mit dem politischen (und auch kulturellen) Mainstream anlegen muß, um Emanzipatorisches, Demokratisches etc. erreichen zu können, sollte zu damaligen Zeiten auch Krista Sager erreicht haben.

Wer mehrheitliche Auffassungen zur allgemeinen Beibehaltung von Übeln bekämpft, wirkt nicht gegen die, die diese Auffassungen vertreten, sondern gegen die, die diese Verschleierungen verbreiten und die, denen diese Verschleierungen nützen.

In diesem Bewußtsein und Sinne ist auch jemand wie Krista Sager zu bekämpfen, die den Krieg befürwortet, die Konkurrenz und die Verwertung des Menschen durch den Menschen für natürlich hält und die der Meinung ist, Gesellschaftsfreundlichkeit im Kapitalismus sei eine demokratische Tugend.

Anpassung ist Erkenntnis und politischem Engagement für sozialen Fortschritt nicht förderlich.

By the way: Thomas Ebermann hat zwar seine Hoffnung auf dem Weg verloren, aber er ist eindeutig der sympathischere Mensch!

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Freiheit oder Sozialismus?
Ein Filmabend mit Diskussion - "Der Kandidat" (1980)



Edmund Stoiber heißt der Kandidat für das Kanzleramt, mit dem die CDU/CSU in die Bundestagswahlen 2002 geht. Der SchillHaiderBerlusconiFreund tritt an, um mit bajuwarischem Zapfhahnpopulismus die sozial-liberale Regierung aus SPD und Grünen aus dem Amt zu jagen. Die hatten spätestens mit dem Abschied von Oskar Lafontaine und dessen Andeutung keynesianischer Wirtschaftspolitik Abstand davon genommen, jene zahme soziale Reformpolitik zu realisieren, für die sie 1998 gewählt wurden. Statt dessen setzten sie die Kohlsche neoliberale Orientierung - wenn auch abgefedert - fort. Die Enttäuschung darüber will sich nun der CSU-Vorsitzende zu nutze machen, um seinerseits den Kurs des Kapitals, der Abwicklung des Sozialstaats, der sozialen Ungleichheit und der Militarisierung Deutscher Außenpolitik noch einmal deutlich zu verschärfen. Um dies abzuwehren, lohnt ein Blick in die Geschichte.

Franz Josef Strauß hieß der Kandidat für das Kanzleramt, mit dem die CDU/CSU in die Bundestagswahlen 1980 ging. Der damalige CSU-Vorsitzende pflegte nicht nur gute Kontakte zu Chiles Diktator Pinochet und führenden spanischen Franco-Anhängern, sondern hatte selbst eine bemerkenswerte faschistische Vergangenheit zu bieten. So war er als weltanschaulicher Referent des NSKK (die Motorrad-SS) vor allem vertraut mit der einschlägigen Nazi-Literatur in Sachen Antikommunismus und Antisemitismus. Entsprechend qualifiziert trat er an mit dem Wahlspruch "Freiheit statt Sozialismus" (wobei mit letzterem damals wie heute schon ein ernstzunehmender Sozialstaat und freche Gewerkschaften gemeint waren), um die damalige sozial-liberale Regierung aus SPD und FDP abzulösen. Auch Strauß setzte auf die Enttäuschung der Wähler, nachdem die Regierung Schmidt/Genscher sich von der kurzen Brandtschen sozialen Reformpolitik und Entspannungspolitik verabschiedet hatte und unter anderem mit Entdemokratisierung durch "Anti-Terror-Gesetze", dem Stopp weiterer sozialer Leistungen, dem Ausbau der Atomkraft und verstärkter Aufrüstung im Rahmen des NATO-Doppelbeschluß aufwartete. Dabei hatte er nicht nur zu verschleiern, daß er für die Zuspitzung eben von Entdemokratisierung, sozialer Ungleichheit und Militarisierung antrat, sondern mußte auch auf die Vergeßlichkeit der WählerInnen setzen. So war Franz Josef Strauß Verteidigungsminister und damit Verantwortlicher für die Remilitarisierung der Bundesrepublik unter Adenauer Ende der fünfziger und Anfang der sechziger Jahre. Als solcher hatte er diverse Affären um Vetternwirtschaft und Korruption bei milliardenschweren Rüstungsaufträgen zu verantworten und mußte schließlich aufgrund der Spiegel-Affäre (Racheaktion wegen Aufdeckung von Ungereimtheiten bei Rüstungsgeschäften) zurücktreten - zumindest als Minister, nicht jedoch als CSU-Chef.

Um daran zu erinnern und den extrem rechten Strauß als Kanzler zu verhindern, stellten damals diverse Filmemacher (u. a. Volker Schlöndorff, Stefan Aust, Alexander Kluge) den Dokumentarfilm "Der Kandidat" zusammen, in dem überaus anschaulich dessen Werdegang eben zum Spitzenkandidaten der CDU/CSU verfolgt wird.

Diesen Film wollen wir zeigen, nicht nur, um deutlich zu machen, warum ein bayrischer Reaktionär nicht Kanzler der Bundesrepublik werden darf, sondern auch, um daran zu erinnern, daß der CSU-Generalsekretär und Wahlkampfmanager 1980 Edmund Stoiber hieß.

Als solcher bezeichnete er die FDP/SPD-Koalition als "liberalistisch-sozialistische" Regierung mit "ihren kommunistischen Hilfstruppen" und linke oppositionelle Autoren und Journalisten als "Ratten und Schmeißfliegen" (übrigens ein Zitat aus einem antisemitischen Nazi-Propaganda-Film). So zeigte Stoiber schon vor seiner berüchtigten Äußerung über die drohende "durchmischte und durchrasste deutsche Gesellschaft", welch braver und strebsamer Schüler seines Ziehvaters Strauß er ist - allerlei aktueller Kreidekost und manchem Zahmheitsgestotter zum Trotz. Der Film soll Anlaß zur Diskussion sein, wie ein Kanzler Stoiber zu verhindern, aber auch einer rot-grünen Regierung für soziale Reformen, mehr kritische Kultur und Bildung, Demokratisierung und Abrüstung Beine zu machen ist.




 

Freiheit oder Sozialismus?
Ein Filmabend mit Diskussion
Der Kandidat (1980)
von Volker Schlöndorff, Stefan Aust, Alexander Kluge u. a.

 

 

Mittwoch, 10. Juli 2002, 18.30 Uhr,
Universität Hamburg Pferdestall, Allendeplatz 1, T-Stube

 

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Der späte Kapitalismus

"Es gibt fünfzehn Medikamente, seit Hippokrates selig, und doch ist es einer weiterentwickelten Industrie von Chemieunternehmen und den Fabriken zur serienweisen Herstellung von Ärzten gelungen, aus diesen zehn Medikamenten vierundvierzigtausendvierhundertvierundvierzig gemacht zu haben; manche werden unmodern, die werfen wir dann fort. Ja, verdient wird auch daran."
Kurt Tucholsky (Peter Panter), "Die Apotheke", 1930.

Die Börsenkurse in den USA fallen dramatisch. Trotz Krieg und Bush und alledem.

Der nimmersatte "Shareholder-Value"-Kapitalismus, in dem Spekulationen über Investitionen gehen, in dem die Sektkorken mit den Aktienkursen nach Massenentlassungen steigen, wo Mega-Fusionen an der Tagesordnung sind, wo Sozialleistungen als Schnick-Schnack gelten, Betrug und Korruption und Günstlingswirtschaft an der Tagesordnung sind, hat durch den Börsencrash in den USA eine kräftige Delle erhalten.

Glanz und Gloria des entfesselten Kapitalismus sind somit stumpf und krächzend geworden.

Daraus könnte erheblich gelernt werden und deutlich geworden sein, daß die europäischen Regulierungssysteme bedeutenden historischen Wert haben.

Die Regierungskommission unter der Leitung des VW-Managers Hartz hat nun aber eine Konzeption erarbeitet, in der vorgesehen ist, die Erwerbslosen für ihre Lage verantwortlich zu machen und zu bestrafen.

So sollen z. B. Erwerbslose, die länger als 6 Monate ohne Arbeit sind, automatisch an Agenturen für Leiharbeit weitergeleitet sein; so sei in Zukunft die Vermittlung in untertariflich bezahlte Arbeitsverhältnisse prinzipiell erlaubt; junge alleinstehende Erwerbslose sollen bundesweit zur Arbeitsaufnahme auch unter der erworbenen Qualifikation gezwungen werden können; das Arbeitslosengeld soll in den ersten sechs Monaten in Pauschalen gezahlt werden. Der Horrorkatalog ist noch länger und zeigt, daß mit den angestrebten Maßnahmen die von der wirtschaftspolitischen Misere (Abbau von Steuern und Sozialstaat, Rationalisierung in den Betrieben) Betroffenen bekämpft werden sollen, statt daß gegen die Misere politisch vorgegangen wird, um die sozialen Lebensbedingungen zu verbessern.

Höhere Besteuerungen des Kapitals sowie öffentliche Investitionen sind hier somit die notwendige Alternative.
Rot-Grün gehört dafür auf den Hut gehaun, damit Stoiber nicht der Weg bereitet wird.

Vernünftig bleibt: bedarfsdeckender Sozialstaat, vernünftige Löhne, betriebliche und institutionelle Mitbestimmung, fordernde Gewerkschaften, starke außerparlamentarische Bewegungen, keine rechten Regierungen - und mehr!

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Die Dreistigkeit der Verwerter
oder
Lügen haben falsche Töne


"Die wahre Schranke der kapitalistischen Produktion ist das Kapital selbst, ist dies: daß das Kapital und seine Selbstverwertung als Ausgangspunkt und Endpunkt, als Motiv und Zweck der Produktion erscheint; daß die Produktion nur Produktion für das Kapital ist und nicht umgekehrt die Produktionsmittel bloße Mittel für eine stets sich erweiternde Gestaltung des Lebensprozesses für die Gesellschaft der Produzenten sind."
Karl Marx, "Das Kapital", MEW 25, S. 260.

"Der deutsche Konsenskapitalismus ist nicht zukunftsfähig." (...)
"Der in gesellschaftlichen Auseinandersetzungen schon früher mehr konstruierte als reale Gegensatz zwischen Arbeit und Kapital ist in der modernen Wissensgesellschaft nur noch Schimäre. Trennlinien verlaufen heute eher zwischen Arbeitsplatzbesitzern und Arbeitslosen, zwischen Bewahrern und Gestaltern, zwischen Bürokraten und unternehmerisch Treibenden."
Rolf-E. Breuer, Aufsichtsratvorsitzender der Deutschen Bank, "Die Perspektiven", in "Capital", 13.6.-22.6.'02.

Wer, wie Herr Breuer in der 40 Jahre Jubiläumsausgabe von "Capital" ("Das Wirtschaftsmagazin"), behauptet, der Gegensatz von Arbeit und Kapital sei lediglich ein Trugbild, muß sich seiner Lügen schon sehr sicher sein. Und wenn der Oberaufseher der fettesten Bank in Germany noch behauptet: "Die Macht der Banken, ohnehin mehr Mythos als Realität, ist immer weniger ein Thema." - dann ist die Realitätsleugnung auf ihre Spitze gelangt.

Für altmodische Menschen verläuft die entscheidende Trennlinie immer noch zwischen wahr und falsch, genauso wie zwischen Oben und Unten, wie zwischen Haben und Nicht-Haben: Produktionsanlagen, Grundstücke, Immobilien, Ländereien, Aktien etc. und ihre Besitzer auf der einen, Arbeiter, Angestellte, Erwerbslose, Sozialhilfeempfänger, Obdachlose, Verhungernde und Kriegstote auf der anderen Seite der internationalen gesellschaftlichen Bilanz.

Da hat Herr Breuer ein paar Ideen. Unter Berufung auf Ludwig Erhard - das war der Dicke von der CDU mit der Zigarre - will er die Staatsquote senken und die Daseinsfürsorge bzw. die Sozialsysteme einschränken, den Einfluß der Gewerkschaften zurückdrängen, die Löhne drücken sowie die Mitbestimmungsrechte beschneiden. Die Steuern für die Arbeitnehmer sollen gesenkt werden, damit Arbeitslose auch niedrig bezahlte Arbeitsverhältnisse eher eingehen. Das nennt er dann "Wohlstand für alle".

Der Wahrheitsnostalgiker nennt das eher den Kapitalanteil am gesellschaftlichen Gesamteinkommen erhöhen, ohne daß dabei etwas für alle rumkommt, außer mehr Spekulationen und Unternehmensfusionen auf der einen und die Zerstörung von öffentlichen Sozialeinrichtungen, Tarifen, Mitbestimmungsrechten auf der anderen Seite.

Somit würde die ohnehin schon vorhandene Krise perfekt gemacht.

Man sollte also getrost darauf beharren, diese Märchen nicht zu glauben und weiterhin von profunden sozialen Interessengegensätzen in seinem Denken und Handeln ausgehen.

By the way: Links und Rechts sind auch noch vorhanden!

 

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Der Kandidat Stoiber und das Lernen

"Gefangene befassen sich mit der Befreiung."
Bertolt Brecht, "Ursprung der Philosophie", in: "Me-ti, Buch der Wendungen".

War in den letzten Jahrzehnten aus den Reihen der CDU/CSU von Bildung, Ausbildung und Wissenschaft die Rede, so stand alles unter dem Motto "Mut zur Erziehung".

Hier und hiermit war klar, daß man an den Herbergsvater, mit dem gut Kirschen essen sei, denken mußte, um sich vorstellen zu können, was mit der konservativen Gehorsamkeitspädagogik gemeint, intendiert und gefordert ist.

Da kommt nun dieser Tage der Kandidat Stoiber und fordert vor versammelten Schulleitern aus der Bundesrepublik eine "neue Kultur des Lernens".

Neu ist gut, Kultur ist gut, Lernen ist gut - wie gut muß erst eine "neue Kultur des Lernens" sein?

Der Edmund kommt aus dem Land, in dem, staatlich sanktioniert, die Kruzifixe in den Klassenzimmern hängen. Stoibers Partei, die CSU, ist die Partei Franz Josef Strauß' selig, der die Intellektuellen der Republik gerne und öfter im Nazi-Jargon als "Ratten und Schmeißfliegen" bezeichnet hat.

Und wenn Herr Stoiber auch Kreide auf den Stimmbändern und Mehl auf der Pfote hat, so sind Gebiß und graues Fell dennoch zu erkennen: Er plädiert für eine sogenannte Kultur des Leistens, er fordert, daß Bildung über die Rangfolge in der Gesellschaft bestimmen solle, und behauptet, daß Leistung und Menschlichkeit sich nicht widersprechen würden. Darüber hinaus will der glatte Bayer verstärkte "Begabtenförderung" und tritt ein für die "Wertorientierung in Erziehung und Bildung" (da haben wir wieder den Herbergsvater!).

Wenn auch moderner und smarter, die menschliche Dressur ist wieder die Grundlinie stramm konservativer Bildungsideologie: marktfromm, konkurrenzhaft, streng hierarchisch und ein wenig biologistisch.

BegabungLeistungWerte.

Assistiert wird der Ede durch die Arbeitsgemeinschaft selbständiger Unternehmer (ASU), die in ihrer Deutung der Pisa-Studie ihr Bildungscredo unverblümt in einem Satz gekonnt zusammenfaßt: "Alle Bildungsinstitutionen von Innungen, Kammern, Universitäten et cetera sind in rechtlich und rechnerisch eigenständige Gesellschaften zu überführen, die zu Marktpreisen anbieten."

Also: Alles soll gegen Geld zu haben sein. Der Mensch sei dem Menschen eine Ware.

Nix aufklärerisch, nix demokratisch, nix sozial, gar nix frei und weniger als gar nix vernünftig.

Der Mut zum Lernen ist eine echte Alternative!

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Von der Weltherrschaft

"Voran die Musik mit Tschindradra
Spielt einen flotten Marsch.
Und der Soldat, so wie er's gelernt
Schmeißt seine Beine vom Arsch."
Bert Brecht, "Legende vom toten Soldaten".

"Die Energie des Handelns drückt die Stärke des Motivs aus, wodurch das Handeln hervorgerufen wird, das Motiv mag nun in einer Verstandesüberzeugung oder in einer Gemütsregung seinen Grund haben. Die letztere darf aber schwerlich da fehlen, wo sich eine große Kraft zeigen soll."
Carl v. Clausewitz. "Vom Kriege".

Vor 57 Jahren, am 6.8. und am 9.8.1945, nach der Kapitulation des Hitler-Regimes am 8. Mai 1945, wurden durch US-amerikanische Bomber auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki Atombomben abgeworfen.

Dieser brutale Schlag zerstörte die beiden Städte und vernichtete mehrere Hunderttausend Menschen. Die Folgeschäden durch die enorme atomare Strahlung ziehen sich bis in die Gegenwart.

Der Einsatz der gewaltigen Waffen diente dem machtpolitischen Kalkül, die Vorrangstellung in der "Anti-Hitler-Koalition" vor der Sowjetunion einzunehmen. Die Neuordnung der Welt nach dem Zweiten Weltkrieg stand auf dem Plan.

1991, nach der Auflösung des Systemkontrahenten Sowjetunion, proklamierte der US-Präsident Bush senior mit dem Angriffskrieg auf den Irak die "Neue Weltordnung".

Neu ist immer, wenn's um Produktionsressourcen, Absatzmärkte, geostrategische Territorien sowie gefügige Regimes in diesen Gebieten geht. So ist auch die neue NATO-Strategie von 1999 gefaßt, diesen Zwecken folgen ebenfalls die Kriege gegen Jugoslawien und Afghanistan.

Für den Beginn des Jahres 2003, möglicherweise schon früher, ist seitens der US-Administration unter Bush junior eine riesige Invasion gegen den Irak mit bis zu 250.000 Soldaten (!) in Planung und Vorbereitung.

Der Irak liegt auf der weltweiten Rangliste mit den größten Ölreserven, nach Saudi-Arabien, auf Platz zwei.

Da Vater Bush das Hussein-Regime nicht militärisch hat beseitigen können, soll nun die Administration unter Sohnemann das Werk vollenden. Die volle Kontrolle über zentrale Erdölvorkommen ist das Ziel der organisierten militärischen Okkupation.

Die arabischen Anrainerstaaten stehen dem militaristischen Vorhaben zurückhaltend gegenüber.
Auch die Zustimmung der BRD, die für die internationale Akzeptanz, Militärbasen und finanzielle Beteiligung erforderlich ist, ist noch nicht realisiert.

Hier muß die Friedensbewegung eingreifen!

Rüstungsforschung und Produktion, Waffenexport und militaristische Außenpolitik gehören auf den Müllhaufen der Geschichte.

Kein Tschindradra kann diese Einsicht vertreiben.

 




Kundgebung
des Hamburger Forums für Völkerverständigung und weltweite Abrüstung

 

 

Hiroshima-Tag
Hiroshima und Nagasaki mahnen: Atomwaffen abschaffen!

 

 

Samstag, den 3. August 2002 um 12 Uhr
St. Pauli Landungsbrücken, Hafentor, Brücke 1



Demonstration

 

 

Antikriegstag 2002

 

 

Samstag, den 31. August 2002 um 12 Uhr
"Kriegsklotz", U-Bahnhof Stephansplatz/Dammtorbahnhof

 


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Der Krieg gegen den Irak -
hier gibt es keinen Kompromiß


"Wenn wir es dahin bringen, daß die große Menge die Gegenwart versteht, so lassen die Völker sich nicht mehr von den Lohnschreibern der Aristokratie zu Haß und Krieg verhetzen, das große Völkerbündnis, die Heilige Allianz der Nationen, kommt zustande, wir brauchen keine stehenden Heere von vielen hunderttausend Mördern mehr zu füttern, wir benutzen zum Pflug ihre Schwerter und Rosse, wir erlangen Friede und Wohlstand und Freiheit. Dieser Wirksamkeit bleibt mein Leben gewidmet; es ist mein Amt."
Heinrich Heine, 1832, in der "Vorrede" zu "Französische Zustände".

450.000 Soldaten der dritten US-Armee sind für die Stationierung in den Ländern Saudi-Arabien, Katar und Kuweit vorgesehen.

US-Präsident Bush hält trotz der Vorbehalte im eigenen Lager unbeirrt an dem gigantischen Aufmarschvorhaben gegen den Irak fest.

Nach Expertenschätzungen müßten für den Fall einer militärischen Entmachtung der Hussein-Regierung im Irak 75.000 Soldaten stationiert werden. Dies würde eine rein militärische Ausgabe von 16 Milliarden Dollar im Jahr nach sich ziehen. Die Zerstörungen im Lande und die getöteten Menschen sind hier selbstverständlich nicht eingerechnet.

Diese Dimension schreckt auch Kanzler Schröder und Außenminister Fischer - beide haben eine Beteiligung der BRD (für ihre Verhältnisse klar) abgelehnt. Auch der britische Premierminister Blair geht mittlerweile auf Distanz. Und selbst die bourgeoisen Lohnschreiber von "Frankfurter Allgemeine Zeitung" sowie "Hamburger Abendblatt" mahnen zur Zurückhaltung.

Wolfgang Schäuble, im Falle eines Wahlsieges der CDU/CSU für den Außenminister vorgesehen, lehnt die Ablehnung des Kriegseinsatzes ab, weil die Bundesregierung damit den internationalen Bemühungen in der Irak-Krise schade. Wir erinnern uns: der konservative Kohl-Prinz hat auch schon vehement für den Einsatz der Bundeswehr im Innern geredet.

Der Kandidat Stoiber warnt vor "Panikmache". Ruhe vor dem Krieg und Zustimmung zum Krieg seien des Bürgers erste Pflichten.

Ein Hauch von Lagerwahlkampf geht durch das Land. Die sich andeutenden und herausbildenden Differenzen sind zu vertiefen.

Die Gegenwart ist zu verstehen, der Kriegshetze ist zu widerstehen, Frieden ist die kompromißlose Alternative zum Krieg.

In dieser heiklen Lage hat die Friedensbewegung hohe Verantwortung und große Wirkungsmöglichkeiten.

Für oder wider den Krieg - daran sind alle zu messen!

 





Demonstration

 

 

Antikriegstag 2002

 

 

Für Frieden und soziale Entwicklung
Keine Stimme für den Krieg!

 

 

Samstag, den 31. August 2002 um 12 Uhr
"Kriegsklotz", U-Bahnhof Stephansplatz/Dammtorbahnhof

 

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Der Streit um die Kriegsbeteiligung

"Erträgt man nicht die Tatsachen
Dann muß man die Augen zumachen.
Dann sagt man, damit man die Schrecken vergißt
Mitten im Krieg einfach: daß Frieden ist.
Und es brüllen ja auch keine Kanonen
Wo Menschen in nassen Häusern wohnen."
Bertolt Brecht, "Die Drei Soldaten".

Der US-amerikanische "Verteidigungsminister" Rumsfeld bekräftigte den militärischen Angriffswillen der Bush-Administration gegen den Irak: Auch eine Rückkehr der UN-Mission zur Waffeninspektion in den Irak genüge nicht, um Washington von seinen Angriffsplänen abzubringen.

Und obwohl der Texaner Bush verkündet, es gebe noch keinen Zeitplan für die massive Militärintervention, sei der Irak (unter der Regierung Saddam Husseins) "bis zum Beweis des Gegenteils ein Feind der Vereinigten Staaten". Wer soll das Gegenteil beweisen?

Die Konsultation der NATO-"Verteidigungsminister", die sich Ende September (in Prag!) treffen wollen, und das für November geplante NATO-Gipfeltreffen (in Warschau!) werden gewiß dazu dienen, die NATO-Staaten auf die Feldzuglinie der gegenwärtigen US-Politik zu bringen.

Etwas schräg spricht Gerhard Schröder gegen eine Beteiligung der Bundesrepublik an dem Krieg gegen den Irak, wenn er dies einen "deutschen Weg" nennt. Der "deutsche Weg" war von Bismarck bis 1945 "der Griff nach der Weltmacht" (Fritz Fischer). Von 1945 bis 1990 war der deutsche kapitalistische Expansionismus und Militarismus gezähmt - seither soll wieder die "Normalität" des auch Militärischen in der Außenpolitik gelten.
Insofern sind die Aussagen von SPD-Kanzler sowie grünem Außenminister - trotz Jugoslawien, Afghanistan und alledem - skeptisch zu begrüßen, wenn von dort verlautbart wird, die Bundesrepublik werde sich nicht mit Geld und Waffengang an dem Krieg gegen den Irak beteiligen - auch mit einem UN-Mandat nicht.

Die Friedensbewegung hat darauf zu achten sowie dafür zu wirken, daß, wie schon öfter erlebt, aus einem sozialdemokratischen Nein kein Ja,Aber, daß aus dem Ja,Aber kein kleinlautes Ja wird!

Der Kandidat Stoiber, Freund von Familie, Vaterland und Vertriebenenverbänden, heuchelt allemal, wenn er meint, der Begriff "deutscher Weg" sei "sehr mißverständlich" und rufe Ängste hervor. CDU/CSU ist sowieso rundum für Aufrüstung und internationale Kriegseinsätze. Der Rest ist Wahlkampfgeklingel.

Vernünftig bleibt die prinzipielle und weltweite Überwindung des Militärischen. Daher ist auch sinnvoll, Sozialdemokraten, Grüne und Gewerkschaften massiv in ihren Kriegszweifeln zu bestärken.


 

Demonstration
Antikriegstag 2002

Für Frieden und soziale Entwicklung!
Keine Stimme für den Krieg!

Samstag, 31. August, 12 Uhr,
"Kriegsklotz", Dammtordamm, U-Stephansplatz / S-Dammtor

 

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Krieg als Kompetenz?

"Schwarzer, Weißer, Brauner, Gelber!
Endet ihre Schlächterein!
Reden erst die Völker selber
Werden sie schnell einig sein."
Bertolt Brecht, "Solidaritätslied".

Wolfgang Schäuble, im sogenannten Kompetenzteam von Edmund Stoiber verantwortlich für Außenpolitik, einst Kronprinz von Helmut Kohl, wegen der CDU-Spendenaffäre aus der ersten Reihe der CDU genommen, eifriger Befürworter der Bundeswehreinsätze auch im Inneren des Landes, spricht in einem Interview der "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" vom 18. August relativ klare Worte: Eine CDU/CSU dominierte Bundesregierung werde sich "mit großer Intensität um die Wiederbelebung der engen Partnerschaft zu den Vereinigten Staaten kümmern."

Wie ist das zu verstehen?

"Rot-Grün vermeidet - nach den nur unter großen Schmerzen zustande gekommenen Entscheidungen für einen Militäreinsatz im Kosovo und in Afghanistan - jeden Schritt einer weiteren militärischen Verantwortungsübernahme."

Worin besteht diese sogenannte Verantwortung?

"Die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, vor allem Nuklearwaffen, ist die größte Sicherheitsgefahr - insbesondere in Verbindung mit Terrorismus und einer asymmetrischen Kriegsführung."

Hier wird plump unterschlagen, welche Länder hauptsächlich Nuklear- und andere Waffen produzieren, stationieren und exportieren. Das Terrorismusverdikt soll herhalten für die Verschleierung von schlichten ökonomischen Interessen.

Was soll eine deutsche Bundesregierung tun?

"Mit dieser Einschätzung (Terrorismus etc., s.o.) läßt man die amerikanische Regierung bewußt allein. Das ist auch bequemer, denn letztlich verhält sich die Regierung Schröder/Fischer wie ein außenpolitischer Trittbrettfahrer, der weiß, daß andere für ihn die Arbeit tun."

Schäuble will also eindeutig eine wesentlich konsequentere Militarisierung der Außenpolitik als die jetzige rot-grüne Administration in Berlin sie schon betreibt - den massiven Militäreinsatz gegen den Irak eingeschlossen.

Dies entspricht auch voll dem CDU/CSU-Wahlprogramm, in dem unzweideutig die spürbare Anhebung des Rüstungshaushaltes, der Einsatz der Bundeswehr im Innern für Aufgaben von Polizei und Grenzschutz sowie die Änderung ("Flexibilität") der Rechtsgrundlagen für den außenpolitischen Einsatz des Militärs gefordert bzw. angestrebt wird.

Die alten Krieger werden nicht müde.

Rot-Grün ist keine Freude, Stoiber & Co werden es noch weniger sein.

Auch die Friedensbewegung darf nicht müde werden. Sie hat die Kompetenz dazu.


 

Demonstration
Antikriegstag 2002

Für Frieden und soziale Entwicklung!
Keine Stimme für den Krieg!

Samstag, 31. August, 12 Uhr,
"Kriegsklotz", Dammtordamm, U-Stephansplatz / S-Dammtor

 

 

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Noch einmal: Gegen den Krieg!

"Noch bin ich eine Stadt, doch nicht mehr lange.
Fünfzig Geschlechter haben mich bewohnt
Wenn ich die Todesvögel jetzt empfange:
In tausend Jahr erbaut, verheert in einem Mond."
Bertolt Brecht, "Kriegsfibel" (1955), (Zu diesem Vers ist ein Bild des Hafens von Liverpool zu sehen,
der während des Zweiten Weltkriegs von deutschen Bombern angegriffen worden ist).

Das groß angelegte "Fernsehduell" zwischen Kanzler Schröder und dem Kandidaten Stoiber war schlicht langweilig. Die mögliche Kontroverse ist ausgeblieben. Die Herren waren scheu.

Ex-Kanzler Kohl hingegen, Helmut der Zweite (sein Konterfei ähnelt mittlerweile eher einem Apfel als einer Birne), hat im Bayernzelt auf dem Hamburger Dom vor ca. 1000 Seniorinnen und Senioren der CDU kein Blatt vor den Mund genommen und vollmundig behauptet, "die sozialistische Verleumdungswelle rollt wieder" (gegen Stoiber), sowie die rot-rote Koalition in der Stadt Berlin als "Schande für Deutschland" bezeichnet. So weit, so deutlich.

Ein ehemaliger konservativer Regierungschef, kräftig geschmiert von der Rüstungsindustrie, muß so sprechen.

Mehr Kontrahenz von der anderen Seite des politischen Spektrums täte sich also lohnen, denn wie sich Parlament und Regierung hinkünftig zu der Frage Krieg oder Frieden positionieren, ist von einiger Bedeutung für das internationale Handeln der Bush-Administration.

Laut einer Gallup-Umfrage sinkt die Zustimmung der US-Bürger zu einem Truppeneinsatz, um den irakischen Präsidenten zu stürzen. Waren im November vergangenen Jahres noch 74% dafür, gaben vor zwei Monaten nur 61% ihre Zustimmung; in der aktuellen Umfrage ist die Bejahung auf 53% abgesunken. Entsprechend ist die Ablehnung eines solchen Militäreinsatzes gestiegen. Besonders aufschlußreich ist das Ergebnis der Befragung, wenn die Unterstützung der Verbündeten ausbleiben sollte: dann sind nur noch 20% für einen US-Angriff, 28% dagegen. Ein sogenannter Alleingang wird somit schwerlich zu machen sein.

Insofern ist die Zutat scharfer Würze für die kommenden Wahlauseinandersetzungen durchaus angebracht.

Gegen Rechts hilft die Pauke, der Sozialdemokratie gehört Beine gemacht, und die Wahl einer konsequenten Antikriegspartei kann auch nicht schaden.

Alles in allem kommt es darauf an, mündig zu agieren und die Friedensbewegung zu stärken, denn Krieg ist die Zerstörung der Kultur - das sollten wir wissen.


 

Demonstration
Antikriegstag 2002

Für Frieden und soziale Entwicklung!
Keine Stimme für den Krieg!

Samstag, 31. August, 12 Uhr,
"Kriegsklotz", Dammtordamm, U-Stephansplatz / S-Dammtor

 

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Der Kandidat kommt nach Hamburg

"Schills Forderungen sind nicht neu, 80 Prozent decken sich mit denen der CDU."
Edmund Stoiber, "Tagesspiegel", 30.9.'01.


"Und jeder strebte nur immer danach, so ein Amt, so eine Stellung zu bekommen - hatte er die, ergab sich das Übrige von selbst. Das Übrige war: sich ducken und regieren und herrschen und befehlen."
Kurt Tucholsky, "Der Untertan", 1919.

 

Ja, nicht neu ist in der Tat: Kapitalsteuern senken und die Löhne auch; Ordnungsstaat statt Sozialstaat; der Ausländer ist an fast allem schuld oder ein nützlicher Arbeiter; Eliten in der Bildung sind ein absolutes Muß; die Militärausgaben sollen steigen, die Kriegseinsätze auch; Rassismus und Nationalismus gibt's gratis als Begleitmusik - ansonsten ist Ruhe erste Bürgerpflicht!

Schill hat im Bundestag bewiesen, daß er der Mann für's Grobe ist.

Sein unverhohlener Rassismus im Parlament macht deutlich, wohin es gehen soll, wenn die Reise scharf nach rechts geht: in den autoritären Untertanenstaat.

Edmund Stoiber, politischer Ziehsohn von Franz Josef Strauß, tritt bedeckter und moderater auf. Er will ja die Mehrheit erringen. Das erfordert mehr Geschick und Zurückhaltung.

Sein Grundprinzip ist aber ebenfalls die Steigerung der allumfassenden gesellschaftlichen Konkurrenz: "Wettbewerb ist den Menschen angeboren. Fairer, regelkonformer Wettbewerb ist menschlich und human." (Grundsatzrede im Französischen Dom zu Berlin am 26.6.02)

Dafür soll, laut CDU-Programm, auch schon mal die Bundeswehr im Innern eingesetzt werden - zusätzlich zu den Auslandseinsätzen.

Der angestrebten Steigerung privater Gewinne entspricht die Vermehrung der Armut, die Zerstörung des Sozialstaates, das biologistische Menschenbild, die Sündenbockfunktion des Rassismus, die Züchtigungsmaßnahmen gegen die Opposition und die Dynamisierung der Konkurrenz.

Stoiber ist smarter und beherrschter als Schill, aber nicht minder ernst zu nehmen.

Der Kandidat kommt nach Hamburg.

Der Untertan an der Spitze der Zentralregierung?

Nein, danke!

 





Kundgebung des Hamburger Bündnisses gegen Rechts
gegen den Stoiberauftritt in Hamburg

"Zeit für Taten", Stoiber verhindern!

Donnerstag, den 5.9. 2002, um 17 Uhr, Stephansplatz, U-Stephansplatz / S-Dammtor
Stoiber ist um 18 Uhr auf dem Gänsemarkt

 

 

 

 

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Freiheit ist auch die Freiheit von Militarismus

Condoleezza Rice: "Was uns bedroht, ist der internationale Terrorismus und möglicherweise auch Massenvernichtungswaffen in der Hand von feindlichen Staaten, die unter Umständen auch noch den Terrorismus unterstützen."
Die Sicherheitsberaterin der US-amerikanischen Regierung im "SPIEGEL-GESPRÄCH", "SPIEGEL" Nr. 36/2002.


"Der Mann mit dem weißen Kittel schrieb Zahlen auf das Papier.
Er machte ganz kleine zarte Buchstaben dazu.
Dann zog er den weißen Kittel aus und pflegte eine Stunde lang die Blumen auf der Fensterbank. Als er sah, daß eine Blume eingegangen war, wurde er sehr traurig und weinte.
Und auf dem Papier standen Zahlen. Danach konnte man mit einem halben Gramm in zwei Stunden tausend Menschen totmachen.
Die Sonne schien auf die Blumen.
Und auf das Papier."
Wolfgang Borchert, "Lesebuchgeschichten".

 

Tony Blair bekundet, Großbritannien sei bereit, den USA "Blutzoll zu entrichten"; Frankreichs Präsident Jacques Chirac ist zu einem Krieg gegen den Irak nur bereit, wenn ein UNO-Mandat dafür vorhanden ist; Schröder und Fischer sagen für die deutsche Bundesregierung aus, sie seien gegen die Kriegsbeteiligung, auch mit UNO-Mandat.

Die westeuropäischen Regierungen sind uneinig über die Beteiligung an dem massiven Militärschlag der USA gegen den Irak. (Was allerdings nicht daran hindert, daß schon jetzt das Land durch die USA und Großbritannien bombardiert wird.)

Die Anschläge vom 11. September letzten Jahres sind zerstörerische Gewalttaten und durch nichts zu rechtfertigen.

Aber Freiheit, wie sie Bush & Company meinen und praktizieren, bringen ungleiche internationale Entwicklung, Armut, Hunger, Gewalt, Verzweiflung und Krieg hervor.

Terror ist durch Krieg nicht zu bekämpfen, sondern Krieg bringt neue Gewalt hervor.

Das Budget des US-Verteidigungsministeriums beläuft sich in diesem Jahr auf 331 Milliarden $. Bis zum Jahre 2007 soll dieser Etat auf 451 Milliarden $ aufgestockt werden. Die Rüstungskonzerne bekommen neue, größere Aufträge. Die Aktien von Unternehmen wie Lockheed Martin, Raytheon, General Dynamiks und Northrop Grumman hatten bereits im vergangenen Jahr (wider den allgemeinen Abwärtstrend) einen Zuwachs von 3 %. Dies sind auch gewaltige Interessen Krieg zu führen und den Charakter der Politik zu bestimmen. Die USA mit einem Anteil an der Weltbevölkerung von 5% hatten bereits vor dem 11. September im letzten Jahr 36 % des weltweiten Rüstungsetats - die Entwicklungstendenz geht auf 50 % der weltweiten Rüstungsausgaben zu.

Schuldenmoratorien, Umweltabkommen, Entwicklungshilfe, Sozial-, Bildungs-, Gesundheits- und Kultureinrichtungen könnten damit zuhauf finanziert und realisiert werden.

Dies wären die besten Maßnahmen für eine humane, soziale, demokratische Entwicklung in allen Ländern und würde jeglichem Terror und jeglicher destruktiver Verzweiflung den Boden entziehen.

Krieg schafft keinen Frieden. Frieden ist mehr als die Abwesenheit von Krieg. Eine andere Welt ist die Angelegenheit aller.


 




Demonstration
"Kein Krieg gegen den Irak!
Auch Krieg ist Terror!"
Veranstalter: Hamburger Forum
für weltweite Abrüstung und Völkerverständigung

Mittwoch 11. September 2002, Beginn: 17 Uhr Kriegsklotz (U-Stephansplatz / S-Dammtor)

 

 


 

 

Die Liste LINKS lädt ein:

Nein zum Krieg gegen den Irak!
Zur aktuellen Situation und
den Möglichkeiten der Friedensbewegung

Veranstaltung mit
Sylvia-Yvonne Kaufmann
(stellv. Vorsitzende der linken Fraktion im Europäischen Parlament und
Mitglied des Parteivorstandes der PDS)

Montag, den 16.9.'02, 18 Uhr,
Kokoschka-Hörsaal (D), Phil-Turm, VMP 6

 

 

 

 

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Die Hoffnung steigt mit dem eigenen Engagement
Eine Woche vor der Wahl

"Über das Denken
Me-ti lehrte: Das Denken ist ein Verhalten des Menschen zu den Menschen. Es beschäftigt sich viel weniger mit der sonstigen Natur; denn zu ihr geht der Mensch stets den Umweg über den Menschen. Bei allen Gedanken muß man also die Menschen suchen, zu denen hin und von denen her sie gehen, dann erst versteht man ihre Wirksamkeit."
Bertolt Brecht, "Me-ti/Buch der Wendungen".


Nach einer jüngeren Umfrage des Emnid-Instituts (im Auftrag von "Welt" und "Welt am Sonntag") zum hamburgischen Wahlverhalten zeigen sich bemerkenswerte Veränderungen: Wäre momentan für die Bürgerschaft zu wählen, käme die SPD auf 40% (2001: 36,5%) und die GAL auf 11% (2001: 8,6%). Die CDU stiege auf 32% (26,2%), die "Schill-Partei" würde von 19,4 auf 10% abstürzen. Die FDP käme mit 4% (5,1%) nicht mehr in die Bürgerschaft.

Für die Bundestagswahl sind laut der genannten Umfrage in Hamburg folgende Ergebnisse zu erwarten: SPD 42%, Grüne 11%, CDU 31%, "Schill-Partei" 5%, FDP 7%. Die "Sonstigen" (auch die PDS) sind in den Auflistungen nicht erwähnt.

Der Rechtssenat hat in jedem Falle seine Mehrheit verloren. Dumm gelaufen.

Die Zerstörung des Sozialstaates, die autoritäre Ordnungspolitik, das Streichen von Förderungen sozialer und kultureller Einrichtungen und auch die rassistischen Ausfälle (nicht nur) des Innensenators Schill haben deutlich gemacht, daß der Rechtssenat eine enorme Verschlechterung der Lebensbedingungen bedeutet.

Der eindeutige politische Stimmungsumschwung ist ebenso als eine klare Absage an den rechten Kanzlerkandidaten Stoiber zu werten.

Die außerparlamentarischen Bewegungen haben entsprechend in die Wahlauseinandersetzungen eingegriffen.

Die Friedensbewegung hat sich gegen den Krieg gegen den Irak gewandt und sich mehrmals energisch für Abrüstung, zivile Konfliktregulierung und sozialen Fortschritt weltweit ausgesprochen; sozialpolitische Bündnisse sind gegen die Destruktion des Senats und für den Erhalt sozialer sowie kultureller Einrichtungen auf die Straße gegangen; das Hamburger Bündnis gegen Rechts hat eindrucksvoll zu dem Auftritt von Edmund Stoiber in Hamburg mobilisiert und deutlich gemacht, welche Ablehnung ein rechter Regierungswechsel in Berlin findet.

Der Wahlkampf in Hamburg war stark mitgeprägt durch die Aktivitäten der außerparlamentarischen Bewegungen bzw. das Engagement für kritische Vernunft und die Verbesserung der allgemeinen Lebensbedingungen. Je mehr Menschen davon überzeugt sind, desto mehr läßt sich in diesem Sinne auch praktisch bewegen.

Bessere Wahlentscheidungen sind auch eine Folge dieses Engagements.

Aufklärung, Kritik, Opposition und fordernd assoziiertes Handeln lohnt sich also - immer und für alle.


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Die Erde dreht sich weiter
Zur Bundestagswahl

"Die Wahrheit ist etwas Kriegerisches, sie bekämpft nicht nur die Unwahrheit, sondern bestimmte Menschen, die sie verbreiten."
Bert Brecht, "Fünf Schwierigkeiten beim Schreiben der Wahrheit", 1935.

"Von der neuen Regierung erwarten wir den Willen, gegen alle Bedenkenträger mit einem klaren Ziel zu handeln. Dieses Ziel heißt: In Deutschland müssen die wettbewerbsfähigsten Industrien zu Hause sein."
Helmut Panke, Vorstandvorsitzender der BMW Group.


Die deutsche Republik ist durch die Wahlkurve geeiert: Der politische Straußzögling Stoiber droht nicht, Kanzler zu werden; Rot-Grün hat eine knappe, aber eindeutig ausreichende Mehrheit; Möllemann scheitert selbst bei der stramm neoliberalen FDP mit seinem Antisemitismus; die PDS hat wegen zu viel Bravheit zwischen den großen politischen Blöcken Federn lassen müssen und ist nur mit zwei Abgeordneten im Bundesparlament vertreten.

In Hamburg hat der Schwarz-Gelb-Schill-Senat eine kräftige Ohrfeige erhalten. Das politische Gelände in der Hansestadt kann und muß neu sortiert werden.

Kaum ist das Wahlergebnis amtlich, wird auch von entsprechend ambitionierter Seite auf die bald neuen Regierenden Druck ausgeübt: Industrie- und Wirtschaftsverbände, Manager und andere Privatgewinner fordern bessere "Investitionsbedingungen", d.h. geringere Steuern, niedrigere Löhne, weniger Mitbestimmung und die weitere Privatisierung öffentlicher Sozial-, Gesundheits-, Bildungs- und Kultureinrichtungen - also die verstärkt fortgesetzte Verschlechterung sozialer und kultureller Lebensbedingungen bzw. die Verrohung des gesellschaftlichen Alltags durch die Erhöhung des umfassenden Konkurrenzdrucks.

Diese Linie der allgemeinen Verrohung findet auch Ausdruck in der nachdrücklichen Forderung, die kommende Bundesregierung solle ihr Verhältnis zu den USA und deren Kriegspolitik devoter und kriegsbereiter gestalten.

Damit sind alle gefordert: Die Friedensbewegung, Gewerkschaften, andere soziale Bewegungen müssen hier Gegendruck, eigene Konzepte und Forderungen entfalten sowie gesellschaftlich relevante Veränderungsdebatten in Gang bringen.

Frieden und sozialer Fortschritt können gegen die Dekadenz zivilisatorischer Errungenschaften realisiert werden.

Viele bestimmte Menschen können das verbreiten.

Karl Marx

Kritisch oder realistisch? Beides.

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Jakobinersperling