Sommersemester 2000

Flugblätter
 

Inhalt:
 
 
00-04-01 Semesteranfangszeitung der Liste LINKS
00-04-02 Konto überzogen.
00-04-03 Das Überleben der Stärksten. Die extreme Rechte und der Neoliberalismus als der „totale Markt“ (gemeinsames Flugblatt mit der juso hochschulgruppe)
00-04-04 Networking statt Interessenvertretung? Über einen neuen Trend der Durchwurschtelei
00-05-01 Was sei die „neue Weltordnung“? Zum 8. Mai.
00-05-02 Nur Mut! Zur Richtung studentischer Kritik
00-06-01 Bildung für Alle! Zum Beschluß der Kultusminister zur möglichen Einführung von Studiengebühren
00-06-02 Die Macht der Unbotmäßigkeit. Zu den bundesweiten Demonstrationen gegen Studiengebühren am 7.6.2000
00-06-03 Produktive Demokratie. Die Universität positioniert sich zur Novellierung des Hamburgischen Hochschulgesetzes
00-07-01 Konzilswahlzeitung der Liste LINKS
00-07-02 Hiroshima und Nagasaki – aus der Geschichte läßt sich lernen!
00-07-03 Demokratie statt Geschichtsvergessenheit. Zum Entwurf der Neuordnung des Hamburgischen Hochschulgesetzes (HmbHG)
00-09-01 Paragraphen fallen nicht vom Himmel. Der Entwurf zum neuen Hamburgischen Hochschulgesetz (HmbHG) trifft an der Universität auf entschiedene Ablehnung (gemeinsame Zeitung von juso-hsg und Liste LINKS zur Novellierung des Hamburgischen Hochschulgesetzes)

 



Semesteranfangszeitung der Liste LINKS
Sommersemester 2000
 

Das Weltbild der Handelskammer 


„Daß wir die moralische Akzeptanz für Deutschland wieder gewinnen konnten, verdanken wir auch den mutigen Frauen und Männern des Widerstands mit ihrem – wenn auch vergeblichen – Versuch, unser Land aus eigener Kraft von der Diktatur zu befreien.“
(Nikolaus W. Schües, Präses der Handelskammer Hamburg, Jahresschlußansprache vor der „Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg e.V.“, 31.12.1999)


Kapitalismus all over the world. Mittels eines Binnenmarktes von „Vancouver bis Warschau“ und abgesichert durch das militärische Drohpotential von NATO und Bundeswehr soll die Durchkapitalisierung des gesamten Globus durchgesetzt werden. So zumindest fordert es N. W. Schües, der Präses der Handelskammer Hamburg, in seiner Jahresschlußansprache vor der oben genannten Versammlung. „Deutschland“ solle die „eigenen Ziele und Interessen unverkrampft vertreten.“

Jedoch ist dies nicht ohne weiteres durchzusetzen, gebietet doch die historische Erfahrung aus zwei Weltkriegen taktisches Geschick sowie hohen Legitimationsaufwand seitens der deutschen Wirtschaft für den machtpolitisch ökonomischen Ausgriff in die weite Welt.

Da sich die Geschichte nicht verdrängen läßt, wird sie von Schües im Interesse des Kapitals umgedeutet. Der Widerstand im Faschismus wird dafür genutzt, Akzeptanz für die erneute Ausdehnung der Ausbeutung zu schaffen. Dabei wird geflissentlich verschwiegen, daß der antifaschistische Widerstand wesentlich von den Kräften der Arbeiterbewegung getragen wurde und sich gerade gegen die Barbarei des Kapitals richtete, welches zur Sicherung der eigenen Profite die politische Diktatur der „Nationalsozialisten“ befördert und in Kauf genommen hatte.

Aus dem Kampf gegen Ausbeutung wird das Werben für die Ausbeutung – aus der Dynamisierung des Kapitalismus wird der Segen einer fortschrittlichen Gesellschaftsentwicklung. Weil die „Kluft zwischen armen und reichen Weltregionen“ verringert werden solle, muß nicht etwa die Ausbeutung der Entwicklungsländer durch die Industriestaaten überwunden, sondern müsse deren „freier Marktzugang“ gewährt werden. Für die Überwindung von Kriegen muß nicht etwa abgerüstet, sondern müsse die Bundeswehr für Auslandseinsätze fit gemacht werden. Die Neuaufteilung der Welt unter den imperialistischen Monopolen bedeutet nicht in erster Linie Krieg, sondern „günstige Telefontarife oder sinkende Strompreise.“

Die Deutung der Geschichte, die Bewertung der Gegenwart, die konzeptionelle Festlegung zukünftiger Entwicklung sowie die daraus zu realisierenden gesellschaftspolitischen Handlungskonsequenzen sollten jedoch nicht denjenigen überlassen werden, die gesellschaftliche Entwicklung wesentlich in eigene Profitmaximierung ummünzen wollen.

Statt dessen gilt es, gegen die herrschende Deutung gesellschaftlicher Verhältnisse kritische wissenschaftliche Praxis zu entwickeln, sich die historische Gewordenheit widersprüchlicher gesellschaftlicher Verhältnisse anzueignen, um qualifiziert und organisiert dafür wirken zu können, daß die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen überwunden wird.



Wollen, was man soll ?

In der ‘modernen’ Hochschule geht’s pragmatisch zu: Überfüllte Seminare? Durch den Eingangstest wird ausgesiebt! Drohende Studiengebühren? Ordentliche Leistung verlangt nun einmal ihren Preis! Unzureichende Ausstattung? Mal freundlich beim Sponsor nachgefragt! Und für die gesellschaftlichen Probleme weiß man in der Hochschule wissenschaftliche und privatwirtschaftliche Kompetenz zusammenzuführen. Dem Problem massenhafter Erwerbslosigkeit begegnet man mit einer Vorlesungsreihe im Allgemeinen Vorlesungswesen der Universität (SoSe 200) – gefördert u.a. von der Handelskammer – mit dem Titel „Existenzgründung I (Theorie)“, in der die Not, frei von Arbeit zu sein, zur Tugend gemacht wird: Man braucht nur ein „Existenzgründungskonzept“ (Vorlesung am 10.4.), diverse technische Fertigkeiten („Betriebliche Aufzeichnung und ihre Bedeutung für die Unternehmenssteuerung“, 22.5.), ein Geld („Finanzierung und öffentliche Förderung“, 15.5.) und die Kenntnis juristischer Kniffe („Die Rechtsformenwahl und das Recht der Firma“, 5.6.), und fertig ist die „Existenzgründung aus der Arbeitslosigkeit“ (3.7.). Die „Theorie“ ist: Du seist Chef und Angestellter in einer Person. Und alle Personen hetzen einzeln auf den Markt, um sich gegeneinander zu verkaufen – wer für die „Karriere“ (lat.-frz. Ursprungs: „Rennbahn, Laufbahn“) nicht taugt, soll untergehen.

Freudig-grinsend sollen sich alle je einzeln in der Konkurrenz behaupten und ihre Bereitschaft zu verwertungsserviler ‘Leistung’ immer wieder aufs Neue unter Beweis stellen. Wissenschaft und Bildung sollen nicht den einzelnen für den kooperativen Prozeß qualifizierter Gesellschaftsaneignung allgemein nützlich sein, sondern als Standort-Wurmfortsatz die ‘wissenschaftliche’ Formung des „Rohmaterials“ (N. Schües, Präses der Handelskammer) Student erbringen, auf daß die wissenschaftliche Subjekte das fremde ökonomische Verwertungsinteresse zu ihrem ‘eigenen’ machen. Wollen, was man soll.

Nichts sei in Zweifel zu ziehen; Konkurrenz, Kosten-Nutzen-Prinzip, Bescheidenheit – in Akzeptanz der Privatisierung öffentlicher Aufgaben soll man noch schneller studieren, zur Entfremdung noch greller grinsen, die Devotion noch jubelnder bejahen. Denn der Markt ist in, die Konkurrenz ist der Natur des Menschen inhärent, und jedes Individuum hat das Recht, sich unterzuordnen: Egalität ist Zwang, Vernunft out und kooperativer Humanismus (bestenfalls) ein Fremdwort.

So wird die Willkür der bedingungslosen Profitheckerei und die Zufälligkeit kapitalistischer Anarchie aggressiv reproduziert. Diese selbstverschuldete Unmündigkeit ist zu überwinden, um Bedingungen durchzusetzen, in denen der Mensch dem Menschen nützlich und als zóon politikón, als „gesellschaftliches Wesen“, Subjekt der eigenen Geschichte wird. Daher sind Verstand und Kritik, praktische Aufklärung und Agieren im Bewußtsein historischer Erfahrungen nötig für die volle demokratische Verfügung über den gesellschaftlichen Prozeß.

Gegen den neoliberalen Umstrukturierungsdruck von der Kapitalseite sind daher die Hochschulen tätig zu verändern in sozial nützliche Institutionen, in denen alle Menschen sich gemeinsam für die Analyse und Lösung gesellschaftlicher Probleme genußvoll qualifizieren können. Der bewußte solidarische Kampf für die Schaffung einer solchen gesellschaftlichen Wirklichkeit ist die einzige sinnvolle übergreifende Lebensperspektive und somit auch und gerade an der Hochschule zu führen.



Spare in der Not, dann hast Du Zeit dazu
Zur Fünf-Punkte-Erklärung der Konferenz der Fachbereichssprecher („Dekanekonferenz“)
  

„Me-ti sagte: Hunger ist ein schlechter Koch.“
(Bert Brecht)


Auf einer Klausurtagung am 24.3. haben die SprecherInnen der universitären Fachbereiche eine Erklärung verabschiedet, in der die Ablehnung zu weiteren Einsparungen artikuliert ist: „Die Dekaninnen und Dekane fordern gemeinsam mit der Leitung der Universität Hamburg den Senat und die Bürgerschaft ... auf, der Universität Hamburg keine weiteren finanziellen Sparmaßnahmen mehr aufzuerlegen.“ (Punkt 5.)

Hierin kommt zum Ausdruck, daß die Sparlast durch die Zerstörung des universitären Bestandes nahezu unerträglich wird und nicht mehr getragen werden will, zumal, wenn die Kürzungen seit der Einführung des sogenannten Globalhaushaltes (eigene Verwaltung des zugewiesenen Budgets) selbständig und in Konkurrenz der Fachbereiche gegeneinander vorgenommen werden sollen.

Dieser Stopp-Appell bezieht sich allerdings nur auf weitere Kürzungsrunden nach 2001 – die bisherigen Restriktionen werden nicht in Frage gestellt – und wird hauptsächlich damit begründet, daß „das Ausmaß der Sparpolitik den Kurs der eigeninitiierten strukturellen Reformen und Innovationen in hohem Maße das“ gefährde.

Damit wird zum einen die sogenannte Konsolidierungspolitik des Hamburger Senates anerkannt, die Mittel und Ausdruck einer allgemeinen Umverteilungspolitik ist: Steuersenkungen für das Kapital bei gleichzeitig hohen Infrastrukturausgaben für die Standortkonkurrenz; defensive Arbeitsmarktpolitik, hohe Massenerwerbslosigkeit und damit auch sinkende öffentliche Einnahmen; finanzpolitische Beschränkung öffentlicher Einrichtungen und ihre kommerziell orientierte Umstrukturierung.

Zum anderen wird die gesellschaftliche Legitimation der Universität mit der Marktkonformität („...strukturelle Reformen und Innovationen...“) im internationalen Wettbewerb begründet (Präsident Lüthje: „Stichwort Green Card.“).

Die allgemeine Nützlichkeit der Universität im politisch-kulturellen mainstream beschleunigter Kapitalverwertung zu begründen, ist allerdings eine schwache Kampfposition, wenn es darum geht, die Universität mit hinreichend öffentlichen Mitteln auszustatten und verbleibt ohnehin auf der Ebene, daß es nicht schlimmer werden möge.

Kritische wissenschaftliche Qualifikation für demokratische Teilhabe, problemlösungsorientierte Kooperation zwischen den Fachbereichen sowie zwischen den Hochschulen mit anderen öffentlichen Einrichtungen und die Kritik der Universität an der gesellschaftlichen Umverteilungspolitik sind hingegen Inhalte und Zielpunkte für die Erarbeitung gemeinsamer Offensivität in Hinblick auf die positive Entwicklung der Hochschulen. So und dafür lassen sich auch begründet ausreichende Mittel fordern.



Wir über uns 

„Um sich gut zu wehren, muß man viel wissen. Man erobert auch keine Gesellschaft,
bevor man sie kennt.“
(Heinrich Mann, Die Macht des Wortes, 1936)


Wer die Gesellschaft kennt, kann sie erobern. Wissenschaftliche Erkenntnisse finden immer direkter Anwendung in der gesellschaftlichen Entwicklung, die Bedeutung der wissenschaftlichen Institutionen wächst.

Im Widerspruch zur Kommerzialisierung der Hochschulen steht die Möglichkeit massenhafter wissenschaftlicher Qualifikation als wesentlichem Bestandteil demokratischer Entwicklung. Die Gewinnung von kooperativer Einsicht in Ursachen, Widersprüche, Wirkungszusammenhänge und Prozesse gesellschaftlicher Verhältnisse zur humanistischen Gesellschaftsveränderung steht den Gewinnen durch internationale Konkurrenz unversöhnlich gegenüber.

Um für eine fortschrittliche Wissenschafts- und Gesellschaftsentwicklung politisch wirksam zu sein, haben wir uns im Dezember 1993 als Liste LINKS aus der Linken Liste, der Offenen AusländerInnenliste und Fachschaftsaktiven konstituiert. Wir engagieren uns für egalitäre soziale Bedingungen, in denen Qualifikation, Verfügung und solidarische Kooperation Grundlage und Inhalt menschlicher Vergesellschaftung sind.

Daraufhin arbeiten wir zusammen mit anderen fortschrittlichen Gruppierungen in den Gremien der akademischen Selbstverwaltung, in der studentischen Interessenvertretung und in den außerparlamentarischen Bewegungen. In Fachschaftsräten und Fachschaftsrätekonferenz, im AusländerInnenreferat, im Studierendenparlament, in Konzil und Akademischem Senat sowie im Hamburger Forum für Völkerverständigung und weltweite Abrüstung und im Hamburger Bündnis gegen Rechts wirken wir kritisch gegen die Zurichtung öffentlicher Institutionen und ihrer Subjekte auf kapitalkonforme Servilität und für den aufklärerischen und gesellschaftskritischen Einfluß der Mehrheit der Menschen zur Überwindung von Ausbeutung, Entfremdung und Konkurrenz, um die gleiche und freie Entfaltung aller Menschen als Grundbedingung allgemeiner Entwicklung zu erreichen.


Gegen die Haiderisierung der Politik –
Für Demokratie und sozialen Fortschritt !

Aufruf zur Demonstration gegen FPÖ-Regierungsbeteiligung in Österreich

Freitag, den 14.04.2000, 17 Uhr
Auftaktkundgebung am Platz der jüdischen Deportierten (Edmund-Siemers-Allee)
Zwischenkundgebung am Gänsemarkt
Abschlußkundgebung am Gerhart-Hauptmann-Platz, ca. 19 Uhr

Demonstration und Aufruf werden bislang unterstützt von:
Antifaschistische Jugend Bergedorf, Assoziation Marxistischer StudentInnen HH, AusländerInnenreferat Uni-AStA, Bundes-AG Kritischer JuristInnen, DKP HH, Fachschaftsrätekonferenz Uni, juso-hsg, Juso Landesverband HH, Linksruck, Liste LINKS, PDS HH
 

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Konto überzogen. 

„Bescheidenheit ist eine Zier, doch besser lebt’s sich ohne ihr.“


Im Zuge der angestrebten neoliberalen Umstrukturierung der Hochschulen in am Markt agierende Bildungsunternehmen steht die Diskussion um die Einführung von Studiengebühren wieder auf der politischen Tagesordnung: als „Steuerungsinstrument“ bekommen sie für das Gesamtanliegen zentralen Charakter, da sie das Kunden- und Dienstleistungsverhältnis an den Hochschulen durchsetzen sollen.

Allerdings ist die Einführung von Studiengebühren und die damit angestrebte Privatisierung von Bildung und Wissenschaft hart umstritten. Alleine in Hamburg konnten Anfang des Jahres knapp 8000 Unterschriften gegen jede Art von Gebühren gesammelt werden. Das Konzil der Universität HH hat einen Beschluß zur grundsätzlichen Ablehnung von Studiengebühren gefaßt.

Krista Sager, Hamburger Wissenschaftssenatorin und Mitglied der Grünen, hat sich nun aufgrund der zugespitzten Auseinandersetzung mit einem „Kompromißvorschlag“ in die öffentliche Diskussion eingemischt: Sie schlägt die Einführung von „Studienkonten“ vor, über die jedem Studierenden die kostenlose Nutzung von (vorerst noch) 200 Semesterwochenstunden zustehen soll. Werde die Semesterwochenstundenzahl im Studium unterschritten, so könnten diese für die spätere Weiterbildung genutzt werden, im Falle einer Kontoüberziehung würden Gebühren fällig. Mit diesem Modell solle die Diskussion um Studiengebühren „entschärft“ und das „grundständige Studium“ vor Gebührenerhebungen geschützt werden.

Dieser Vorschlag ist allerdings ein Scheinkompromiß. Prinzipiell wird mit dem scheinbaren Gegenvorschlag zur Einführung von Studiengebühren die Privatisierung und Kommerzialisierung von Bildung und Wissenschaft durch die Hintertür eingeführt. In Orientierung auf den reinen Tauschwert wird ideologisch „Freiheit” propagiert (die Stundeneinteilung nimmt jeder selbstbestimmt vor), durch den Mangel konditioniert und die Unterordnung mit der Drohung der baren Zahlung abgesichert.

Deshalb hält Frau Sager – grün und modern – Bildung auch für ein „knappes Gut“, Studierende für privilegierte Nutznießer und die Hochschulen für Dienstleister. Mit der Kontingentierung von Semesterwochenstunden soll ein „Anreizsystem“ geschaffen werden, das Studierende dazu anhält, „effizient“ zu studieren und Hochschulen zwingt, ihre Studiengänge „studierbar anzubieten“. Insgesamt soll ein höheres „Ressourcenbewußtsein“ realisiert werden.

Das Tauschwertprinzip in den Hochschulen wird so verschärft, der Verwertungsdruck erhöht: kostenlos bleibt lediglich das Pflichtprogramm, das gesamte Studium wird formalisiert und quantifiziert.

Mit kostbaren Semesterwochenstunden muß sparsam umgegangen werden, Bildung wird per Kontostand erkauft, Ziel ist, sich später besser verkaufen zu können. Beflissen mit der Chipcard den Kontostand prüfend, sollen Studierende das Vorgegebene eifrig erlernen und in Konkurrenz zu Anderen ein möglichst noch gefülltes Weiterbildungskontingent dem zukünftigen Arbeitgeber als „Startkapital“ vorweisen können, devot und stets gefügig den „Standort Deutschland“ voranbringend.

Der Wert der „Ware“ (Studierende) wird am Kontostand und die Wettbewerbsfähigkeit des „Betriebes” (Hochschulen und Lehrveranstaltungen) an der Einlösung von Semesterwochenstunden bemessen. Studiert und gelehrt wird nur noch, was möglichst wenig „kostet“ und zählbare „Leistung“ erbringt für den „ressourcenschonenden“ schnellstmöglichen Abschluß – Kosten-Nutzen-Rechnung als umfassendes Prinzip.

Lebenslanges Lernen, ein wissenschaftliches Studium, Interdisziplinarität, vergleichendes Studieren, das Aneignen von Kritikfähigkeit und gesellschaftskritische Wissenschaftsinhalte sind in diesem Modell nicht mehr vorgesehen – was sich nicht rechnet, darf nicht bleiben!
Gegen diese Entwicklung, die einzig den Warencharakter von Mensch, Bildung und Wissenschaft forciert, ist dafür zu wirken, daß Bildung und Wissenschaft zur Lösung sozialer Probleme und globaler Entwicklungswidersprüche beitragen und nicht der Mensch als „Ware“ sondern als „Subjekt“ im Mittelpunkt gesellschaftlicher und wissenschaftlicher Praxis steht. Nicht die Beschränkung, der Verzicht und die selbstpraktizierte Unterordnung, sondern das Streben nach demokratischer Qualifikation und umfassender Verfügung aller Menschen über ihre eigenen Lebensbelange muß Inhalt, Methode und Ziel hochschul- und wissenschaftspolitischer Entwicklung sein.
 

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Gemeinsames Flugblatt mit der juso hochschulgruppe

Das Überleben der Stärksten
Die extreme Rechte und der Neoliberalismus als der „totale Markt“
 

„Im Sein liegt ein Sollen. Dieses Sollen zu vernehmen und danach sein Leben auszurichten bedeutet,
die Schöpfungsordnung ‚zu bewahren‘ und damit ein gedeihliches Zusammenleben der Menschen zu garantieren.“
Joachim Kardinal Meisner, Erzbischof von Köln.


Jörg Haider, Leitwolf der FPÖ, hat den Rechtsextremismus in Österreich populär gemacht. Die soziale und ökonomische Krise sowie der Mangel an fortschrittlicher Strategie und gesellschaftlicher Bewegung zur Überwindung sozialer Ungleichheit haben die rechten Demagogen der FPÖ in die österreichische Regierung gehoben. In der BRD erfährt Haider Rückendeckung durch Stoiber & Co.

Die „Schöpfungsordnung“ bedeutet ungehinderte, allumfassende Konkurrenz, die Gesetze der direkten ökonomischen Verwertung im Kampf aller gegen alle sollen zur vollen Wirksamkeit kommen - was sich nicht rechnet, bleibt auf der Strecke. Die Stärksten überleben, Arbeitslose, „Sozialschmarotzer“ und „Buschneger“ haben keine Chance.

So ist auch nur logisch, wenn sich Jörg Haider positiv auf den deutschen Faschismus bezieht, indem er z. B. die Waffen-SS lobt.

Vernunftgeleitetes Handeln, orientiert auf das Allgemeinwohl; gewerkschaftliche Interessenvertretung als Gegenmacht zur ungezügelten Ausbeutung; sozialstaatliche Regulierung als Zivilisierung des Kapitalismus; repräsentative Demokratie und außerparlamentarische Bewegungen als Möglichkeiten demokratischer Partizipation; parteiliche Organisation zur Erreichung sozialen Fortschritts sind deshalb den Vertretern des rechtsextremen Neoliberalismus ein Greuel und sollen durch ökonomische Deregulierung, politische Eliteherrschaft und rechtspopulistische Volksbegehren eliminiert werden. Diese Brutalisierung gesellschaftlicher Verhältnisse wird durch die Ideologie der „Freiheit“ zur vollständigen Profitbildung und Unterwerfung aller unter die privatwirtschaftliche Verwertung legitimiert.


Den Zusammenhang von Neoliberlismus und Rechtsextremismus sowie die Alternative allgemein vernunftgeleiteten Handelns stellt dar:

Prof. Dr. Herbert Schui (Hochschule für Wirtschaft und Politik)
in der
Diskussionsveranstaltung
„Das Überleben der Stärksten – Die extreme Rechte und der Neoliberalismus“
am Mittwoch, den 19.4.2000 um 16 Uhr
im Philturm, Hörsaal C, Campus, Von-Melle-Park 5






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Networking statt Interessenvertretung ?
Über einen neuen Trend der Durchwurschtelei
 
„Ehrgeiz, Fleiß und eine gute Ausbildung reichen nicht aus, um im Beruf Erfolg zu haben - es kommt darauf an, die richtigen Leute zu kennen.“
„Net allein“, Leitartikel von Gonne Garling in „Uni Welt“, April 2000.
 

„Man ist Generaldirektor, oder man ist es nicht. Ich glaube: jeder kann es nicht werden. Es gehört wohl eine Art innerer Würde dazu, ein gußeiserner Halt im Charakter, verbunden mit einer ganz leisen, wehen Sehnsucht nach einem verhinderten Doktortitel... denn einen Titel muß der Mensch haben.“
Kurt Tucholsky, „Wie wird man Generaldirektor?“, 1930.


Ein altes Muster wird neu aufgelegt: Mit Hilfe des Diplom-Psychologen Matthias Burisch wird in dem oben zitierten „Welt“-Artikel dargelegt und behauptet, daß die Schaffung von „Netzwerken“ (Kleingruppen) dafür dienlich sei, die gesetzten Anforderungen der Universität meistern zu können, die Anonymität der Masseninstitution aufzubrechen und nach dem Studium einen Job zu bekommen. Hierfür sei der gemeinsame Kino- oder Kneipenbesuch förderlich. „Durchschleppen“ von Kommilitonen gilt nicht. So entstehe eine „Win-Win-Situation“.

Die Hauptfunktionen von Burschenschaften bzw. (auch schlagenden) Verbindungen soll so auf neue Weise erfüllt werden - ohne das Brimborium von Vaterland, Säbelrasseln und anderen reaktionären gesellschaftspolitischen Inhalten.

Die Welt ist, wie sie ist, man muß in ihr nur klar kommen, indem man die gesetzten Anforderungen eins zu eins erfüllt!

Hochschulpolitische Inhalte in den Orientierungseinheiten, studentische Interessenvertretung in Fachschaftsräten, Studierendenparlament und AStA (Allgemeiner Studierendenausschuß); akademische Selbstverwaltung mit studentischer Beteiligung und die politische Assoziierung in studentischen Gruppen sollen out sein. Die neoliberale Verwertungsideologie läßt grüßen.

Wer allerdings nicht unbedingt Generaldirektor werden und seinen Verstand behalten will, kann sich gemeinsam mit anderen für hinreichende Ausstattung der Uni, für soziale Absicherung und kritische Wissenschaftsinhalte, für kooperatives Lernen und sinnvolle Arbeit engagieren.

Die Möglichkeiten dafür sind vorhanden.
 

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Was sei die „neue Weltordnung“?
Zum 8. Mai
 
„Was am Ausgange dieses Krieges stehen muß und wird, ist klar. Es ist der Beginn einer neuen Weltvereinigung; die Schaffung eines neuen Gleichgewichts von Freiheit und Gleichheit; die Wahrung der individuellen Werte im Rahmen der Forderungen des kollektiven Lebens; der Abbau der nationalen Staatssouveränität und die Errichtung einer Gesellschaft freier, aber der Gesamtheit verantwortlicher Völker mit gleichen Rechten und Pflichten.“
(Thomas Mann, „Deutsche Hörer!“, November 1940)


Vor 55 Jahren, am 8. Mai 1945, trat nach der militärischen Befreiung vom Faschismus durch die Anti-Hitler-Koalition die bedingungslose Kapitulation des damaligen „Deutschen Reiches“ in Kraft. Deutschland wurde entwaffnet und einstweilen entmilitarisiert.

Für Antifaschistinnen und Antifaschisten jeglicher politischer Couleur standen, ähnlich den Maßstäben Thomas Manns, weitreichende Konsequenzen auf der Tagesordnung: Entmachtung von Großkonzernen und Großbanken, Entmilitarisierung und zivile Konfliktregulierung (UNO), Arbeit und soziale Absicherung, Demokratisierung der Gesellschaft und Verhinderung politischer Machtkonzentration.

„Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!“

Heute, am 8. Mai 2000, sind wir wieder weit davon entfernt. Gut ein Jahr nach dem Beginn des NATO-Angriffskrieges mit Beteiligung der BRD; mit offiziell 4 Millionen Erwerbslosen, hoher politisch-ökonomischer Machtkonzentration und der Brutalisierung der sozial-kulturellen Verhältnisse, schlägt die sogenannte Weizsäcker-Kommission die Erhöhung der Interventionsfähigkeit der Bundeswehr vor. Modernisierung durch hochtechnisches Gerät, Straffung der Organisation und Verkleinerung der gesamten Truppenstärke sollen die bundesdeutsche Armee weitestgehend zu einer internationalen Interventionsarmee umformieren.

Nie wieder Krieg?

Die mit der Befreiung vom Faschismus verbundenen Forderungen, Maßstäbe und Erkenntnisse haben aktuell deshalb weniger denn je ihre Relevanz verloren.

Die eigene Befreiung der Menschheit aus der bedingten Unmündigkeit ist ohne die Befreiung von Militarismus und Krieg nicht möglich.

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Nur Mut!
Zur Richtung studentischer Kritik
 
 
„Nicht vergessen! Studentische Proteste gab es auch in den letzten beiden Jahrzehnten. Sie waren so unwirksam wie die Unruhen der 60er, vielleicht aber lustiger. Und diesmal prallten die Studenten nicht gegen Widerstände – sie wurden einfach ‚totgelobt’.“
(„Lucky Streiks“ Frankfurter Allgemeine hochschul-anzeiger, Mai 2000)


Ingenieure als „Tüftler“ sind out, gründliches wissenschaftliches Arbeiten ist nicht mehr up to date, gefragt seien die Internetfreaks, Existenzgründer und -gründerinnen und der Verkauf von Diplomarbeiten („ganz frisch“).
 

Desgleichen haben laut „hochschul-anzeiger“ der FAZ fortschrittliche studentische Interessenvertretung, Gesellschaftskritik, Widerstand gegen Restriktionen und Forderungen für die Verbesserung der Studienbedingungen keine Gültigkeit mehr – der Markt mit seinen Forderungen nach Wissenschaft just in time wird alle und alles richten.

Das „Humankapital“ (Studierende) schickt sich nun aber wieder an, aufmüpfig zu werden. Mit den geplanten und fortgesetzten Aktivitäten gegen Studiengebühren ist ein empfindlicher Punkt der gewollten gesamten Kommerzialisierung der Wissenschaften berührt: Das Kosten-Nutzen-Prinzip direkter ökonomischer Verwertung soll auf das Studium und die Studierenden gestülpt werden.

Dagegen hat sich das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren (ABS) gebildet und ruft zu Aktionstagen (29. - 31.5 in Hamburg) und zu bundesweiten Demonstrationen (7.6.) auf.
Demokratische Teilhabe an wissenschaftlichen Entscheidungsprozessen, kritische Wissenschaftsinhalte, bedarfsgerechte Ausstattung der Hochschulen, soziale Absicherung der Studierenden und die Einheit von Forschung, Lehre, Studium und Interessenvertretung sind nach wie vor „up to date“!

Deshalb fordern wir:


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Bildung für Alle!
Zum Beschluß der Kultusminister zur möglichen Einführung von Studiengebühren 

„Politik kann man in diesem Lande definieren als die Durchsetzung wirtschaftlicher Zwecke mit Hilfe der Gesetzgebung.“
Kurt Tucholsky, „Wir Negativen“, 1919


 Am 25.5.2000 hat die Kultusministerkonferenz (KMK) den Beschluß gefaßt, daß die Bundesländer einen Vertrag über die Erhebung von Studiengebühren abschließen sollen (siehe Rückseite). Dieser soll zwar das Anliegen, das „grundständige Studium“ gebührenfrei halten zu wollen, zum Ausdruck bringen, aber die Erhebung von Studiengebühren für sogenannte Viel- und Langzeitstudierende ermöglichen. Dabei streben die Gebührenbefürworter an, die hochschul- und bildungspolitischen Errungenschaften zu revidieren, in deren Zusammenhang in den siebziger Jahren die prinzipielle Studiengebührenfreiheit erstritten wurde. Mit der Forderung „Bildung für Alle“ konnten damals der Ausbau und die Öffnung der Hochschulen, die inneruniversitäre Demokratisierung sowie verstärkt gesellschaftskritische Wisssenschaftsinhalte durchgesetzt werden. Diese fortschrittliche Entwicklung in den Hochschulen war möglich aufgrund allgemeiner gesellschaftlicher Reformen, die von einer starken, linken außerparlamentarischen Opposition erkämpft wurden.

Dreißig Jahre später soll nun den Forderungen von Kapitalvertretern nachgegeben werden, in den Hochschulen „Elitenbildung“, betriebswirtschaftliche Managementstrukturen und Wissenschaft „just-in-time“ zur Profitmaximierung durchzusetzen. Jedoch gibt es gegen diese Marktorientierung erheblichen studentischen Widerstand, weshalb die KMK versucht, die studentische Kritik zu integrieren und zu relativieren. So wird zunächst die Gebührenfreiheit des Grundstudiums zugesichert, die prinzipielle Orientierung auf die neoliberale Umstrukturierung der Hochschulen aber aufrechterhalten. Der rheinland-pfälzische Wissenschaftsminister Prof. Dr. Zöllner, der mit seinem Studienkontenmodell die wesentliche Vorlage für den KMK-Beschluß gab, erhofft sich die „Etablierung eines entsprechenden Kostenbewußtseins sowohl bei den Studierenden als auch bei den Hochschulen“ sowie „positive Anreizstrukturen für die Studierenden, ihr Studium zügig zu absolvieren und gleichzeitige Stärkung ihres Kundenbewußtseins“. Die Studierenden mögen also bitte im „Dienstleistungsunternehmen“ Hochschule die „knappe Ressource Wissen“ erwerben und als Investition in die eigene „Arbeitsmarktqualifikation“ begreifen. Die eigene Bildung sollen sie als „Angebot“ an einen möglichen künftigen Arbeitgeber verstehen und damit von ihrem eigenen verallgemeinerbaren Interesse an einer umfassenden wissenschaftlichen Weltaneignung zur Verwirklichung demokratischer Handlungsfähigkeit auf der Höhe des erreichten gesellschaftlichen Entwicklungsniveaus absehen.

Statt sich jedoch dem Druck zu beugen, die eigene Kommerzialisierung eigentätig zu betreiben, wäre von studentischer Seite dafür zu wirken, daß die Hochschulen ihrer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung kritisch gerecht werden. Dafür muß gegen die neoliberale Hegemonie der Naturalisierung bestehender Verhältnisse die politische Auseinandersetzung in den Wissenschaften forciert und eine humanistische Aufgabenbestimmung der Hochschulen durchgesetzt werden. Von dieser ausgehend läßt sich begründet der weitere Ausbau der Hochschulen als öffentlich finanzierte Institutionen und eine staatliche, bedarfsdeckende und elternunabhängige Ausbildungsfinanzierung einfordern. Die Durchsetzung dieser materiellen Forderungen würden dann auch die Bedingungen verbessern, die Überwindung globaler sozialer Probleme als notwendige Zielbestimmung der Hochschulen zu realisieren und somit die Umsetzung von „Bildung für Alle“ weiter zu entwickeln.

Auf einer gemeinsamen Vollversammlung am 31.5.2000 haben die Hamburger Studierenden entsprechend dieser humanistischen Entwicklungsperspektive für die Hochschulen eine Resolution (siehe Rückseite) gegen den KMK-Beschluß verabschiedet, die Maßstab der weiteren Tätigkeit der Verfaßten Studierendenschaft und des Engagements ihrer Mitglieder sein sollte.



Beschluss der Hamburger Studierenden zur Gebührenfreiheit des Hochschulstudiums
Resolution der gemeinsamen studentischen Vollversammlung
der Hochschule für Wirtschaft und Politik in Hamburg, der Fachhochschule Hamburg
und der Universität Hamburg vom 31.5.2000

Bildung für alle!

1. Die Hamburger Studierenden sind der Auffassung: „Studiengebühren sind grundsätzlich abzulehnen.“ (Zitat: Beschluß des Konzils der Universität Hamburg)

2. Es müssen Bedingungen dafür geschaffen werden, daß im Rahmen von Forschung, Bildung und Lehre die Mitglieder der Hochschulen in wissenschaftlicher Weltaneignung zur Überwindung globaler gesellschaftlicher Probleme beitragen und damit die Hochschulen ihrer gesellschaftlichen Verantwortung kritisch gerecht werden können.

3. Um dies zu gewährleisten, sind der Ausbau der Hochschulen und damit eine öffentliche Hochschulfinanzierung und eine staatliche, bedarfsdeckende und elternunabhängige Ausbildungsfinanzierung notwendig. Nur so ist Bildung für alle zu realisieren.



Beschluss der Kultusministerkonferenz über die Gebührenfreiheit des Hochschulstudiums

Die Kultusministerkonferenz hat auf ihrer Plenarsitzung am 25.5.2000 in Meiningen erneut beraten, ob und ggf. unter welchen Bedingungen die Länder eine Vereinbarung über Studiengebührenfreiheit treffen können. Sie hat dazu folgenden Beschluss gefaßt:

1. Die Länder vereinbaren, das Studium bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss und bei konsekutiven Studiengängen bis zum zweiten berufsqualifizierenden Abschluss grundsätzlich gebührenfrei zu halten.

2. Es müssen weitere Anreize geschaffen werden, damit die Hochschulen den Abschluss eines grundständigen Studiums in der Regelstudienzeit ermöglichen und damit ein verantwortungsvoller Umgang der Studierenden mit dem Studienangebot gefördert wird.

3. Um dies sicherzustellen, können Länder Guthaben oder Studienkonten für ein gebührenfreies Studium einführen. Das Guthaben kann in Form von Semestern, das Konto in Form von Semesterwochenstunden vergeben werden.


Sitzung des Studierendenparlaments
Donnerstag, 8.6.2000
18 Uhr, Hörsaal Rechtshaus

Auf der Sitzung werden unter anderem die Aktivitäten gegen Studiengebühren in Hamburg und Berlin ausgewertet und die weitere Perspektive für den Protest entwickelt, auch hin auf die Auseinandersetzung um die Änderung des Hamburgischen Hochschulgesetzes.

Alle Studierenden haben Rederecht!

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Die Macht der Unbotmäßigkeit
Zu den bundesweiten Demonstrationen gegen Studiengebühren am 7.6.2000
 
„Umfassender aber als die erwähnte Verblödung durch neoliberale Propaganda ist das von Adorno gestellte Problem: ‚weder von der Macht der anderen, noch von der eigenen Ohnmacht sich dumm machen zu lassen‘. Das ist auch ein eminent praktisches Problem: sich nicht alles bieten lassen; diese Demonstration nur als Auftakt nehmen; sich an den Universitäten deutlicher bemerkbar machen; sich nicht auf Kunden, Kuscher oder Pauker reduzieren lassen; praktisch eingreifen.“
(Morus Markard, Vorstand des Bundes demokratischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler,
Beitrag zur Kundgebung der Demonstration für ein gebührenfreies Studium Berlin, 7. Juni 2000)


Am 7. Juni haben in Berlin, Köln und Stuttgart ca. 15.000 Studierende und Bündnispartner gegen Studiengebühren demonstriert. Dabei haben Parteien (PDS), Gewerkschaften (GEW, IG Metall), Arbeitsloseninitiativen, SchülerInnenkammer, Wissenschaftler (BdWi) und Studierende in Reden deutlich gemacht, daß mit dem Protest gegen die Einführung von Studiengebühren eine umfassende Kritik an der derzeit betriebenen neoliberalen Politik einhergeht.

Ziel dieser Politik ist, wie Morus Markard als Vertreter des BdWi formulierte, daß „sich die Studierenden nicht mehr als potentiell kritische Menschen, sondern als ‚Humankapital‘ begreifen. Sie sollen gesellschaftliche Zusammenhänge nicht mehr kapieren, sondern sich rücksichtslos und konkurrierend darin behaupten; sie sollen sich nicht kritisch mit Lehrinhalten auseinandersetzen, sondern sich mit vorgekautem Stoff vollstopfen lassen. Verantwortung bedeutet nicht mehr, sich in gesellschaftliche Fragen einzumischen, sondern das Maul zu halten und schnell fertig zu werden.“

Statt sich jedoch dem Druck zu beugen und das „Maul zu halten“, wurde von den Demonstrierenden zum Ausdruck gebracht, daß Bildung zur emanzipatorischen Qualifikation des je einzelnen, Kooperation in Forschung und Lehre sowie kritischer Gesellschaftsbezug in den Wissenschaften notwendig zu realisieren sind.

Auch dies hat dazu beigetragen, daß sich die Ministerpräsidenten der Länder zunächst gegen den von der Kultusministerkonferenz angestrebte Staatsvertrag zur Einführung von Studiengebühren entschieden haben.

An die erfolgreichen Aktivitäten gegen Studiengebühren anknüpfend gilt es deshalb, den Widerstand der Verfaßten Studierendenschaft (VS) im Bündnis mit anderen gesellschaftlichen Kräften weiterzuentwickeln. Dafür muß durch das verstärkte Engagement der Studierenden die VS als politische Interessenvertretung gegen den Trend der Dienstleistungsorientierung rekonstruiert werden. Auf dieser Grundlage können die Studierenden aus der VS heraus gemeinsam und damit je einzeln in die hochschul-, wissenschafts- und gesellschaftspolitischen Auseinandersetzungen kritisch eingreifen. Gebührenfreies Studium, bedarfsgerechte öffentliche Finanzierung der Hochschulen, aufklärerische Wissenschaften und demokratische Partizipation für eine humanistische Gesellschafts- und Hochschulentwicklung bedürfen des Engagements der Vernünftigen.

Markard schloß seine Rede mit Oscar Wilde: „Unbotmäßikeit ist für jeden, der die Geschichte kennt, die recht eigentliche Tugend des Menschen. Durch die Unbotmäßigkeit ist der Fortschritt gekommen, durch Unbotmäßigkeit und Aufsässigkeit.“ (Oscar Wilde: Der Sozialismus und die Seele des Menschen)

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Produktive Demokratie
Die Universität positioniert sich zur
Novellierung des Hamburgischen Hochschulgesetzes
 
„Hamburg soll ein neues Hochschulgesetz bekommen, das deutlich weniger Regelungen und den einzelnen Hochschulen noch mehr Gestaltungsmöglichkeiten als bisher eröffnet. Gleichzeitig werden die Leitungen von Hochschulen und Fachbereichen gestärkt, d. h. ihre Kompetenzen und Demokratisierungsmöglichkeiten werden verbessert.“
(„Neues Gesetz soll weitere Modernisierung der Hamburger Hochschulen stärken“,
Presseerklärung der Behörde für Wissenschaft und Forschung vom 22.5.2000)


Derzeit arbeitet die Behörde für Wissenschaft und Forschung (BWF) der Freien und Hansestadt Hamburg an einer Neufassung des Hamburgischen Hochschulgesetzes (HmbHG). Unter dem Druck der Handelskammer als Interessenvertretung des hanseatischen Kapitals setzt die BWF deren Forderung nach neoliberaler „Modernisierung“ der Hochschulen, wenn auch abgefedert, um. Mit den angestrebten Umstrukturierungen sollen wesentlich die marktkonforme Konkurrenz in und zwischen den Hochschulen forciert und über den Rückzug des Staates der Einfluß von Privateigentum auf Bildung und Wissenschaft gestärkt werden. Den Mitgliedern der Hochschulen soll diese Orientierung schmackhaft gemacht werden, indem ihnen für die Hochschulen größere „Autonomie“ und mehr „Gestaltungsmöglichkeiten“ versprochen werden. Die in den Hochschulen Tätigen erhalten aber nicht gemeinsam und je einzeln mehr Verfügung über die Entwicklung der Wissenschaftsinstitutionen, sondern unter den genannten Schlagworten sollen Managementstrukturen durchgesetzt werden. So sollen einige wenige Personen in Leitungsfunktionen und sogenannten Kuratorien, in denen dann auch Vertreter aus der Wirtschaft sitzen, die wesentlichen Entscheidungskompetenzen erhalten, während die Gremien der akademischen Selbstverwaltung auf Abnick-Organe reduziert werden.

Statt sich jedoch von der Verheißung der „Demokratisierungsmöglichkeiten“ für die Leitung einlullen zu lassen und der eigenen Entmündigung freudig liberal zuzustimmen, haben die Hochschulmitglieder die vorhandenen Gremien der akademischen Selbstverwaltung genutzt, um eine tatsächliche Demokratisierung der Hochschulen einzufordern. In produktiver Auseinandersetzung mit der geplanten Gesetzesnovellierung wurden in einem Gemeinsamen Ausschuß von Konzil und Akademischem Senat auf Betreiben der linken studentischen Vertreter fortschrittliche Positionen der Universität zum HmbHG erarbeitet und vom Konzil bestätigt. Diese beinhalten wesentlich die Ablehnung von Kuratorien und die Forderung nach Ausbau demokratischer Mitwirkungsmöglichkeiten aller Hochschulmitglieder unter besonderer Betonung der Kooperation zwischen den Statusgruppen und den unterschiedlichen Ebenen inneruniversitärer Interessenvertretung (siehe Rückseite). So konnte durch die statusgruppenübergreifende Zusammenarbeit der linken Vertreter in dem Ausschuß bereits realisiert werden, was Inhalt der Beschlüsse ist – eine höhere Bedeutsamkeit und Wirksamkeit der Gremien der Akademischen Selbstverwaltung durch ihre Politisierung und damit mehr Verfügung der Hochschulmitglieder über die Entwicklung von Bildung und Wissenschaft.

Die Durchsetzung dieser Forderungen nach mehr Demokratie wäre ein wichtiger Reformschritt für die Realisierung kritischen Gesellschaftsbezugs in den Wissenschaften, für die Öffnung der Hochschulen und für eine humanistische Hochschul- und Gesellschaftsentwicklung.

Dafür bedarf es der Stärkung der linken Studierenden in der Akademischen Selbstverwaltung, der Weiterentwicklung der studentischen Kooperation mit Professoren, Personalvertretung, Gewerkschaften und weiteren Kräften der außerparlamentarischen Opposition aus anderen sozialen Bereichen sowie einer starken Verfaßten Studierendenschaft, die als studentische Interessenvertretung mit fortschrittlichen Positionen in die hochschul- und gesellschaftspolitischen Auseinandersetzungen eingreift. Die nächste Möglichkeit, dies zu befördern, besteht bei den derzeit stattfindenden Konzilswahlen.



Dokumentation

Beschluß des Konzils der Universität Hamburg (21.6.2000)
auf Empfehlung des Gemeinsamen Ausschusses von Konzil und Akademischem Senat
„Novellierung des Hamburgischen Hochschulgesetzes“,
beantragt von den studentischen VertreterInnen der juso-hochschulgruppe und Liste LINKS.

Einrichtung von Hochschulkuratorien
Aus der Sicht der Universität Hamburg erscheint die im Rahmen der Novellierung des Hamburgischen Hochschulgesetzes erwogene Möglichkeit, Hochschulkuratorien einzurichten, keine geeignete Maßnahme zur Stärkung der Eigenverantwortlichkeit in der Wahrnehmung von Hochschulaufgaben oder zur Stärkung des Austausches zwischen Universität und anderen Teilbereichen der Gesellschaft.
Die Einführung von Kuratorien führt demgegenüber zu einer Schwächung der demokratischen Beteiligungsmöglichkeiten der Universitätsmitglieder, die der Zielsetzung höherer Autonomie der Hochschulen nicht entspricht. Die Einführung von Hochschulkuratorien oder ähnlichen Einrichtungen, die an Entscheidungen der Hochschulen mitwirken, wird daher von der Universität Hamburg abgelehnt.
Damit wird die Einrichtung eines Hochschulbeirates mit ausschließlich beratender Funktion gemäß § 105 (2) HmbHG nicht ausgeschlossen. Ein solcher Beirat sollte den öffentlichen Diskurs über Aufgaben und Leistungen der Universität stärken.

Entwicklung der Binnengliederung der Hochschulen
Die Stärkung der Hochschulautonomie erfordert die Stärkung der innerhochschulischen Demokratie. Die Wahrnehmung von bisher durch parlamentarische Wahl und Kontrolle demokratisch legitimierter Entscheidungen der Behörde für Wissenschaft und Forschung (BWF) durch die Hochschulen erfordert, daß das Verfassungsprinzip demokratischer Entscheidungen, Legitimation und Kontrolle sich in den staatlichen Teilbereichen, den Hochschulen, wiederfindet.
Entscheidungsstrukturen und -mechanismen müssen die Partizipation aller Hochschulmitglieder gewährleisten. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, daß diejenigen Entscheidungsbefugnisse, die die Hochschulen von der BWF übertragen erhalten, nicht dem Privileg eines lediglich auf die Gruppe der Professorinnen und Professoren bezogenen Verständnisses von „Wissenschaftsfreiheit“ unterliegen.
Zur Stärkung der Mitwirkungsmöglichkeiten aller Hochschulmitglieder ist die Kooperation und Entscheidungsbeteiligung von akademischen Gremien, studentischer Interessenvertretung sowie Personalvertretung auf allen Entscheidungsebenen institutionalisiert zu stärken. Dabei kommt der Kooperation zwischen den Statusgruppen besondere Bedeutung zu.
Soweit die Majorisierung eines Hochschulgremiums durch die Gruppe der Professorinnen und Professoren nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen zwingend vorgegeben ist, sind die Gremien viertelparitätisch zu besetzen. Dies gilt insbesondere für die Gremien, die die Leitung der Hochschule wählen und kontrollieren, die Grundordnung erlassen und die Haushaltsführung kontrollieren. Maßstab der Entwicklung der Selbstverwaltungsgremien muß sein, daß die bestehenden Beteiligungsrechte der Hochschulmitglieder nicht beschränkt werden dürfen. Sie sind im Gegenteil auszubauen, beispielsweise durch die Möglichkeit, Funktionäre aus Leitungsfunktionen abzuwählen.
Soweit diese Gremien bisher von der BWF wahrzunehmende Aufgaben haben, ist eine am Professionalitätsmaßstab der Behörde orientierte personelle und materielle Ausstattung (Gremienbetreuung, Datenzugriff, Arbeitsplätze) gesetzlich zu gewährleisten.
Im Hamburgischen Hochschulgesetz muß festgelegt sein, daß auf unterer (z. B. Kliniken und Institute), mittlerer (z. B. Fachbereiche) und oberer (z. B. Konzil, Akademischer Senat, Ausschüsse) Hochschulebene die nach § 37 Hochschulrahmengesetz vorgesehenen Grundsätze der akademischen Selbstverwaltung sichergestellt werden. Dies gilt auch im Hinblick auf neue, eventuell noch nicht konkret absehbare Organisationsmodelle mit vergleichbaren Kompetenzen.
 

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Konzilswahlzeitung der Liste LINKS

Die Grünen regieren sich zu Tode

„Die Mageren sind noch dünner jetzt,
Noch fetter sind die Feisten,
Die Kinder sind alt, die Alten sind
Kindisch geworden, die meisten.“
Heinrich Heine, „Deutschland - Ein Wintermärchen“.
 

Die grüne Partei zerstört sich selbst.

Entstanden in den siebziger Jahren aus Friedens-, Anti-AKW- und Frauenbewegung, orientiert auf die demokratische Partizipation aller und auf besondere Minderheitenrechte, kritisch gegenüber den Einschränkungen sowie Zerstörungen der Profitgesellschaft, schluckt die grüne Partei in Landesregierungen und Bundesregierung mittlerweile jede dargebotene Kröte und verzehrt sie mit breitem, etablierten Grinsen: Kriegführung, Transrapid, „Atomkonsens“, ...

Damit sind fast alle „grünen“ emanzipatorischen Grundsätze der 70er und 80er Jahre über Bord geworfen. Leinen los und auf See getrudelt!

Die Grüne Hochschulgruppe an der Uni will da nicht nachstehen. Mit der weitgehenden Befürwortung der kommerziellen Umstrukturierung der Hochschulen, ein paar Kleinstprojekten (z.B. „Campusrad“), kompensatorischer Wohl-Fühl-Kultur („Campus open air“) und Serviceorientierung  erntet sie das wohlgefällige Lächeln des Uni-Präsidenten und Beifall von den rechten Gruppierungen im Studierendenparlament.

Dabei sind gesellschaftliche Reformen erforderlicher denn je. Abrüstung, sinnvolle Arbeit für alle, Stärkung der Massenkaufkraft, soziale Absicherung, Demokratisierung der Erwerbsarbeit und der öffentlichen Institutionen; bedarfsgerechte öffentliche Finanzierung der Hochschulen, gesellschaftspolitische Wirksamkeit kritischer Wissenschaftsinhalte, demokratische Partizipationsmöglichkeiten aller Hochschulmitglieder sind die wesentlichen Ziele und Inhalte fortschrittlichen und emanzipatorischen Wirkens in Gesellschaft und Hochschule.
Da haben die Grünen nichts mehr zu melden.

Das mag andere nicht beirren, vernünftig zu handeln.



Vernunftgeleitete Kooperation statt Hexi-Flexi-Wahn 

„Die IT-Branche formt eine Spezies Mensch heran, die das ökonomische Denken zum Ausgangspunkt all ihres Handelns macht
[...] hoch flexibel, risikofreudig und vor allem auf sich selbst bezogen.“
(Günter Voß, Prof. für Industrie- und Techniksoziologie, „Die Droge Arbeit“ im Spiegel vom 19.6.2000.)

Geackert wird mindestens 12 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche. Die Jobs sind befristet auf  Projekte von maximal zwei Jahren Dauer, so daß jeder Tag eine Bewährungsprobe ist. Wenn die Zeit fehlt, eine Wohnung zu suchen, wird zur Not in den engen Büroräumen mit der Atmosphäre von „Massenarbeitstierhaltung“ geschlafen. Soziale Kontakte, auf den Betrieb beschränkt, dienen ausschließlich der Karriere.

„Yetties“ (steht für: young, entrepreneurial, tech-based) werden in Amerika die im Multimedia-Bereich Tätigen genannt, die „Tempo“, „Leistungsbereitschaft“, „Flexibilität“ und  „totale Verfügbarkeit für die Arbeit“ predigen und praktizieren. Der Anspruch auf soziale Absicherung wird als Zeichen von Schwäche gedeutet und gar nicht erst erhoben. Es gilt: wer krank wird, nach erledigtem Projekt keinen neuen Job findet oder einfach älter als 35 wird, hat selber Schuld und auch nichts anderes verdient.

So scheint der rasante wissenschaftlich-technische Fortschritt der „Informationsgesellschaft“ nichts anderes übrig zu lassen, als daß sich die arbeitenden Menschen ebenso rasant von den „Lasten“ ehemals erkämpfter sozialer Errungenschaften „befreien.“

Während die Leiter der Großkonzerne gewaltige Aktiengewinne auf dem „Neuen Markt“ realisieren, freuen sich diejenigen, die diese Gewinne erarbeiten haben, über ihre vermeintlichen gewonnene Freiheit - die Freiheit der Menschen in der Wahl von Arbeitsplatz und -zeit. Daß dabei vom Menschen wenig übrig bleibt, scheint kaum zu interessieren. „Wir arbeiten bis zur Selbstaufgabe, Freizeit gibt es nicht mehr.“ (R. Buckel, Hamburger Internet-Agentur „network now“, s.o.). Jubelnd und mit Fanfaren bejahen und feiern die „Yetties“ die eigene Ausbeutung. So stellen sie die allgemeinen Entfaltungsmöglichkeiten der Menschen auf den Kopf und erheben diese Umkehrung zur Norm, der sich alle unterzuordnen haben.

Der wissenschaftlich-technische Fortschritt ist jedoch nicht ein Zufallsprodukt der Natur, dem sich der Mensch zu unterwerfen hat. Vielmehr ist der Mensch dadurch zum Menschen geworden, daß er aus der Natur herausgetreten ist, indem er sie für die eigene Bedürfnisbefriedigung bewußt verändert hat. Als gesellschaftliches Wesen hat er die Mittel für die Naturaneignung und damit sich selbst immer weiter entwickelt. Auf dem aktuellen Niveau gesellschaftlicher Entwicklung können die Menschen zunehmend planend, organisierend und lenkend neben den Produktionsprozeß treten. So sind inzwischen die Voraussetzungen dafür geschaffen, daß alle Menschen die Verfügung über die Mittel ihrer Bedürfnisbefriedigung erlangen und sich umfassend kulturell entfalten können. Das ist jedoch dadurch behindert, daß der gesellschaftliche erarbeitete Reichtum von einigen wenigen privat angeeignet wird. Gegen die Verschleierungsbemühungen von Kapitalseite muß dieser Widerspruch deutlich gemacht werden, um die Bedingungen dafür zu schaffen, daß die Mehrheit der Menschen solidarisch für die Überwindung von Ausbeutung und Entfremdung kämpfen kann. So muß auch in den  Hochschulen als zivilgesellschaftliche Institutionen wissenschaftlicher Weltaneignung der Kampf um die Deutungsmacht im Hinblick auf die Richtung und den sozialen Inhalt des gesellschaftlichen Prozesses geführt werden, um eine vernunftgeleitete und kooperative Gesellschaftsentwicklung zu realisieren.



Vernunft statt Wahnsinn?
Der RCDS will das Gestern zum Morgen machen
 
„Das Streiten für die ‚richtige Sache‘, die Redeschlachten mit kommunistischen Stupa-Abgeordneten
(ja, es gibt sie immer noch!) und die gemeinsamen Feiern schweißen eben zusammen.“
(Homepage des RCDS)


 Ja, es gibt sie immer noch, die Söhne und Töchter, die sich für die „Elite von morgen“ halten, brav studieren, gerne im Verbindungshaus des Corps Rhenania bieder, geschmacklos und „traditionsreich“ ihre Cocktailpartys feiern, marktgerechte Studierende und Universitäten wollen, Standortkonkurrenz und Verwertungszwang für natürlich halten und politische Debatten pervers finden.

„Vernunft statt Wahnsinn“ – mit dieser plausibel scheinenden Parole wirbt der RCDS für sich zu den laufenden Konzilswahlen. Damit ist nicht gemeint, daß Aufklärung, Kritik und rationales Engagement für sozialen und kulturellen Fortschritt Inhalt und Methode wissenschaftlichen Arbeitens sowie politischen Engagements sein sollen, sondern, in Verkehrung der bürgerlichen Aufklärung, die devote Wohlgefälligkeit gegenüber den Personalchefs und privaten Gewinninteressen, die zunehmend auch auf die Hochschulen Einfluß gewinnen sollen. Im O-Ton heißt dies „Teamfähigkeit, Integrationskraft, Motivationsvermögen und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen.“

Für die Schmiergelder der Rüstungsindustrie?

Vernunft statt Wahnsinn!



Wir über uns 

„Um sich gut zu wehren, muß man viel wissen. Man erobert auch keine Gesellschaft, bevor man sie kennt.“
(Heinrich Mann, Die Macht des Wortes, 1936)


Wer die Gesellschaft kennt, kann sie erobern. Wissenschaftliche Erkenntnisse finden immer direkter Anwendung in der
gesellschaftlichen Entwicklung, die Bedeutung der wissenschaftlichen Institutionen wächst.

Im Widerspruch zur Kommerzialisierung der Hochschulen steht die Möglichkeit massenhafter wissenschaftlicher Qualifikation als wesentlichem Bestandteil demokratischer Entwicklung. Die Gewinnung von kooperativer Einsicht in Ursachen, Widersprüche, Wirkungszusammenhänge und Prozesse gesellschaftlicher Verhältnisse zur humanistischen Gesellschaftsveränderung steht den Gewinnen durch internationale Konkurrenz unversöhnlich gegenüber.

Um für eine fortschrittliche Wissenschafts- und Gesellschaftsentwicklung politisch wirksam zu sein, haben wir uns im Dezember 1993 als Liste LINKS aus der Linken Liste, der Offenen AusländerInnenliste und Fachschaftsaktiven konstituiert. Wir engagieren uns für egalitäre soziale Bedingungen, in denen Qualifikation, Verfügung und solidarische Kooperation Grundlage und Inhalt menschlicher Vergesellschaftung sind.

Daraufhin arbeiten wir zusammen mit anderen fortschrittlichen Gruppierungen in den Gremien der akademischen Selbstverwaltung, in der studentischen Interessenvertretung und in den außerparlamentarischen Bewegungen. In Fachschaftsräten und Fachschaftsrätekonferenz, im AusländerInnenreferat, im Studierendenparlament, in Konzil, Akademischem Senat und seinen Ausschüssen sowie im Hamburger Forum für Völkerverständigung und weltweite Abrüstung und im Hamburger Bündnis gegen Rechts wirken wir kritisch gegen die Zurichtung öffentlicher Institutionen und ihrer Subjekte auf kapialkonforme Servilität und für den aufklärerischen und gesellschaftskritischen Einfluß der Mehrheit der Menschen zur Überwindung von Ausbeutung, Entfremdung und Konkurrenz, um die gleiche und freie Entfaltung aller Menschen als Grundbedingung allgemeiner Entwicklung zu erreichen.
 

KandidatInnen
 
Kristian Glaser
LINKS, Konzil, GEW, BdWi, PDS-Landessprecher
Saskia Mestern
LINKS, AusländerInnenreferat, Konzil, GEW, PDS
Gunhild Berdal
LINKS, ARef, AK Ausländerstudium, PDS
Till Petersen
LINKS, Fachschaftsrätekonferenz, SP, FSR PI, PDS
Ali Bostanci
IG Metall, ARef
Dogan Göçmen
IG Metall, ARef
Anja Post-Martens
LINKS, FSR PI, ALSt, SP- Präsidium, PDS
Kati Mickley
LINKS, Slavistik
Elisabeth Schmidle
LINKS, Linke Gruppe im ARef, PDS, HBV
Steffen Kugler
Hamburger Bündnis gegen Rassismus & Faschismus, PDS
Ismail Arican
LINKS, ARef, HBV
Katrin Lehmbecker
LINKS, FSRK, FSR Geschichte
Malte Klingforth
LINKS, FSR Geschichte, DKP
Manuela Staschke
FSR Germanistik, IG Behinderte
Luzmila Ponce
FSR Sprachlehrforschung
Christian Störger
Mathematik, DFG/IDK

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Hiroshima und Nagasaki – aus der Geschichte läßt sich lernen!
 
 
„... Wir haben zwei Milliarden Dollar in das größte wissenschaftliche Wagnis der Geschichte investiert – und wir haben gewonnen...“
Harry S. Truman, Präsident der USA (1945 - 1953), nach den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki.

„dieser superfurz übertönt alle siegesglocken.“
Bert Brecht, „Arbeitsjournal“, 10.9.’45.


Während der Beendigung des „Zweiten Weltkrieges“ und trotz der kurz bevorstehenden Kapitulation Japans wurde am 6.8.1945 und am 9.8.1945 durch US-amerikanische Bomber über den japanischen Städten Hiroshima und Nagasaki jeweils eine Atombombe abgeworfen.

Mehrere hunderttausend Tote, die fast vollständige Zerstörung der beiden Städte, bis heute wirkende Folgeschäden durch die atomare Strahlung und der Beginn des weltweiten atomaren Wettrüstens waren und sind die Folgen.

Den Anstoß zu Entwicklung und Bau der Atombombe gab, obwohl überzeugter Pazifist, Albert Einstein, der sich 1939 aus Furcht vor deutschen kriegerischen Aggressionen und der Entwicklung der Kernspaltung im „Deutschen Reich“ an den US-amerikanischen Präsidenten wandte, um den Bau einer solchen Waffe zu fordern.

Diese Massenvernichtungswaffe („Manhattan project“) wurde mit hohem materiellem und industriellem Aufwand ab 1943 in der Wüste von New Mexico unter der Leitung des Atomphysikers R. Oppenheimer realisiert.

Zum Einsatz kam „die Bombe“ nicht, um den Kriegsgegner Japan zu besiegen, sondern um die US-amerikanische Machtstellung in der „Anti-Hitler-Koalition“ auszubauen und in diesem Zusammenhang die Sowjetunion einzuschüchtern,– schließlich stand die Neuordnung der Welt nach dem Kriege auf dem Plan.

Auch nach dem Wegfall der Systemkonfrontation ist die Drohung mit dem Ersteinsatz von Atomwaffen Bestandteil der neuen NATO-Strategie – beschlossen im April letzten Jahres.

Der Angriffskrieg gegen Jugoslawien (März 1999) ist zudem eine weitere Eskalation militarisierter Außenpolitik der NATO-Staaten.

Die Grundlinie der auch dadurch geschaffenen NATO-Strategie bedeutet nun die Selbstmandatierung für Kriegseinsätze, Erweiterung des NATO-Auftrages von der gemeinsamen „Verteidigung“ des Vertragsgebietes zur „Verteidigung“ gemeinsamer Interessen und dem Festhalten an der Drohung mit dem Ersteinsatz von Atomwaffen!

Um ihre atomare Vorherrschaft weiter auszubauen, wollen die USA nun ein neues „Nationales Raketenabwehrsystem“ (NMD) installieren. Das gesamte Territorium der Weltmacht soll vor vermeintlich drohenden Angriffen durch „Schurkenstaaten“ „geschützt“ werden.

Frei von historischen Erfahrungen werden hier also die internationalen Beziehungen sukzessive weiter brutalisiert.

Da aber Rüstungsforschung, Rüstungsproduktion, Waffenexport in politische Krisengebiete, kriegerische „Konfliktregulierung“ nach wie vor starken und verstärkten Einfluß auf Wissenschaft, Produktion sowie internationale Beziehungen besitzen, ist es notwendig, kritisch aus der Geschichte  und ihren zerstörerischen bzw. entwicklungshemmenden Ergebnissen  zu lernen – Widerstand dagegen ist wirksam zu entwickeln!

Nur so kann der Mensch aus seiner „selbst verschuldeten Unmündigkeit“ heraustreten!

„Was am Ausgang dieses Krieges stehen muß und wird, ist klar. Es ist der Beginn einer Weltvereinigung; die Schaffung eines neuen Gleichgewichts von Freiheit und Gleichheit; die Wahrung der individuellen Werte im Rahmen der Forderungen des kollektiven Lebens; der Abbau der nationalen Staatssouveränität und die Errichtung einer Gesellschaft freier, aber der Gesamtheit verantwortlicher Völker mit gleichen Rechten und Pflichten.“
Thomas Mann, „Deutsche Hörer!“, November 1940.


Hiroshima-Tag:
Kundgebung des Hamburger Forums

Atomwaffen Abschaffen!

Samstag, 5.8.2000, 12.00 Uhr
Bhf. Altona (vor dem Bismarckbad)





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Demokratie statt Geschichtsvergessenheit
Zum Entwurf der Neuordnung des Hamburgischen Hochschulgesetzes (HmbHG)
 

Mit dem Gesetz werden folgende Hauptziele verfolgt:

(Behörde für Wissenschaft und Forschung, Allgemeine Begründung für die Neuordnung des HmbHG, Juli 2000)
 

Während auf der einen Seite der Druck von Kapitalvertretern zu neoliberaler „Modernisierung“ in allen gesellschaftlichen Bereichen wächst, nimmt zum anderen eine unbestimmte Unzufriedenheit aufgrund der sich für die Mehrheit der Menschen verschärfenden sozialen Situation zu. In dieser gesellschaftlich zugespitzten Lage hat die Behörde für Wissenschaft und Forschung Mitte Juli einen Entwurf zur Neuordnung des Hamburgischen Hochschulgesetzes vorgelegt, mit dem sich die grüne Wissenschaftssenatorin Krista Sager und ihre Helferlein klar für die Kapitalseite entschieden haben. Von dieser – in Hamburg durch die Handelskammer vertreten – wurde bereits vor geraumer Zeit in einem umfangreichen Wunschkatalog gefordert, die Hochschulen mögen darauf getrimmt werden, Forschungsergebnisse zur unmittelbaren Verwertung und Studienabgänger, die sich willig ausbeuten lassen sollen, möglichst „effizient“ zu produzieren. Dieser Orientierung sind die Gremien der akademischen Selbstverwaltung nur im Weg und sollten nach der Vorstellung der Handelskammer weitgehend durch Managementstrukturen ersetzt werden.

Entsprechend sind nun in dem Gesetzentwurf aus der grünen Behörde alle Fachbereichsräte und Institutsräte sowie sämtliche Ausschüsse des akademischen Senats und des Konzils gestrichen. Wesentliche Aufgaben, die bisher bei akademischem Senat und Konzil und deren Ausschüssen lagen, sollen auf ein Präsidium übertragen werden. Dieses setzte sich dann zusammen aus einem nicht überstimmbaren Präsidenten, einem Kanzler, der den bisherigen leitenden Verwaltungsbeamtem ersetzt, und bis zu fünf vom Präsidenten ausgesuchten Vizepräsidenten, die auch hochschulextern, also aus der Wirtschaft gestellt werden können.

Mit dieser Eliminierung der Teilhabemöglichkeiten für die Mitglieder der Hochschule und der Einladung an die Kapitalvertreter, unmittelbar auf die Entscheidungsprozesse in den Hochschulen zuzugreifen, wird versucht, ein Großteil der Hochschulreformen zu revidieren, die insbesondere Studierende in den sechziger und siebziger Jahren erkämpft haben.

Damals wurde in kritischer Auseinandersetzung mit dem Faschismus und der Rolle der Hochschulen im „Dritten Reich“ erstritten, daß ein kritischer Gesellschaftsbezug in den Wissenschaften auf Grundlage von demokratischer Teilhabe aller Statusgruppen in der akademischen Selbstverwaltung möglich wurde. Insbesondere in Hamburg, wo 1934 während der Nazidiktatur der Senat das erste Landesuniversitätsgesetz verabschiedete, mit dem „aus dem Universitätsleben alles verbannt [wurde], was an parlamentarische Einrichtungen der früheren Zeit hätte erinnern können“ (Prof. Dr. E. Schmidt, Rektor der Hamburgischen Universität, HUZ 1934), und damit das „Führerprinzip“ an der Hochschule durchsetzte, ist diese kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte vehement geführt worden. So konnte bereits 1969 für eine Reform des Hochschulgesetzes gewirkt werden, welche die Überwindung der Ordinarienuniversität beinhaltete. Eine akademischen Selbstverwaltung wurde eingerichtet, in der sich die Mitglieder der Hochschulen kooperativ über Form und Inhalt, Ziele und Methoden von Bildung und Wissenschaft „in gesellschaftlicher Verantwortung“ auseinandersetzen sollten.

Statt geschichtsvergessen vor dem Kapital zu knien, und diese Errungenschaften der sechziger und siebziger Jahre abzuwickeln, muß an die damals entwickelten Positionen positiv angeknüpft werden.

Mehr Demokratie, Öffnung der Hochschulen und die Orientierung auf die Überwindung sozialer Probleme in der Wissenschaft wären Kriterien für eine echte Reform des Hochschulgesetzes auf Höhe der Zeit.

Die Behörde sollte deshalb den Entwurf schnellstens wieder zurücknehmen und stattdessen etwas vorlegen, das dieser Möglichkeit und Notwendigkeit einer humanistischen Zielbestimmung für Hochschul- und Gesellschaftsentwicklung gerecht wird.
 

Studentische Wahlen zum Konzil 2000
(Ergebnis des Vorjahres in Klammern)
 
absolut Prozente Sitze
Liste LINKS 410 (356/+54) 18,8 (11,4/+7,4) 2 (1/+1)
juso hochschulgruppe 626 (424/+202) 28,7 (13,6/+15,1) 3 (1/+2)
Regenbogen 428 (neu) 19,6 (neu) 2 (neu)
Grüne Hochschulgruppe - keine Kandidatur (985) (30,6) (4)
LUST (Liberale) - keine Kandidatur (332) (10,6) (1)
Realos jetzt! (Rechte SPD) - keine Kandidatur (242) (7,7) (1)
RCDS (CDU) 719 (644/+75) 32,9 (20,6/+12,3) 3 (2/+1)
Wahlbeteiligung 2183 (3126/-943) 5,7 (7,6/-1,9) 10

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Gemeinsame Zeitung von juso-hsg und Liste LINKS zur Novellierung des Hamburgischen Hochschulgesetzes

Paragraphen fallen nicht vom Himmel
Der Entwurf zum neuen Hamburgischen Hochschulgesetz (HmbHG) trifft an der Universität auf entschiedene Ablehnung
 

Hochschulen sollen standortdienlich, dienstleistungsorientiert, managementfähig, schlank, fit – kurz: „modern“ werden. Diesen Allgemeinplatz des Zeitgeistes pfeifen inzwischen sogar die Wissenschaftsredakteure von „Focus“ bis „Freizeit Revue“ von den Dächern. Deshalb soll ein neues HmbHG noch vor der Bürgerschaftswahl im Herbst 2001 beschlossen werden.

Seit Jahresbeginn hat die Wissenschaftsbehörde (BWF) Verfahren zur Ermittlung der an ein neues Gesetz gestellten Anforderungen („Moderierte Foren“) veranstaltet und es gab intensive Lobbyarbeit der Handelskammer als Vertretung der hamburgischen Kapitalinteressen.

Dem haben Gewerkschaften (ÖTV, GEW, DAG) ihrerseits Forderungen für eine arbeitnehmerfreundliche, auf offenen Zugang zu Hochschulbildung orientierte Reform entgegengestellt. Auch linke Hochschulgruppen und Fachschaftsräte formulierten bei den BWF-Foren ihre Kritik. Dadurch konnten Ziele der BWF nicht einfach durchgewunken werden – die Foren wurden so mehr als Demokratiesimulation. Auch die Selbstverwaltungsgremien der Universität haben sich seit dem Frühjahr mit wachsender Intensität mit der Gesetzesnovelle befaßt. Das Konzil faßte hierzu diverse Beschlüsse: Insbesondere wurde die Umwandlung der Hochschulen in Stiftungen und damit ihre Herauslösung aus dem Bereich staatlicher Verantwortung abgelehnt. Ein Projekt, für das Uni-Präsident Jürgen Lüthje nichtsdestotrotz – unter Beifall der Wirtschaftslobby – auf Empfängen und in seiner Hauspostille „Uni HH“ unverdrossen wirbt, um die Uni für private Geldgeber attraktiver zu machen. Teil seines Konzeptes ist es auch, daß Vertreter von Wirtschaftsunternehmen zukünftig mit Entscheidungsmacht in Leitungsgremien der Hochschulen Platz nehmen sollen. Dem erteilte eine deutliche, alle Statusgruppen (also Studierende, wissenschaftliche Mitarbeiter, Technisches- und Verwaltungspersonal, Profs) der Uni umfassende Mehrheit im Konzil eine klare Absage. Die Linie der Gremienbeschlüsse läßt sich mit der Formel beschreiben: Mehr Entwicklungsmöglichkeiten, mehr Autonomie für die Hochschule – das erfordert mehr Beteiligungsmöglichkeiten, mehr Demokratie in der Hochschule.

Die BWF hat im Juli einen Entwurf vorgelegt, der auf das Gegenteil hinausläuft: Abbau von Entscheidungsbefugnissen für die Gremien der Hochschulen, Machtvollkommenheit eines Präsidenten, der zukünftig selbst entscheiden soll, wer seine Stellvertreter sind ( „Wahl“ nur noch nach Vorschlagsrecht des Präsidenten), Abschaffung der inhaltlich gestaltenden Ausschüsse und der Mitbestimmungsmöglichkeiten in den Fachbereichen bis hin zur möglichen Auflösung von Selbstverwaltungseinheiten (Fachbereichen, Instituten), massive Verschlechterung der Lage der Verfaßten Studierendenschaft (die Interessenvertretungen der Studierenden in den Fachbereichen – FSRe – stehen auf der Abschußliste!), erhöhter Konformitätsdruck durch die Einführung weiterer Restriktionen im Studium...

Erfreulich ist allerdings, daß demzufolge auch der Unwillen in den Gremien, „dem Schicksal seinen Lauf“ zu lassen, erheblich ist und Gegenwehr mit Schwung organisiert wird. Auf Initiative von Gremienstudis aus juso-hsg&fachschaftsaktive und Liste LINKS wird in so nicht bekannter Kooperation aller Statusgruppen eine kritische Bewertung des Behördenentwurfes zum HmbHG und die Erstellung eines Alternativentwurfes1 erarbeitet. Dies bedeutet nicht, daß die Uni alles beim Alten belassen will. Vielmehr geht es darum, staatlich zu gewährleisten, daß Bildung und Wissenschaft ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden können. Dafür bedarf es der Stärkung der Verfaßten Studierendenschaften, des Ausbaus der Mitbestimmungsmöglichkeiten aller an den Hochschulen Tätigen und der Erweiterung der Möglichkeiten einer eigenständigen Studienorganisation, um stärkeren kritischen Gesellschaftsbezug in Bildung und Wissenschaft zu ermöglichen (siehe auch studentischer Vorschlag für eine Präambel der Universitäts-Stellungnahme).

Damit dieser Anspruch im novellierten HmbHG verwirklicht wird, muß das Konzil – höchstes Gremium der Uni – eine entsprechende Stellungnahme zum Referentenentwurf in seiner öffentlichen Sitzung am 27. September beschließen.

Auch an anderen Hochschulen gibt es vor allem von Studierenden massive Kritik am Gesetzesentwurf. Deshalb nimmt die Landes-Asten-Konferenz (LAK) – Koordinierungsgremien der Asten aller Hamburger Hochschulen – zur HmbHG-Novelle mit derselben Orientierung Stellung. Die LAK stellt diese Stellungnahme auf einer öffentlichen Sitzung, zu der auch die ‚Wissenschafts’senatorin Krista Sager geladen wird, vor.

Damit ist natürlich nicht alles gewonnen. Worum es weiter gehen muß, ist – auf Grundlage der Konzilsbeschlüsse und der Stellungnahmen der Studierenden sowie der Gewerkschaften – in die weiteren Gesetzesberatungen der Bürgerschaft einzugreifen. Denn Paragraphen fallen nicht vom Himmel. Sie werden gemacht und wir linken Studierenden haben nicht vor, wie die Lämmer zu warten, bis wir unsere Universität nicht mehr wiedererkennen.

Eine Synopse von Referentenentwurf und Alternativentwurf wird demnächst auf den Homepages der juso-hsg und der Liste LINKS zum download bereitstehen (s. u.)



Präambel
(Studentischer Vorschlag für die Stellungnahme der Universität)

Zur Erarbeitung einer Stellungnahme der Universität zum Gesetzentwurf zur Neuregelung des Hamburgischen Hochschulgesetzes wurde eine gemeinsamer Ausschuß von Konzil und akademischem Senat eingerichtet. Im folgenden dokumentieren wir den studentischer Vorschlag für eine Präambel der Universitäts-Stellungnahme, den die Vertreter der juso-hsg und der Liste Links gemeinsam im Ausschuß vorgelegt haben.

Im Zuge der allgemeinen gesellschaftlichen Entwicklung, in der die höhere Qualifizierung der Menschen entscheidende Bedeutung hat, wird die Frage der Aufgaben, Methoden und Ziele von Bildung und Wissenschaft in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft kontrovers diskutiert.

Rigide Sparmaßnahmen, „Entstaatlichung“ und die zunehmende Privatisierung und Kommerzialisierung öffentlicher Aufgaben bilden den politischen Rahmen in dem diese Auseinandersetzung um die weitere Entwicklung und Ausrichtung von Bildung und Wissenschaft geführt wird. In dieser zugespitzten Lage hat nun die Hamburger Behörde für Wissenschaft und Forschung (BWF) einen Entwurf zur Neuordnung des Hamburgischen Hochschulgesetzes (HmbHG) vorgelegt.

Die Hamburger Wirtschaft hat sich – über ihre Interessenvertretung, die Hamburger Handelskammer – offensiv in die Diskussion eingebracht, indem in einem ausführlichen Forderungskatalog „mehr Freiheit für unternehmerisches Handeln“ als Ziel der Novellierung des HmbHG gefordert wurde. Wissenschaft wird zum „Standortfaktor“ degradiert. „Die Wirtschaft erwartet von den Hochschulen in erster Linie anwendungsorientiertes, schnell verwertbares Wissen. Sie möchte, daß die Hochschulen jeweils die neuesten Erkenntnisse bereithalten und sich auf neue Nachfrage schnell einstellen, als wären sie ‚Kaufhäuser des Wissens’.“ (Hans Peter Bull/Veith Mehde: Reform der Hochschulorganisation – die populären Modelle und ihre Probleme, S. 651. In: JZ 13/2000, S. 650-659.) Der ökonomische Wert des nachgefragten Wissens soll möglichst hoch sein. „Die Politik scheint kaum weniger auf solche Erwartungen fixiert zu sein.“ (ebd.) Dieser Orientierung gibt die Wissenschaftssenatorin Krista Sager mit dem Entwurf im Wesentlichen nach.

Der Gesetzesentwurf beinhaltet faktisch die vollständige Revision der Hochschulreformen, die in den Nach-68er-Jahren durchgesetzt werden konnten: Öffnung und Ausbau der Hochschulen zu Massenuniversitäten, Überwindung der Ordinarienunuversität durch die Einrichtung einer (teil-)demokratischen Selbstverwaltung unter Beteiligung aller an den Hochschulen vertretenen Gruppen, kritischer Gesellschaftsbezug in den Wissenschaften, als Lehre aus Faschismus und Krieg sowie die soziale Absicherung von Studierenden, um den freien Hochschulzugang auch sog. bildungsferner Schichten zu ermöglichen.

Statt geschichtsvergessen dem wirtschaftlichen Umstrukturierungsdruck nachzugeben und die Errungenschaften der 70er Jahre abzuwickeln, sollte allerdings an die damals entwickelten Positionen angeknüpft werden, um sie auf Höhe der Zeit weiterzuentwickeln.

Der gemeinsame Ausschuß von Konzil und Akademischem Senat ist der Auffassung, daß Hochschulen nicht zu „Bildungsbetrieben“ mit betriebswirtschaftlicher Organisation degradiert werden dürfen, die durch den Rückzug des Staates einem hohen Privatisierungsdruck ausgesetzt werden und deren demokratische Legitimation zunehmend durch die direkte private Einflußnahme ersetzt wird. Bildung und Wissenschaft sind gesellschaftliche Aufgaben, die demokratisch legitimiert und öffentlich realisiert zur demokratischen Qualifizierung aller Menschen beitragen sollen. Hierfür sollten gesellschaftliche Auseinandersetzungen Grundlage wissenschaftlicher Tätigkeit und die Lösung globaler Probleme Zielstellung des wissenschaftlichen Erkenntnisprozesses sein. Größtmögliche Freiheit in der Aneignung von Wissen sollte für die Studierenden realisiert werden, um diese zu befähigen, eigenständig in gesellschaftliche Entwicklung eingreifen zu können. Demokratische Diskussion und Entscheidungen über Ziel, Inhalt und Methode von Lehre und Forschung sollten als praktische Erfahrungen für das gesellschaftliche Wirken der Hochschulmitglieder verwirklicht sein. In diesem Sinne kommt der Demokratisierung der Hochschulen eine besondere Bedeutung zu.

Mit dem vorliegenden Entwurf soll mehr Eigenverantwortung der Hochschulen gegenüber dem Staat realisiert werden. Weitreichende Regelungen über die innere Verfaßtheit der Hochschulen sollen aus dem Gesetz gestrichen werden und zukünftig über die Grundordnungen der Hochschulen geregelt werden. Der gemeinsame Ausschuß ist der Auffassung, daß eine Stärkung der Hochschulautonomie die Stärkung der inneruniversitären Demokratie erfordert. Wenn Entscheidungsbefugnisse im Zuge größerer Eigenständigkeit von der BWF auf die Hochschulen übertragen werden, ist daher insbesondere die Partizipation aller Hochschulmitglieder an Entscheidungen zu gewährleisten. In einer Novellierung des HmbHG muß daher die Stärkung der Kooperation und Entscheidungsbeteiligung von akademischen Gremien, studentischer Interessenvertretung sowie Personalvertretung institutionalisiert werden. Eine stärkere Eigenverantwortung und eine zukunftsfähige Reform der Hochschulen muß daher von der „Basis“ entwickelt werden, d.h. ausgehend von den Wissenschaftsinhalten müssen alle Beteiligten gemeinsam die anzustrebende Entwicklung bestimmen und dem entsprechend Organisationsstrukturen schaffen. Hierfür muß eine stärkere demokratische Einheit von Studium, Lehre, Forschung und Interessenvertretung realisiert werden.

Die BWF muß entsprechend der gekennzeichneten Grundorientierung den vorgelegten Entwurf noch einmal überarbeiten.



Service oder Interessenvertretung?
Für eine politische Verfaßte Studierendenschaft

Wesentliche Kraft für die Durchsetzung hochschulpolitischer Errungenschaften Ende der sechziger und Anfang der siebziger Jahre (Ausbau der Hochschulen, gesellschaftskritische Wissenschaftsinhalte, Beteiligung aller Statusgruppen in der Selbstverwaltung, soziale Absicherung für Studierende) war damals die Verfaßte Studierendenschaft als linke politische Interessenvertretung der Studierenden.

Im Zuge der aktuellen „Modernisierungs“-bestrebungen zur Abwicklung dieser Errungenschaften und Privatisierung und Kommerzialisierung der Hochschulen sollen deshalb unter anderem auch die Verfaßten Studierendenschaften in ihren politischen Wirkungsmöglichkeiten soweit es geht eingeschränkt werden.

In Niedersachsen beispielsweise war in einem kürzlich öffentlich gewordenen Entwurf zur Novellierung des dortigen Hochschulgesetzes vorgesehen, die VS gleich ganz abzuschaffen. Dies wurde inzwischen – aufgrund starker Proteste sowohl der niedersächsischen, als auch der im bundesweiten Dachverband fzs (freier Zusammenschluß der Studierendenschaften) organisierten Studierendenvertretungen – wieder zurückgenommen.

In Hamburg mochte die zuständige Behörde in ihrem Entwurf zu nicht ganz so drastischen Maßnahmen greifen. Statt dessen wird darauf orientiert, die VS weitgehend zu entpolitisieren und in einen Servicebetrieb umzuwandeln.

In dem Gesetzentwurf der Hamburger BWF ist vorgesehen, die Bildung von Fachschaftsräten nicht mehr festzuschreiben. Damit wären die FSRs als politische Interessenvertrung an den jeweiligen Fachbereichen und als Möglichkeit, den unmittelbaren Kontakt zu den Studierenden zu realisieren, faktisch abgeschafft. Dies beträfe bspw. die Orientierungseinheiten, die bislang meist in Hand der FSRs liegen und in denen Erstsemester aus studentischer Perspektive über hochschulpolitische Entwicklungskontroversen und über Möglichkeiten, in diese einzugreifen, aufgeklärt werden können.

Desweiteren ist in dem Gesetzentwurf vorgesehen, die Aufsicht über die Ausgaben der VS von dem bisherigem Wirtschaftsrat, in dem mehrheitlich studentische Vertreter aus dem Studierendenparlament sitzen, auf den Universitätspräsidenten zu übertragen. Diesem wären so erhebliche Eingriffsmöglichkeiten in die Tätigkeit der VS eingeräumt.

Besonders deutlich wird die Serviceorientierung anhand der Regelung zur Berechtigung der VS, sich über den unmittelbar wissenschafts- und hochschulpolitische Bezug hinaus zu allgemeinpolitischen Fragen zu äußern. So sollen laut Gesetzentwurf die Gremien der VS kein politisches Mandat (PM) erhalten, sondern lediglich erlaubt sein, daß in Publikationen der VS Einzelpersonen ihre jeweilige Position zu gesellschaftspolitischen Fragen äußern können. Anstelle einer demokratischen Meinungsbildung zur Herausbildung einer Gesamtposition der VS, die als solche auch praktisch wirksam werden kann, soll die VS lediglich die Möglichkeit zum individuellen „Meinung-Haben“ anbieten.

Mit der Umsetzung dieser Entspolitisierung wäre die VS eingepaßt in das Gesamtkonzept der Hochschulen als Dienstleistungsunternehmen, die Forschung just-in-time zur unmittelbaren Profitmaximierung und Bildung als Investition in das je eigene „Humanvermögen“ anbieten.

Befördert wird die Serviceorientierung durch das Agieren der Grünen im AStA, die diese bereits umsetzen. Um hübsch repräsentativ für die studentischen „Kunden“ zu sein, wird ein Großteil der VS-Gelder für neue Computer und Möbel und das Streichen der AStA-Türen ausgegeben, wesentliche Tätigkeiten sind die Einrichtung von Wohn- und Jobbörse und das Abhalten inhaltsentleerter Campuskultur. Mit Bioessen und Fahrradwerkstatt macht AStA-Service-Center „fit“ für den Alltag und hat ansonsten zur Abfederung sozialer Härten „eine Menge Liebe zu geben.“

Entgegen dem im Gesetzentwurf angestrebten und von den Grünen bereits realisierte Kurs stünde jedoch eine (Re-)Politisierung der VS an. Wissenschaftliche Erkenntnis und Qualifikation haben zunehmend entscheidende Bedeutung in allen gesellschaftlichen Bereichen. Deshalb muß sich die VS als Interessenvertretung im Wissenschaftsprozeß Tätiger Hochschul- und Wissenschaftspolitik im Kontext gesellschaftlicher Entwicklung betreiben sowie in die allgemein gesellschaftlichen Auseinandersetzungen eingreifen.

So wären Aufklärung über Entwicklung statt Parties zur Feier der eigene Inkompetenz, Initiierung studentischen Widerstands statt Unterordnung, die Verknüpfung von Sozial- und Studienberatung mit Aktivitäten zur Verbesserung der sozialen Lage der Studierenden statt Zustimmung zu jeder Preiserhöhung des Semestertickets und vor allem Arbeit gegen rechte Positionen an Universität und in der Gesellschaft statt Kooperation mit RCDS und Burschenschaftslisten zu realisieren.

Um eine solche Orientierung sowohl im Hamburgischen Hochschulgesetz als auch in der Tätigkeit der VS durchzusetzen, ist erforderlich, daß sich alle in der VS, in linken Hochschulgruppen, teilautonomen Referaten und Fachschaftsräten engagieren. Dieser Erfolg wäre dann auch ein Grund gemeinsam zu feiern.



Termine:

Landes-Asten-Konferenz (LAK):
Mittwoch, 4.10.2000, 16 Uhr,
Uni-AStA-Sitzungssaal (VMP 5)
Mittwoch, 18.10.2000, 16 Uhr,
Uni-AStA-Sitzungssaal (VMP 5)
Im Anschluß wird die dort erarbeitete Stellungnahme der Hamburger ASten zum HmbHG-Referentenentwurf in einer öffentlichen LAK der „Wissenschaftssenatorin“ Krista Sager vorgestellt. Der Termin wird noch bekanntgegeben.
Sitzung des Universitätskonzils zur Stellungnahme der Uni zum HmbHG-Referentenentwurf:
Mittwoch, 27.09.2000, 14 Uhr, Uni-Hauptgebäude (ESA 1)

Mitgliederversammlung des freien zusammenschlusses der studierendenschaften (fzs):
8. – 12.11.200, Hochschule f. Wirtschaft u. Politik (VMP 6)

Kontakt:
juso-hsg. & fachschaftsaktive:
Sitzung: dienstags, 19:30 Uhr, im AStA
eMail: jusos@uni-hamburg.de
Homepage: www.rrz.uni-hamburg.de/jusos/
Liste LINKS:
Treffen: dienstags, 18:30 Uhr, im AStA
eMail: links@uni-hamburg.de
Homepage: www.rrz.uni-hamburg.de/LINKS/

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