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Flugblätter
 

Inhalt:
 
Widerstand Widerstand bleibt erforderlich. Über studentischen Protest und Interessenvertretung (Januar 1998)
Flügelbau West Zur Eröffnung des neuen Flügelbaus der Universität Hamburg - eine ungehaltene Rede (29.10.98)
Rücktrittsforderung Sind Sie legitimiert, Herr Präsident? Die Kontroverse um die Entwicklungsrichtung der Universität spitzt sich zu! (November 1998)
Das eiserne Kreuz Das Eiserne Kreuz von Helmut Greve und das beredte Schweigen des Präsidenten (Dezember 1998)
Wahl zweite VizepräsidentIn Reformfähig? Das Konzil scheut den aufrechten Gang und weitet die Befugnisse des Präsidenten aus (Januar 1999)
Antifaschismus Wie weit darf Antifaschismus gehen ? Das Konzil debattierte die Walser-Bubis-Kontroverse und Konsequenzen aus dem Faschismus (Januar/Februar 1999)
Bündnis für Arbeit "Bündnis für Arbeit" oder: Wir winden einen "Datenkranz" (Februar 1999)
Alumni-Clubs "Good old Friends": Die Universität entdeckt ihre Ehemaligen - "ein vielversprechendes Potential" (März 1999)
PDSPD PDSPDSPDSPDSPDSPDSPDSPDSPDSPDSPDSPDSPDSPDSPDSPDSPD
Die große Furcht geht um, wer sich umdreht oder lacht, ... (März 1999)

Jakobinersperling



Widerstand bleibt erforderlich
Über studentischen Protest und Interessenvertretung 

"Der Protest der Studierenden richtet sich gegen die Entwicklung, die eine Verwertungs- und Leistungsorientierung in allen gesellschaftlichen Bereichen zur Folge hat. (...) Dem stellen wir uns vehement entgegen. Wir setzen uns für eine humanistische Gesellschaftsentwicklung ein, in der alle Menschen qualifiziert und demokratisch über die Durchsetzung ihrer Interessen verfügen."
(Resolution der Universitäts-Vollversammlung am 07.01.98)


Während also durch den Streik eine gesellschaftskritische Orientierung studentischen Engagements entwickelt worden ist, wird schon seit einiger Zeit inneruniversitär die Politik der Privatisierung und Kommerzialisierung munter umgesetzt.

Die betriebswirtschaftliche Umstrukturierung der Universität wird über das Vier-Millionen-Projekt der VW-Stiftung vollzogen. Die Streichung und Zusammenlegung von Fachbereichen (Jura I/II, Sozialwissenschaften, Sport) folgt den sogenannten Empfehlungen der externen "Grotemeyer"-Kommission. Die Kürzungen des Hamburger Senats werden mittels Globalhaushalt und dem Kampfmittel der "Kennziffern" ("leistungsorientierte" Mittelvergabe) organisatorisch vollstreckt. Der materielle Mangel wird über Bittstellerei bei privaten Geldgebern zu kompensieren versucht. Zu diesem Zwecke werden von ehemaligen AbsolventInnen Spenden für's Gestühl im Audimax erbeten und mit der "Welt" (Uni in Not) öffentlich um Geld gebettelt. Und darüberhinaus wird das Kapital direkt an die Uni geholt: Die Firma Sony kauft sich einen Prof (Filmregie), der selbstverständlich nur mit Sony-Produkten arbeiten darf, und "Pillen"-Schering hat das Anrecht auf die Patente sämtlicher profitablen Erkenntnisse aus dem Leidenberger-Institut (Hormon- und Fortpflanzungsforschung), nachdem das Unternehmen 70 % der Anteile dieses lediglich formal an die Uni angegliederten Instituts käuflich erworben hat.

Die ordnungspolitischen Maßnahmen, über die das neoliberale Umstrukturierungsprogramm realisiert werden soll, werden bereits gezielt angewandt: An einigen Fachbereichen wird gerade damit begonnen, "Einladungen" zur Zwangsberatung an sogenannte Langzeitstudierende zu verschicken - wer sich nicht beraten läßt, wird zwangsexmatrikuliert! Um die "Verschlankung" des Hochschulwesens auch im Wissenschaftsbetrieb durchzusetzen, ist die Einführung von Kurzzeitstudiengängen (bachelor) an diversen Instituten bereits beschlossene Sache, weitere sollen folgen. Auf diese Weise beginnt die Aufteilung der Studierenden in Masse und Elite, womit das studentische "Rohmaterial" (Handelskammer-Präses Schües) zum Input unterschiedlicher Qualität für die ökonomische Verwertung gemodelt werden soll.

Auch die Inhalte der Wissenschaft bleiben nicht verschont: Vermeintlich wissenschaftliche Erkenntnisse sollen flott verwertbar (just in time) und für die Steigerung der Rendite dienstbar sein. Damit dieser Prozeß auch ordentlich juristisch geregelt wird, soll mit dem neuen Hochschulrahmengesetz (HRG) den Hochschulen ein privatwirtschaftlicher Aufbau gegeben werden. Die Abschaffung der akademischen Selbstverwaltung wird nach dem HRG-Entwurf dem Management Platz machen und das Gegenteil demokratischer Entscheidungsfindung bedeuten, womit die Kommerzialisierung der Hochschulen durchgesetzt wäre!

Die studentische Interessenvertretung ist so außerordentlich herausgefordert, dementgegen in ihrer politischen Praxis Forderungen nach allgemeiner sozialer Absicherung der Studierenden, besserer materieller Ausstattung der Hochschulen und kritischem Gesellschaftsbezug der Wissenschaften zu entwickeln, um so der Kommerzialisierung wirkungsvoll begegnen zu können.

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Zur feierlichen Eröffnung des neuen Flügelbaus

Heute wurde die Eröffnung des von Helmut & Hannelore Greve gestifteten Flügel-West am Hauptgebäude der Universität zelebriert. Zu diesem Anlaß versammelte sich die Hamburger Prominenz, angeführt von Bürgermeister O. Runde und Wissenschaftssenatorin K. Sager.

Es sollte sich bedankt werden für die großzügige Spende von ca. 80 Millionen Mark. Obwohl O. Runde noch zu seinem Amtsantritt das Verhältnis von privatem Reichtum und leeren staatlichen Kassen problematisiert hat, wird sich nun pflichtschuldig dem Diktat der leeren Kassen unterworfen.

Aus der studentischen Interessenvertretung wurden 10 Minuten für einen kulturvoll-kritischen Beitrag gefordert. Studentische Präsenz wurde ob der befürchteten Kritik untersagt, obwohl es im Leitbild der Universität Hamburg heißt: "Die Zusammenarbeit ihrer Mitglieder beruht auf Information und Transparenz, demokratischer Beteiligung und dem Willen zur Konfliktlösung."

Bei intensivem Aufwand der Universitätsleitung ist es uns nur in eingeschränktem Maße gelungen, unseren Beitrag so zu plazieren, daß allen Beteiligten die Kontroverse verdeutlicht werden konnte. Deshalb nun
 

Eine ungehaltene Rede

Innovation. – Marmor, Chrom. Filigranes Licht.
Hell verputzt. Den Werkstoff Glas
mit seiner Überwindung konfrontieren.
Panoramatürme, rund. Die Schatten fallen bunt.
Der Stil – jung, frisch. Unbekümmert.
Kühn geschnitten. Konstruktiv.
Neue Viertel, neue Horizonte!
Weg mit den Ruinen rostzerfressener Industrie.
Die alten Blicke werden weggesprengt,
Der Stadtplan wird zertrümmert.
Was sich nicht rechnet, kann nicht bleiben.

Michael Batz: Hamburger Jedermann
 

Was sich rechnet, verdient unsere Dankbarkeit. So sollten wir Studierenden, als sprechendes Rohmaterial, dankbar sein, daß wir studieren dürfen, denn was sich rechnet, kommt weiter. Diese Dankbarkeit bringen wir zum Ausdruck mit exzellenten Leistungen, denn was verwertet werden kann, das rechnet sich. Und so wird unsere Leistung anerkannt mit einer kleinen Spende, denn was sich rechnet, darf bleiben.

Unsere Dankbarkeit fördert unsere Leistung, die verwertbar ist, wofür uns jedermann dankbar ist und Leistung bringt, die wir verwerten können, so daß wir dankbar sind.

Bei steigendem gesellschaftlichem Reichtum sind seit 16 Jahren infolge vorherrschender staatlicher Wirtschafts-, Sozial- und Finanzpolitik die öffentlichen Einnahmen rapide gesunken.

Gleichzeitig wurden öffentliche Dienstleistungsunternehmen verkauft, also gewissermaßen auf die freie Wildbahn des Marktes geworfen, und die sozialen, kulturellen sowie die Bildungsinstitutionen betriebswirtschaftlich umstrukturiert und in ihrer inhaltlichen Ausrichtung auf kommerziellen Erfolg umorientiert.

Dadurch sind allgemeine Aufgaben staatlichen Handelns der Grundversorgung und des sozialen Ausgleichs zurückgedrängt bzw. aufgegeben worden. Die gesellschaftliche Konsequenz ist die Einschränkung staatlicher Handlungsfähigkeit und demokratischer Kontrolle öffentlicher Aufgaben.

Statt dessen ist der Willkür privater Geldgeber die Tür geöffnet.

Staatliche Finanzierung wird delegitimiert, soziale Ungleichheit gilt als natürlich, Ruhe wird zur ersten Bürgerpflicht, und die Zurichtung auf ökonomische Verwertbarkeit kann beginnen.

Kann beginnen?

Der uneingeschränkten Freiheit des "totalen Marktes" stehen aber die humanistischen Entwicklungserfordernisse sozialer Gleichheit und individueller Entfaltung entgegen.

Der demokratische Prozeß der Zielorientierung der Wissenschaften auf die Arbeit an der Überwindung sozialer und globaler Probleme, die notwendig ausreichende öffentliche Finanzierung der Hochschulen zur Bewältigung dieser Aufgaben, die individuelle wissenschaftliche Qualifizierung als demokratische Teilhabe und die Einmischung der Universität in die Auseinandersetzung um die gesellschaftliche Entwicklung sind die Eckpunkte für die Neufundierung der Wissenschaft und das Agieren ihrer Subjekte.

Geehrte Feiergäste!

Die Universität als Ort und Forum zivilisierter Auseinandersetzung sollte sich der Herausforderung stellen, die Mühsal der menschlichen Existenz zu erleichtern, und ihre Möglichkeiten in der Gesellschaft demokratisch erörtern. Dies ist unser Appell!

Presseerklärung von:
Ausländerlnnenreferat, Fachschaftsrätekonferenz, FrauenLesbenRat, HAI Hamburgs Aktive Jurastudentlnnen, juko-AMS, juso-hsg, Liste LINKS, Schwulenreferat

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Sind Sie legitimiert, Herr Präsident?
Die Kontroverse um die Entwicklungsrichtung der Universität spitzt sich zu! 

"Eine in keiner Weise legitimierte kleine studentische Gruppe fordert das Recht, ihre grundsätzliche Kritik an privater Unterstützung der Universität durch einen Redebeitrag vortragen zu können.
Dieses Ansinnen verstößt gegen den durch die zuständigen Gremien beschlossenen Willen der Universität und stellt einen Affront gegenüber den Stiftern und allen geladenen Gästen dar. Aus diesem Grunde wird ein solcher Redebeitrag nicht geduldet werden."
Aus der Presseerklärung des Uni-Präsidenten vom 29.10.'98

 

Der Präsident "duldet" nicht und gibt seinem Verhalten feudale Züge oder erweckt mehr als nur den Anschein rigider Unternehmensführung: Polizeipräsenz, Bauzäune als Barrikaden, ein privater Wachdienst, die "Hilfssheriffs" der Uni-Verwaltung und die Diffamierung studentischer Interessenvertretung waren zur feierlichen Eröffnung des Flügelbaus West am 29.10. aufgeboten, um die studentische Kritik - angemeldet waren ein Rede- und ein Kulturbeitrag - von der Dankesinszenierung fernzuhalten.

Die studentischen VertreterInnen (Fachschaftsrätekonferenz, Fachschaftsrat Jura, AusländerInnen-, Schwulenreferat und FrauenLesbenRat des Allgemeinen Studierendenausschusses), alle auf ihren jeweiligen Vollversammlungen gewählt und durch das Studierendenparlament (SP) bestätigt, sowie die Hochschulgruppen juso-hsg, Liste LINKS, juko-AMS - mit 15 von 47 Sitzen im SP vertreten - sollten durch diese "neuartigen" Ordnungsmaßnahmen mundtot gemacht werden.

Trotzdem gelang es den in der Veranstaltung anwesenden Mitgliedern der StudentInnenschaft, ihre Auffassung zu der Privatisierungstendenz der Uni durch Flugblätter, Gruppendiskussionen und einen Gesangsbeitrag nach Beendigung der Festreden deutlich zu machen.

Die Kritik an präsidialer Despotie bleibt. Deshalb hat das SP den Präsidenten der Uni am selben Abend zum Rücktritt aufgefordert. Die Resolution ist im Wortlaut dokumentiert (s. u.).

Darüberhinaus stünde es "der" Universität gut zu Gesicht, sich demokratisch - unter der Beteiligung der Studentinnen und Studenten! - über ihre weitere Entwicklung auszutauschen.

Aus den genannten Gründen fordern wir das Präsidium auf, sich der Diskussion im Studierendenparlament, im Akademischen Senat und im Konzil zu stellen.

Legitimieren Sie sich, Herr Lüthje!
 

[s. Resolution des Studierendenparlaments der Universität Hamburg vom 29.10.98 (Rücktrittsaufforderung an Unipräsident Lüthje)]
 

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Das Eiserne Kreuz von Helmut Greve
und das beredte Schweigen des Präsidenten

Nach den Auseinandersetzungen um die von Immobilienhai Greve gestifteten Flügelbauten, die mit dem Einsatz von privaten Sicherheitskräften und Polizei bei der Einweihung ihren Höhepunkt fanden und der vom Studierendenparlament mehrheitlich beschlossenen Rücktrittsaufforderung an den Uni-Präsidenten war Herr Lüthje genötigt, sich vor der Verfaßten Studierendenschaft zu rechtfertigen. Das geschah auf der letzten Sitzung des Studierendenparlaments (StuPa).

Wie erwartet bekräftigte er nicht nur, daß er den vermeintlichen Sachzwang leerer Staatskassen akzeptiert und weiterhin Sponsoring als Hochschulfinanzierung umsetzen wolle, sondern vertrat auch vehement die Meinung, daß Kritik daran im Ernstfall auch mit Gewalt zu verhindern sei. Er versuche zwar so gut er könne, sich am Leitbild der Universität zu orientieren, demnach die Universität "für alle Menschen ... ein öffentlicher Raum der kulturellen, sozialen und politischen Auseinandersetzung" sein soll, aber man könne eben nicht überall und jederzeit Kritik zulassen.

Der Präsident mußte die vehemente Kritik der linken Kräfte im StuPa an seinem Privatisierungskurs (Flügelbauten, ICGS, Audimax-Bestuhlung) und der damit einhergehenden Unterordnung unter die Interessen der Geldgeber einstecken. Daß diese Unterordnung so weit ging, daß er zur "Absicherung" gegen kritische Stimmen mit Gewaltandrohung reagierte und somit eine demokratische Auseinandersetzung verhinderte, ging selbst den liberalen und konservativen Listen zu weit. Dank bekam er dagegen nur von der Burschenschafterliste Pro Universitate, vertreten auch durch den Enkel des Stifter-Ehepaares Greve. Der zog dann auch gleich eine direkte Linie vom Faschismus zum Unternehmertum seines Großvaters: Er hielt eine Lobesrede auf die "Ehre" und den "Mut" seines Altvorderen, der in der faschistischen Wehrmacht "treu gedient" habe und den Bombenangriffen der Allierten mutig entgegengetreten sei und dafür das Eiserne Kreuz 1. Klasse und das Ritterkreuz erhielt. Mit demselben "Mut" und "Unternehmergeist" habe er es auch wirtschaftlich zu "Erfolg" gebracht und habe so die Flügel für das Hauptgebäude stiften können.

Dieser Aussage hatte Herr Lüthje nichts als Schweigen entgegenzusetzen. Auf die Frage, wie er dazu Stellung nehme, versuchte er zuerst damit auszuweichen, daß er selbst ja nur ein Sportabzeichen bekommen habe. Als ihm dieses Ausweichmanöver nicht gelang, hieß es, es stünde ihm nicht zu, Zensur auszuüben. Dies macht vor allem eins deutlich: wer sich bedingungslos den "freien" Kräften des Marktes unterwirft, tut sich schwer, die verschärfte Fortsetzung dieser Position anzugreifen. Wer vom Kapitalismus nicht reden will, kann über den Faschismus offensichtlich nur schweigen. Statt dessen sollen diejenigen zum Schweigen gebracht werden, die die "Normalität" des Kapitalismus angreifen.

Dieses Vorgehen des Präsidenten sollte in der universitären Öffentlichkeit diskutiert werden. Notwendig ist vor allem eine breite Auseinandersetzung mit der faschistischen Geschichte und der Rolle der Hamburger Universität in diesem Zusammenhang. Fortschrittliche und antifaschistische Kräfte aller Statusgruppen sind gefordert, diese prinzipielle Auseinandersetzung zu führen und die kritische Debatte über Inhalt und Ziel der Wissenschaften zu befördern. Die Kritik an Privatisierung und Entdemokratisierung der Universität ist weiterzuentwickeln und die Forderung nach öffentlicher Hochschulfinanzierung zu stellen.

Auch die Verfaßte Studierendenschaft sollte weiterhin der Politik des Uni-Präsidenten durch inhaltlich fundierte Kritik und mit einer eigenen Perspektive zur Überwindung der "Hochschulmisere" Paroli bieten.

Der Präsident ist aufgefordert, sein Schweigen zu brechen und sich öffentlich von den Äußerungen der Pro Universitate wenigstens zu distanzieren!

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Reformfähig ?
Das Konzil scheut den aufrechten Gang und weitet die Befugnisse des Präsidenten aus 

"(D)er Präsident (legt) seine Einschätzung dar, daß bei der vorgesehenen Konstruktion eines Leitungsgremiums künftig eine vorherige Erörterung der Kandidierendenvorschläge mit ihm erfolgen sollte."
(aus: Niederschrift über die Konzilssitzung am 6. Mai 1998, Diskussion über Anzahl und Aufgaben des/r VizepräsidentIn)

"[...] Die Übertragung der Aufgaben [der VizepräsidentInnen] regelt der/die PräsidentIn in Absprache mit den VizepräsidentInnen. Die Bereitschaft zur Aufgabenübertragung und Aufgabenübernahme soll mit dem/r PräsidentIn vor der Wahl geklärt werden. [...]"
(aus: Satzung der Universität Hamburg über Anzahl und Aufgaben der VizepräsidentInnen, § 4; beschlossen vom Konzil am 27. Januar 1999)


Vor gut einem Jahr forderten VertreterInnen des akademischen Mittelbaus in einer Konzilssitzung eine zweite Vizepräsidentenstelle, zu besetzen von einer nicht-professoralen Statusgruppe, also: vom Mittelbau, vom Technischen und Verwaltungspersonal (TVP) oder von den Studierenden. Damit sollte "mehr Demokratie" an der Universität realisiert werden, indem die Partizipation aller Statusgruppen an der demokratischen Erörterung und der politischen Durchsetzung der Belange der Universität und ihrer Mitglieder ausgebaut, kritischer Gesellschaftsbezug in praxi entwickelt und die demokratischen Gremien der Universität repolitisiert und gestärkt würden. Das Konzil und später auch der Akademische Senat stimmten dem zu - gegen die antiegalitäre Vorhaltung von rechter und präsidialer Seite, insbesondere TVP und Studierenden seien nicht dafür qualifziert.

Ökonomische Interessen gewichtet Unipräsident Lüthje stärker als demokratische Verfügungserweiterung: In den vergangenen Jahren schuf er nach und nach Akzeptanz für die staatliche Sparpolitik (Globalhaushalt als interne Umsetzung) und die private Einflußnahme auf die Hochschule (Sponsoring). Zuletzt setzte er eine "Expertenkommission" für das UKE unter maßgeblicher Beteiligung der Unternehmensberatung "Boston Consulting Group - BCG" ein, um "betriebswirtschaftliche Effizienz" im Krankenhaus durchzusetzen, denn: "Konkurrenz schafft Arbeitsplätze", so der präsidiale Vertreter der kapitalen Interessen.

Eine Mehrheit im Konzil scheut jedoch, den antagonistischen Streit "Privatisierung versus Demokratisierung" zu führen, und meint, die Arbeitsbedingungen an der Hochschule verbessern zu können ohne Kritik an der präsidialen Politik, in Akzeptanz des Bestehenden - das heißt die eigenständige Unterordnung unter Markt- und Verwertungsinteressen.

In der jüngsten Konzilssitzung am 27. Januar wurde unter dem Druck von der Wissenschaftsbehörde unter Krista Sager (GAL) im Verbund mit Lüthje eine Vorlage eingereicht, mit der sogar der Status quo verschlechtert wird: Demnach soll der Präsident künftig die Auswahlmöglichkeit über die Kandidaten für die Vizepräsidentenwahl und die unmittelbare Weisungsbefugnis für den Gewählten erhalten. Für den Fall der Wahl eines Studierenden zum Vizepräsidenten soll dieser zum Helferlein des Präsidenten degradiert werden ("(wird) vom Präsidenten besonders beauftragt"). Und die Statusgruppe, die den nicht-professoralen Vizepräsidenten stellt, verliert einen Sitz in Konzil und Akademischen Senat.

Diesem Eingriff in die durch Wahlen hergestellte Zusammensetzung des Konzils sowie der Entmündigung der Konzilsmitglieder und ihrer Wahlentscheidungen stimmte das Konzil zu. Es knickte gegenüber der Hegemonie neoliberaler Brachialität ein, weil man sich sich "reformfähig" zeigen müsse. "Reformfähig" heißt also, dem gesellschaftlichen Druck gegen die eigenen Reformforderungen nachzugeben und der Umsetzung halb-feudaler Organisationsprinzipien zuzustimmen.Reformfähig ?
Das Konzil scheut den aufrechten Gang und weitet die Befugnisse des Präsidenten aus

"(D)er Präsident (legt) seine Einschätzung dar, daß bei der vorgesehenen Konstruktion eines Leitungsgremiums künftig eine vorherige Erörterung der Kandidierendenvorschläge mit ihm erfolgen sollte."
(aus: Niederschrift über die Konzilssitzung am 6. Mai 1998, Diskussion über Anzahl und Aufgaben des/r VizepräsidentIn)

"[...] Die Übertragung der Aufgaben [der VizepräsidentInnen] regelt der/die PräsidentIn in Absprache mit den VizepräsidentInnen. Die Bereitschaft zur Aufgabenübertragung und Aufgabenübernahme soll mit dem/r PräsidentIn vor der Wahl geklärt werden. [...]"
(aus: Satzung der Universität Hamburg über Anzahl und Aufgaben der VizepräsidentInnen, § 4; beschlossen vom Konzil am 27. Januar 1999)

Vor gut einem Jahr forderten VertreterInnen des akademischen Mittelbaus in einer Konzilssitzung eine zweite Vizepräsidentenstelle, zu besetzen von einer nicht-professoralen Statusgruppe, also: vom Mittelbau, vom Technischen und Verwaltungspersonal (TVP) oder von den Studierenden. Damit sollte "mehr Demokratie" an der Universität realisiert werden, indem die Partizipation aller Statusgruppen an der demokratischen Erörterung und der politischen Durchsetzung der Belange der Universität und ihrer Mitglieder ausgebaut, kritischer Gesellschaftsbezug in praxi entwickelt und die demokratischen Gremien der Universität repolitisiert und gestärkt würden. Das Konzil und später auch der Akademische Senat stimmten dem zu - gegen die antiegalitäre Vorhaltung von rechter und präsidialer Seite, insbesondere TVP und Studierenden seien nicht dafür qualifziert.

Ökonomische Interessen gewichtet Unipräsident Lüthje stärker als demokratische Verfügungserweiterung: In den vergangenen Jahren schuf er nach und nach Akzeptanz für die staatliche Sparpolitik (Globalhaushalt als interne Umsetzung) und die private Einflußnahme auf die Hochschule (Sponsoring). Zuletzt setzte er eine "Expertenkommission" für das UKE unter maßgeblicher Beteiligung der Unternehmensberatung "Boston Consulting Group - BCG" ein, um "betriebswirtschaftliche Effizienz" im Krankenhaus durchzusetzen, denn: "Konkurrenz schafft Arbeitsplätze", so der präsidiale Vertreter der kapitalen Interessen.

Eine Mehrheit im Konzil scheut jedoch, den antagonistischen Streit "Privatisierung versus Demokratisierung" zu führen, und meint, die Arbeitsbedingungen an der Hochschule verbessern zu können ohne Kritik an der präsidialen Politik, in Akzeptanz des Bestehenden - das heißt die eigenständige Unterordnung unter Markt- und Verwertungsinteressen.

In der jüngsten Konzilssitzung am 27. Januar wurde unter dem Druck von der Wissenschaftsbehörde unter Krista Sager (GAL) im Verbund mit Lüthje eine Vorlage eingereicht, mit der sogar der Status quo verschlechtert wird: Demnach soll der Präsident künftig die Auswahlmöglichkeit über die Kandidaten für die Vizepräsidentenwahl und die unmittelbare Weisungsbefugnis für den Gewählten erhalten. Für den Fall der Wahl eines Studierenden zum Vizepräsidenten soll dieser zum Helferlein des Präsidenten degradiert werden ("(wird) vom Präsidenten besonders beauftragt"). Und die Statusgruppe, die den nicht-professoralen Vizepräsidenten stellt, verliert einen Sitz in Konzil und Akademischen Senat.

Diesem Eingriff in die durch Wahlen hergestellte Zusammensetzung des Konzils sowie der Entmündigung der Konzilsmitglieder und ihrer Wahlentscheidungen stimmte das Konzil zu. Es knickte gegenüber der Hegemonie neoliberaler Brachialität ein, weil man sich sich "reformfähig" zeigen müsse. "Reformfähig" heißt also, dem gesellschaftlichen Druck gegen die eigenen Reformforderungen nachzugeben und der Umsetzung halb-feudaler Organisationsprinzipien zuzustimmen.

Dabei wußte schon Willy Brandt, daß die Demokratie mehr als eine gute Idee ist und daß die Götter vor die Reform den Kampf gesetzt haben: "Wer morgen sicher leben will, muß heute für Reformen kämpfen." Dementsprechend steht zur Entscheidung an, ob sich die Mitglieder der Universität zu Zwergen der Zustimmung und zu sprechenden Werkzeugen privater Interessen erniedrigen lassen oder ob sie im Bewußtsein der Gegensätzlichkeit sozialer Interessen couragiert und vehement für die humanistische Bestimmung wissenschaftlicher Tätigkeit, deren gesellschaftlich-kritische Wirkung und die umfassende und unmittelbare demokratische Verfügungserweiterung Aller streiten. Die Alternative ist, ob man aktiv zur Lösung der Probleme in den aktuellen Auseinandersetzungen beiträgt oder ob man "es mit sich machen läßt" und Teil des Problems ist.

Dabei wußte schon Willy Brandt, daß die Demokratie mehr als eine gute Idee ist und daß die Götter vor die Reform den Kampf gesetzt haben: "Wer morgen sicher leben will, muß heute für Reformen kämpfen." Dementsprechend steht zur Entscheidung an, ob sich die Mitglieder der Universität zu Zwergen der Zustimmung und zu sprechenden Werkzeugen privater Interessen erniedrigen lassen oder ob sie im Bewußtsein der Gegensätzlichkeit sozialer Interessen couragiert und vehement für die humanistische Bestimmung wissenschaftlicher Tätigkeit, deren gesellschaftlich-kritische Wirkung und die umfassende und unmittelbare demokratische Verfügungserweiterung Aller streiten. Die Alternative ist, ob man aktiv zur Lösung der Probleme in den aktuellen Auseinandersetzungen beiträgt oder ob man "es mit sich machen läßt" und Teil des Problems ist.

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Wie weit darf Antifaschismus gehen ?
Das Konzil debattierte die Walser-Bubis-Kontroverse und Konsequenzen aus dem Faschismus
 
"Wer einsehen kann, daß der Faschismus den sozial-ökonomisch bedingten unaufhaltsamen Verfall des Bürgertums signalisiert, der vermag auch zu ermessen, was es bedeutet, Wissenschaft in dieser Abhängigkeit zu betreiben. [...] Die Wissenschaft muß, wenn sie sich nicht selbst aufgeben will, ihren gesellschaftlichen Ort neu bestimmen."
(Wolfgang Fritz Haug: Der hilflose Antifaschismus. Frankfurt/M. 1967, S. 13f.)
Am 27. Januar, dem Jahrestag der Befreiung von Auschwitz, diskutierte das Konzil, das zentrale Gremium der Akademischen Selbstverwaltung, auf Antrag der Liste LINKS, ob und wieweit in Kritik am Walserschen "Wegschauen" praktisch relevante und humanistische Schlußfolgerungen aus Faschismus und Krieg zu ziehen sind. Dem Konzil lag die Resolution zur Bubis-Walser-Kontroverse vor, die das Studierendenparlament (SP) im November bei wenigen Gegenstimmen beschlossen hatte (s. Antrag).

Von den Rechten im Konzil forderte ein Vertreter der "Unabhängigen Hochschullehrer der Universität Hamburg" die Absetzung dieser gesellschaftskritischen Diskussion, und vom RCDS wurde die kritische Auseinandersetzung der faschistischen Geschichte mit dem Totalitarismusdogma attackiert ("Ihr wollt ja nur die Maueröffnung verschweigen"). Apolitisches 'Gelehrtentum', Stammtisch und Anti-Antifaschismus – prost!

Ähnlich Präsident Lüthje: "Ich hoffe, daß dieser Antrag vom Tisch gewischt wird." Lüthje griff einen Unterpunkt aus dem studentischen Antrag heraus, in dem kritisiert wird, daß die Bedeutung des "Platzes der jüdischen Deportierten" durch die Architektur des Flügelbaus sichtlich eingeschränkt wird. Diese Kritik bezeichnete er als "Instrumentalisierung von Auschwitz zu gegenwärtigen Zwecken" und schloß sich damit explizit der Position Walsers an. Wo dem Privateigentum gehuldigt wird, muß der Faschismus verharmlost werden.

Von grüner Seite wurde gemeint, daß "soviel mit einem passiert", so daß man "ehrlicherweise" zugeben solle, wenn man von "der" Geschichte überfordert sei und lieber wegschaue. So werden die sozialen Härten und die Verfügungslosigkeit der Individuen über ihre Belange als quasi-natürlich legitimiert, statt sie in ihrer sozialen Genese und in der Widersprüchlichkeit sozialer Interessen zu fassen und praktische Schlußfolgerungen zu ziehen. Hier darf Antifaschismus nicht mehr sein als rein erinnerndes Gedenken.

Von sozialdemokratischer Seite wurde Walsers Position kritisiert. Bubis habe zu wenig öffentliche Unterstützung gegen Walser erhalten, und die Geschichte dürfe nicht vergessen gemacht werden. Hervorgehoben wurden antifaschistische Aktivitäten an der Universität (Publikationen, Ausstellungen etc.), jedoch wurden keine gesellschaftspolitischen Schlußfolgerungen für die weitere Tätigkeit gezogen.

Das Konzil beschloß, daß der 27. Januar institutionalisiert als Gedenktag der Universität begangen werden soll - jedoch ohne weitere Konsequenzen. Die Resolution des SP wurde zwar mehrheitlich nicht angenommen, jedoch wurde mit der Diskussion eine wesentliche Grundlage für die weiteren Auseinandersetzungen um den Gesellschaftsbezug wissenschaftspolitischer Tätigkeit geschaffen; zur Entscheidung steht: aufklärerisch über die Ursachen gesellschaftlicher Probleme mit handlungsrelevanten Schlußfolgerungen zur Durchsetzung humanistischer Lebensbedigungen oder in Opportunität zu Privatinteressen und dem 'Zeitgeist' zu agieren. Dazu ist auch die Auseinandersetzung um das von Vizepräsident Prof. Hartmann mitinitiierte "Begegnungs- und Dokumentationszentrum Weiße Rose der Universität Hamburg" geeignet und gewollt. Mit ihm sollen "Rationalität, Humanität und Verantwortung der Wissenschaft" in der Gesellschaft und die öffentlich Aufklärung über den Faschismus und die Geschichte der Universität befördert werden.

Für couragierte Aufklärung - wider das "Wegschauen" und das Vergessen !

Zur Resolution.
 

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"Bündnis für Arbeit" oder:
Wir winden einen "Datenkranz"

Runde Tische, an denen Kapital und Arbeit anhand von sogenannten Datenkränzen (alle volkswirtschaftliche Kennziffern) die gesellschaftlichen Widersprüche wegrechnen sollen, sind nach Auffassung von Arbeitgeberpräsident Henkel das Gebot der Stunde. Als zu lösendes Problem gilt nicht, daß die stetig steigenden Börsennotierungen und Riesengewinne der Unternehmen, die sich durch Massenentlassungen "gesundgeschrumpft" haben und jahrelang mit großzügigen Steuergeschenken bedacht wurden, leere öffentliche Kassen, Sozial- und Bildungsabbau und die höchsten Erwerbslosenzahlen der bundesrepublikanischen Geschichte hervorgebracht haben. Vielmehr soll uns glauben gemacht werden, daß es sich um einen nationalen Notstand handele, der nur durch eine gemeinsame Anstrengung von Regierung, Unternehmerverbänden und Gewerkschaften gelöst werden könne, weshalb demnächst ins Kanzleramt geladen werden soll, um z.B. über die dauerhafte Etablierung eines Niedriglohnsektors zu diskutieren.

Die Bekämpfung der Massenerwerbslosigkeit wurde vor der Wahl als oberste Priorität von Rot-Grün bezeichnet worden, an deren Erfolg die Regierungstätigkeit gemessen werden sollte. "Vieles besser (zu) machen" wird allerdings schwierig, wenn man wenig anders machen will als die konservativ-liberale Koalition. Diese wurde schließlich nicht zuletzt wegen ihres neoliberalen Crashkurses abgewählt. Lediglich zu erklären, die Arbeitslosenzahlen seien künftig "unsere Arbeitslosenzahlen" (O. Lafontaine), ist noch keine Alternative. Lohnzurückhaltung, Flexibilisierung von Arbeitsverhältnissen, ein wenig Verantwortung der Unternehmen für die Bereitstellung von Ausbildungsplätzen oder ein paar ABM-Maßnahmen bei der Bundeswehr für potentiell erwerbslose Rekruten sollen einen nachhaltigen Weg aus der Krise eröffnen. Innovation ja, soziale Gerechtigkeit, wenn's paßt, dann aber auf niedrigem Niveau; Stärkung der Binnennachfrage im Prinzip auch, mehr Wohlstand für alle ist schwierig, zumindest im Moment. Fest steht jedoch, daß der Kampf für die eigenen Interessen altmodisch ist - und wer hat nicht Mitleid mit den jammernden Kapitalvertretern angesichts eines Tarifabschlusses von gut 3 % mehr Lohn oder Gehalt.

Derzeit wird die Gründung einer Stiftung vorbereitet, die als gemeinsame Institution von Kapital, Arbeit und Regierung die wesentlichen ökonomischen Daten von Gewinnen bis zu Löhnen analysieren und hieraus schöne Empfehlungen für die sogenannten Sozialpartner ableiten soll. Ziel der Kapitalvertreter ist hierbei die Aushebelung der Tarifautonomie und die Delegation der Lohnpolitik an eine scheinbar neutrale und dafür um so sachkompetentere Expertenrunde: "Wenn wir nicht in absehbarer Zeit zu einem Grundkonsens in der Lohnpolitik kommen, wird diese Veranstaltung nicht aufrechtzuerhalten sein", so Arbeitgeber-Präsident Hundt zur Zukunft des Bündnisses gegen Arbeit.

Doch auch mit größtem Tamtam und schönster Integrationshysterie läßt sich nicht darüber hinwegtäuschen, daß sich hier prinzipiell entgegengesetzte Interessen gegenüberstehen. Das Interesse an Profitmaximierung und das an Arbeit, die nicht nur Grundvoraussetzung zum Existenzerhalt und zur Partizipation am gesellschaftlichen Leben darstellt, sondern die prinzipiell gesellschaftlich sinnvoll sein und Bestimmung über die Quellen der menschlichen Bedürfnisbefriedigung ermöglichen kann, sind antagonistisch. Diese Verfügung wird jedoch nicht über verständiges und verständnisvolles Konsensgefinde durchzusetzen sein, sondern nur in vehementer und streitbarer gesellschaftlicher Auseinandersetzung. Diese Auseinandersetzung ist auch eine wesentliche Voraussetzung dafür, daß höhere Löhne, mehr soziale Sicherheit und bessere Qualifikationsmöglichkeiten, also Reformen, die diesen Namen verdienen, realisiert werden können.

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"Good old Friends"
Die Universität entdeckt ihre Ehemaligen -
"ein vielversprechendes Potential"
"Bis wir einmal so weit sind wie Harvard, werden noch 150 Jahre vergehen"
(Soziologie-Prof. R. v. Lüde; alle Zitate aus: Hamburger Abendblatt: "Alte Bekanntschaften neu belebt", 9.3.99)
An der Universität Hamburg ist eine neue "Marktlücke" entdeckt worden: Es wird auf eine engere Bindung zu ehemaligen Studierenden gesetzt, um das "schlechte Image" und die "mangelnde Bindung an die Wirtschaft" zu überwinden. Nach US-amerikanischem Vorbild sollen Absolventen der Hochschule als "Förderer, Fürsprecher und Imageträger" gewonnen werden, sich in sog. Alumni-Clubs (lat.: alumnus - der ernährt, gepflegt und aufgezogen wird oder worden ist) assoziieren und zur Erschließung neuer Geldquellen beitragen.

Unipräsident J. Lüthje setzt hierbei vor allem auf einen "inhaltlichen Austausch", in dem "die Absolventen in Lehrveranstaltungen mitwirken und Anregungen aus der Praxis geben" können.

Die Privatisierung der Universität wird hiermit in neuer Qualität forciert: Unter dem massiven Druck, den "Leistungsanforderungen" des wirtschaftlichen Wettbewerbs zu entsprechen, werden reaktionäre Werte wie "Traditionspflege", "Stolz" und "Elite" aufgerufen, um die Verkaufsfähigkeit der Universität zu steigern.

Wissenschaftliche Qualifizierung, kritische Aneignung gesellschaftlicher Verhältnisse als emanzipatorische Subjektentwicklung und die Reformforderungen der 70er Jahre - "Bildung für alle" durch freien Hochschulzugang, bedarfsdeckende staatliche Ausbildungsfinanzierung, materielle Absicherung und Ausbau von Bildungseinrichtungen - sollen bei diesem Kurs überrollt werden.

Dabei stand mit der Abwahl der konservativ-neoliberalen Regierung notwendige Reformpolitik allgemein auf der Tagesordnung: Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen Aller, Umverteilung und soziale Gerechtigkeit, Entmilitarisierung und die Demokratisierung gesellschaftlicher Institutionen.

Das Kapital, dem diese Reformen abgerungen werden müßten, wehrt sich und macht Druck. Ohne außerparlamentarischen Gegendruck führt dies dazu. daß selbst ein maßvoller Reformpolitiker wie Oskar Lafontaine zurücktritt und daß die Wirtschaft direkt regiert.

An der Hochschule wird die Interessengebundenheit der anstehenden Umstrukturierungen an der Inszenierung der "Alumnis" deutlich: Es geht um Elitenbildung im Verwertungskampf - die allgemeine Verrohung verbirgt sich hinter schönem Schein - Dequalifizierung, Verdummung und umfassende Entmündigung sind die Folgen.

Dagegen hilft nur Widerstand. Der solidarische Kampf für radikale Gesellschaftskritik, Demokratisierung und umfassende Qualifizierung ist der einzig sinnvolle Weg, die allgemeinen Lebensbedingungen zu verbessern und zu einer bewußten gemeinsamen Planung menschlicher Lebensverhältnisse unter Beteiligung Aller zu kommen. Hiervon muß der Wissenschaftsprozeß bestimmt werden.

Wenn der Unipräsident weiterhin dazu neigt, die allgemeine Verdummung zu befördern, möchten wir ihm nahelegen zurückzutreten - er kann ja als " Ehemaliger" ein paar Mark spenden und seine praktischen Erfahrungen in Seminaren einbringen...

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PDSPDSPDSPDSPDSPDSPDSPDSPDS
Die große Furcht geht um, wer sich umdreht oder lacht, ...

Die deutsche Republik hat ein neues Angstthema: Nachdem nun "der Kurde" wieder etwas ruhiger geworden ist und deutsche Waffen wieder nahezu in aller Ruhe (auch) in die Türkei exportiert werden können, wird erneut die rote Gefahr beschworen, und sie kommt - in der Hauptsache - immer noch aus dem Osten.

Das Horrorszenario ist nicht neu und wird gespielt in alten Gewändern. Die "Roten" machen die Wirtschaft kaputt, sind vaterlandslose Gesellen, wollen nur die Welt verbessern, haben keinen Stammtischhumor und fressen heimlich kleine Kinder zum Frühstück (selbstverständlich zur Mittagszeit).

Dabei hätte (nicht nur) die deutsche Republik zumindest ein bißchen Freiheit, Gleichheit und Solidarität bitter nötig: Gesellschaftlich sinnvolle Arbeit, humanistische Kultur, Bildung und Gesundheitsversorgung für Alle; Abrüstung, Rüstungskonversion und zivile internationale Konfliktregulierung; Demokratisierung der gesellschaftlichen Institutionen sind die unhintergehbaren politischen Aufgaben sowie Entwicklungserfordernisse für allgemeine Verbesserungen der internationalen sozialen Lebensbedingungen.

Ob auf der Straße, auf Parteitagen, in Parlamenten, in Gewerkschaften, in den Gremien der Selbstverwaltung, auf Arbeitstagungen und in Veranstaltungen sowie in der Publizistik, in der Ausbildung und am Arbeitsplatz - allein und mit anderen -, hier sind fortschrittliche Subjekte gefordert, für die humane Solidarisierung der gesellschaftlichen Bedingungen couragiert zu wirken.

Dafür müßten sich SPD, PDS und Gewerkschaften noch ein wenig mehr anstrengen. Die Grünen allerdings noch mehr.

So wäre die Furcht zu besiegen.

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Jakobinersperling